Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

Titel: 58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Wohnzimmer.“
    Er nahm die Laterne aus der Tasche, öffnete sie und leuchtete. Der Baronesse voranschreitend, trat er in das Wohnzimmer. Dort lehnte der Sonnenschirm noch an seiner Stelle.
    „Hier ist der geheime Eingang“, sagte er, nach der Stelle zeigend und sich dabei rückwärts wendend.
    Jetzt sah er Marion beim Schein der Laterne. Wie schön, wie wunderbar schön war sie! Sie hatte vorhin im Dunkel ihr Morgennegligé angelegt. So hatte er sie noch nie gesehen.
    „Also hier dieses Täfelwerk!“ sagte sie. „Wer hätte das geahnt! Wie öffnet man?“
    „So!“
    Er entfernte den Schirm und schob dann leise das Getäfel zur Seite. Sie bückte sich und griff nach der Laterne.
    „Leuchten wir hinaus!“ sagte sie.
    „O bitte, nein!“ entgegnete er. „Erst muß ich mich vergewissern, daß wir nicht überrascht werden.“
    Er schloß die Laterne und kroch hinaus. Draußen lauschte er. Es war kein verdächtiger Laut zu hören. Er stieg im Finstern die Stufen hinab, immer weiter, bis er in den Haupteingang gelangte. Als er auch da nichts Verdächtiges bemerkte, war er überzeugt, daß er es wagen könne, Marion mitzunehmen. Er kehrte also zurück.
    Sie war unterdessen unruhig geworden.
    „Wie lange Sie weg waren“, sagte sie. „Ich begann bereits, sehr besorgt um Sie zu werden.“
    „Ich wollte mich überzeugen, ob wir auf eine Begegnung gefaßt sein müssen.“
    „Ist das der Fall?“
    „Wenigstens jetzt noch nicht. Der Kapitän ist entweder bei Rallion, oder er hat das Unternehmen für morgen festgesetzt und befindet sich bereits in seinem Zimmer.“
    „Also gehen wir.“
    Sie folgte ihm mutig hinaus auf den engen Gang. Sie begannen ihre Wanderung. Damit sie den Weg deutlich erkennen möge, ging er, ihr leuchtend, nach ihr. Er hatte sie vor Augen. Sie kam ihm vor wie ein Wesen aus einer anderen Welt.
    Sie gelangten hinunter in den Gang. Dort blieb er stehen, ließ das Licht der Laterne im Kreis gehen und sagte:
    „Sie sehen diese Anzahl heimlicher Treppen. Die Wände dieses Hauses sind doppelt, und zwischen ihnen führen Stufen nach allen Zimmern. Hier rechts, diese Treppe geht nach der Wohnung des Amerikaners, dieselbe, in welcher der Direktor ermordet wurde.“
    „Da hinauf sind Sie damals gestiegen?“
    „Ja.“
    Ihr Auge glitt aus dem Dunkel in den Lichtkreis zurück. Sie schauderte zusammen.
    „Ein Mord! Gott, ich fürchte mich.“
    Marion stand neben Müller; sie schmiegte sich unter dem Einfluß des Gefühles, welches sie überkam, eng an ihn, so daß er ihre weichen, warmen Formen deutlich fühlte.
    „Wollen wir zurückkehren?“ fragte er.
    „Nein“, antwortete sie. „Es muß zwar schrecklich sein, in diesen finsteren Gängen überrascht und überfallen zu werden; aber ich will mich nicht fürchten; Sie sind ja bei mir! Was tun wir jetzt?“
    „Das sicherste ist, das Zimmer des Kapitäns aufzusuchen, um zu sehen, ob er dort ist.“
    „Gut! Gehen wir! Wissen Sie, wo es ist?“
    „Ja. Bitte, hier links hinauf.“
    Sie stiegen empor, leise und langsam, er voran leuchtend, und sie ihm folgend. Als er endlich stehenblieb, legte er den Finger auf den Mund, zum Zeichen, daß sie nicht sprechen solle. Am Boden erblickte Marion ein Fachwerk, gerade wie bei ihrer eigenen Wohnung. Mehrere Stufen höher gab es ein kleines, rundes Loch in der Mauer. Da hinauf stieg Müller. Nach wenigen Augenblicken kam er herab und raunte ihr ins Ohr:
    „Bitte, blicken Sie durch dieses Loch! Aber, um Gottes willen, ja nicht das mindeste Geräusch.“
    Sie stieg die Stufen empor. Vor dem Loch war eine Glastafel, in welche Figuren gemalt waren. Diese Tafel war in die Tapetenborde eingesetzt, so daß man sie im Zimmer nicht von der letzteren unterscheiden konnte. Zwischen den Figuren hindurch konnte man den Raum überblicken. Es war die Stube des Kapitäns. Marion sah ihn schreibend am Tisch sitzen. Sie stieg wieder herab.
    „Er ist zurückgekehrt“, flüsterte sie. „Ich habe also heute den Überfall wohl nicht zu erwarten?“
    „Nun nicht mehr. Bitte, gehen wir!“
    Sie kehrten auf demselben Weg wieder nach Marions Wohnung zurück. Nachdem Müller das Getäfel verschlossen hatte, sagte sie:
    „Jetzt darf ich Licht machen, und dann wollen wir beraten, was für morgen zu tun ist.“
    Er löschte seine Laterne aus. Sie brannte die Lampe an, und dann nahmen sie am Tisch platz.
    „Es ist doch eine entsetzliche Raffinesse, solche Gänge und Gucklöcher herzustellen“, sagte sie. „Gibt es auch in meiner

Weitere Kostenlose Bücher