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58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

Titel: 58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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machen.“
    „Wie! Sollte es Ihnen lieber gewesen sein, wenn ich den Obersten niedergeschlagen hätte?“
    „Ich hätte Ihnen nicht gezürnt.“
    Er blickte sie forschend an. Tief, tief hinten in seinen blauen Augen funkelte etwas, als ob die helle Sonne durch dunkle Wolken brechen möchte und doch nicht dürfe.
    „Das konnte ich nicht denken“, sagte er. „Es wurde mir gesagt, daß der Oberst im Begriff stehe, zu Ihrer Familie in Beziehungen zu treten –“
    „Die niemals existieren werden“, unterbrach sie ihn. „Bitte, setzen Sie sich hier neben mich, Monsieur! Ich möchte eine Frage an Sie richten.“
    Er gehorchte ihrem Befehl. Der Stein war von keinem bedeutenden Umfang; er mußte ganz dicht bei ihr Platz nehmen. Sie langte in die Tasche und zog ein Papier hervor, aber nicht nur dieses, sondern auch die Photographie mit, welche zur Erde fiel. Sie hatte dies gar nicht bemerkt; er aber sah es und bückte sich nieder, um sie aufzuheben.
    Sein Blick fiel auf das Bild. Was war denn das? Ein gewaltiger Schlag durchzuckte ihn, aber nicht ein schmerzender, sondern es war, als ob die Seligkeit eines ganzen Himmels ihn durchflutete.
    Sein Bild! Wie kam sie in den Besitz desselben?
    Jetzt erst bemerkte sie es. Sie erglühte, wurde aber nicht verlegen. Sie streckte die Hand aus und sagte:
    „Ah, da ist mir die Photographie mit in die Hand gekommen. Ich danke! Bitte, betrachten Sie sich dieses Bild.“
    Er tat, als habe er noch keinen Blick darauf geworfen, und musterte sein eigenes Konterfei.
    „Wie finden Sie es?“ fragte sie.
    „Hm! Ein preußischer Offizier“, sagte er.
    „Höchstwahrscheinlich. Ich kenne ihn nicht. Halten Sie das für möglich?“
    „Wenn Sie es sagen, so ist es wahr.“
    „Ich ließ mich in Berlin photographieren. Der Photograph hat mir aus Versehen das Porträt dieses Offiziers mit unter meine Abzüge gesteckt.“
    Es war ein feines Lächeln, welches um die Lippen Müllers spielte. Eine Photographie, welche man nur dem Zufall verdankt, trägt man nicht beständig mit sich herum.
    „Bemerken Sie nichts Auffallendes an dem Bild?“ fragte sie.
    Er forschte nach dem, was sie meinte, schien es aber nicht finden zu können.
    „Ich gestehe meine Insolvenz ein“, lächelte er.
    „Das ist wunderbar. Finden Sie nicht die große Ähnlichkeit heraus?“
    „Mit dem Original? Wie sollte ich diesen Offizier kennen.“
    „Nein, mit Ihnen, mit Ihnen selbst. Bemerken Sie das wirklich nicht?“
    Er betrachte die Photographie jetzt scheinbar aufmerksamer als vorher und sagte dann:
    „Es gibt allerdings einige ähnliche Züge. Die Natur treibt oft das gleiche Spiel.“
    „Einige Züge? Das ist zu wenig gesagt. Es ist ganz genau Ihr Gesicht. Nur Ihr Haar ist ein anderes, und Ihr Teint ist dunkler, auch tragen Sie keinen Bart, während dieser Offizier einen solchen von seltener Schönheit besitzt. Aber nicht dieses Bild ist es, über welches ich mit Ihnen sprechen wollte, sondern dieses Papier. Bitte, wollen Sie es sich einmal ansehen.“
    Es war nicht ein einfaches Papier, sondern es waren zwei zusammengefaltete und vollgeschriebene Bogen.
    „Kennen Sie diese fremde Schrift?“
    „Ja, es ist Arabisch.“
    „Verstehen Sie diese Sprache?“
    „Soweit, daß ich diese Zeilen lesen kann, ja.“
    Ihr Auge ruhte mit einem bewundernden Blicke auf ihn.
    „Monsieur Müller, ich erstaune“, sagte sie. „Bis jetzt fand ich nichts, was Sie nicht kennen und verstehen. Wie kommen Sie zur Kenntnis dieser Sprache?“
    „Mein Vater ist in der Sahara gereist. Der Sohn pflegt von den Kenntnissen des Vaters zu profitieren.“
    „Das ist richtig. Ich muß Ihnen zunächst sagen, daß diese Zeilen ein Geheimnis enthalten, welches, das weiß ich selbst nicht. Ich will es kennen lernen; ich habe Veranlassung dazu. Kennen lernen aber kann ich es nur durch Sie. Werden Sie es bewahren?“
    „Mademoiselle!“ rief er. „Ich bitte dringend, nicht an meiner Verschwiegenheit zu zweifeln.“
    „Gut. Ich vertraue Ihnen. Wollen Sie einmal lesen?“
    „Gern. Doch erlauben Sie mir zuvor, diese Zeilen einmal zu überfliegen.“
    Sie nickte ihm zu, und er las. Unterdessen ruhte ihr Auge auf ihm. Hätte er sich nicht mit Walnußabkochung einen falschen Teint gemacht, so hätte sie bemerken müssen, daß er tief, tief erbleichte. Aber auch so glaubte sie zu gewahren, daß die Schrift einen ungewöhnlichen Eindruck auf ihn machte. Sie fragte:
    „Verstehen Sie diese Worte?“
    „Vollkommen, nur zu sehr, Mademoiselle“,

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