58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien
Verhältnisse meiner eigenen Familie nicht kenne, und daß ich von Geheimnissen und von – Verbrechen umgeben bin.“
„Wahrscheinlich vermuten sie da das Richtige.“
„Gott, mein Gott! An wen soll ich mich denn da halten?“
„An den, den Sie da soeben genannt haben, nämlich an Gott. Und wenn es Ihnen möglich sein sollte, zu mir ein wenig Vertrauen zu fassen, so stelle ich mich Ihnen mit Leib und Leben, mit allem, was ich habe und bin, zur Disposition.“
Da streckte sie ihm ihre beiden Hände entgegen und sagte:
„Ich danke Ihnen von ganzem Herzen. Ich habe die Meinigen nie lieben und achten und mich nie in der Heimat wohlfühlen können. Ich bin mir vorgekommen, wie ohne Halt und Wurzel im Leben. Es hat in mir gelegen wie eine Ahnung, daß alles um mich her eine einzige große Lüge sei. Und nun geben Sie mir Gewißheit und zugleich die Hoffnung, daß alles Dunkel klar werden könne. Ja, ich habe Vertrauen zu Ihnen. Sie selbst kommen mir vor wie ein Rätsel, welches ich noch zu lösen habe, aber Sie werden mir dabei helfen.“
Er trat zurück, ohne die ihm dargebotenen Hände zu ergreifen und antwortete:
„Sie haben in allen Ihren Vermutungen recht. Aber wenn auch ich Ihnen ein Rätsel bin, so werde ich Sie doch wenigstens überzeugen, daß Sie mir vertrauen können.“
„Ich bedarf keines Beweises“, fiel sie ein.
„Nun, so möge das, was ich sage, als einfache Bemerkung gesprochen sein. Ich habe Ihnen anvertraut, wie teuer Sie mir sind; dieses Geständnis, welches mir nur durch die augenblickliche Situation entlockt werden konnte, hat nicht im mindesten den Zweck, mir gegenüber die Freiheit Ihres Fühlens und Handelns zu beschränken.“
„Wie verstehen Sie das?“
„Ich weiß, daß meine Liebe eine hoffnungslose ist, ja, eine hoffnungslose sein muß, nur daher konnte ich von ihr sprechen, ohne lächerlich zu werden. Sie sind der Gedanke meiner Tage und der Traum meiner Nächte; ich bete zu Ihnen wie zu einer Heiligen, aber zu einer Heiligen kann man nicht gelangen. Sie sind die Sonne, welche den fernen Planeten erwärmt und erleuchtet, das ist alles, was er sich wünscht; in Ihre Nähe wird er nie gelangen. Mein aufrichtiges Geständnis wird nur die Folge haben, daß ich mich noch mehr zurückziehe, aber sobald Sie meiner bedürfen, werde ich mit Freuden, ja, mit Entzücken alles tun, was meinen Kräften möglich ist. Das mag der Pakt sein, den wir schließen.“
Sie zauderte eine Weile. Dann ging ein eigentümliches Leuchten über ihr Gesicht; sie streckte ihm abermals die Hände entgegen und sagte:
„Nun gut! Ganz, wie Sie wollen. Sie erlauben mir also, Sie für meinen Freund zu halten?“
„Ich bitte inständig, dies zu tun.“
„Ein solcher Vertrag muß aber bekräftigt werden, wenigstens durch einen Handschlag. Wollen Sie mir wirklich Ihre Hand verweigern?“
„Gegen Ihre Befehle kann ich nicht! Hier ist die Hand. Verfügen Sie über mich!“
„Zunächst muß ich mich für heute abend rüsten. Glauben Sie wirklich, daß die Namen, welche Sie mir nannten, geeignet sind, den Kapitän zurückzuweisen?“
„Ich hoffe es, ja, ich bin überzeugt davon!“
„Und diese arabische Handschrift. Darf ich nicht erfahren, was sie enthält?“
„Für jetzt liegt es in Ihrem eigenen Interesse, daß ich Ihnen die Übersetzung vorenthalte. Auch möchte ich das Dokument nicht sofort in Ihre Hand gelangen lassen, weil es mir da nicht sicher scheint.“
„Sie meinen, die Schlacht, welche ich dem Kapitän zu liefern habe, könne einen für mich unglücklichen Ausgang nehmen?“
„Heute werden Sie siegen, was aber dann geschieht, ist bei dem Charakter dieses Mannes nicht vorauszusehen.“
„Ich werde tapfer sein!“
„Aber Vorsicht ist ebenso nötig wie Tapferkeit. Übrigens dürfen Sie überzeugt sein, daß ich über Sie wachen werde. Also, darf ich dieses Schriftstück behalten?“
„Ja“, nickte sie; „behalten Sie es. Ich vertraue mich Ihnen an wie damals, als Sie mit mir ins Wasser gingen. Leben Sie wohl, mein Freund!“
Sie reichte ihm das schöne Händchen, welches er an seine Lippen zog. Als sie sich entfernte, blickte er ihr nach, so lange er nur konnte. Dann legte er beide Hände auf das Herz und jauchzte:
„Sie liebt mich! Sie liebt mich! Sie hat meine Photographie! Aber woher hat sie dieselbe?“
„Vom Photographen gemaust!“ erklang es hinter ihm.
Rasch und betroffen drehte er sich um. Fritz kam hinter einem Felsstück hervorgekrochen, in diesem
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