59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan
Doktor Mül – – – Oh, Pardon! Wollte sagen, Herr Oberstwachtmeister von Königsau.“
„Feldwebel Schneffke!“ rief der Genannte, der den Kleinen erst jetzt erkannte.
„Zu Befehl. Hieronymus Aurelius Schneffke, Kunst- und Tiermaler außer Dienst.“
„Was haben Sie denn am Kopf?“
„Hm. Bin an eine vorüberfliegende Kanonenkugel gerannt.“
„Ich dachte, Sie wären gefallen.“
„Heute nicht. Im Dienst überhaupt nicht. Ah, wer ist denn das? Sapperlot, Herr Haller aus dem Tharandter Wald? I, grüß Sie doch der liebe Gott, alter Schwede! Aber, französische Uniform? Kapitän?“
„Ja, Sie sehen, wie man sich irren kann“, sagte Königsau. „Aber, bester Feldwebel, wie kommt denn eigentlich Saul unter die Propheten?“
„Sie meinen, der Dicke unter die Langen?“
„Ja.“
„Ich hatte Brieftaschen zu überbringen, und da hier der Krakeel kein Ende nehmen wollte, so habe ich tüchtig mit zugehauen. Es ist deshalb so rasch alle geworden.“
„Schön, schön! Ich habe aus Malineau keine Nachricht empfangen können. Wie ging es dort?“
„Wir nahmen drei Viertel der Spahis gefangen; die anderen mußten dran glauben. Herr Rittmeister von Hohenthal ritt mit seinen Husaren ab. Er liegt jetzt mit vor Metz. Vielleicht erstürmt er es, wenn es sich nicht freiwillig ergibt.“
„Und die Damen des Schlosses?“
„Sie befanden sich sehr wohl, als wir drei Tage später abgelöst wurden und abziehen mußten.“
„Danke! Wann gehen Sie zurück?“
„Morgen.“
„Begeben Sie sich nach der Ambulanz da unten, um sich verbinden zu lassen. Sie werden Bekannte treffen.“
Der Dicke salutierte und setzte dann seinen Marsch fort, jetzt freilich allein. –
Am Abend gab es ein entsetzliches Gedränge in der Festung. Auf den Straßen fand sich kaum Platz, daß sich einer an dem anderen vorüberdrängen konnte. Militär und nur wieder Militär! Zivilisten waren kaum zu sehen.
Daher kam es wohl, daß ein bürgerlich gekleideter Mann, welcher langsam hart an einer Häuserreihe hinstrich, sich einen Begegnenden, welcher auch Zivil trug, etwas genauer anblickte, als er es sonst wohl getan hätte. Sie waren schon aneinander vorüber, da blieb er halten, wandte sich um und sagte:
„Pst, Sie da! Warten Sie einmal.“
Der Angeredete blieb stehen und ließ den anderen herankommen. Dann fragte er:
„Was wollen Sie?“
„Kennen wir uns nicht?“
„Hm. Wüßte nicht.“
„O doch! Nur ist es Ihnen vielleicht nicht lieb, wenn Ihr Name genannt wird.“
„Warum nicht?“
„Aus gewissen Gründen.“
„Die möchte ich doch kennenlernen.“
„Sie können sie erfahren.“
Er bückte sich zu dem anderen, welcher etwas kleiner war, nieder und flüsterte ihm ins Ohr:
„Vater Main.“
„Donnerwetter!“ entfuhr es diesem.
„Habe ich recht?“
„Nein. So ist mein Name nicht.“
„Papperlapapp! Ich kenne Sie. Fürchten Sie sich nicht. Sehen Sie einmal her.“
Er schlug die Hutkrempe, welche den oberen Teil seines Gesichtes verdeckt hatte, empor, so daß der Schein einer Laterne auf Stirn und Nase fiel.
„Wetter noch einmal!“ sagte Vater Main.
„Nun, kennen Sie mich?“
„Natürlich, Herr Kapitän.“
„Was treiben Sie hier?“
„Hm. Was treiben Sie denn hier?“
„Auch hm. Haben Sie Obdach?“
„Nein.“
„Kommen Sie mit mir.“
„Wohin?“ fragte Main ein wenig argwöhnisch.
„Fürchten Sie sich nicht. Ich will Ihr Unglück nicht. Ich wohne bei einem Offizier der bisherigen Garnison.“
„Bin ich dort sicher?“
„So gut wie ich.“
„O weh! Sicher sind Sie doch nur bis morgen.“
„Leider! Doch vorwärts jetzt.“
Sie wanderten miteinander weiter. Der alte Kapitän führte den einstigen Wirt in ein nicht sehr großes Haus, in den Hof desselben und dirigierte ihn dann eine steile, schmale, hölzerne Treppe empor.
„Wohin geht denn das?“ fragte Vater Main. „Etwa gar in den Taubenschlag?“
„Nein, es ist nur die Holzkammer. Da; bleiben Sie stehen, bis ich Licht angebrannt habe, damit Sie sehen können.“
Bald leuchtete ein Flämmchen auf, bei dessen Schein Main sehen konnte, daß er sich in einem mit Brettern verschlagenen, kleinen Raum befand, dessen vier Wände von hohen Lagen gespaltenen Brennholzes verdeckt waren. In der Mitte stand ein Schemel, und in der einen Ecke lag eine wollene Pferdedecke.
„So“, sagte der Alte. „Haben Sie sich jetzt orientiert?“
„Ja. Man braucht nicht lange Zeit. Die Bude ist klein genug.“
„So wollen wir
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