59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan
eine Bombe.“
„Platze du und der Teufel. Laßt ihn nicht los.“
„Er hat uns belauscht“, sagte Berteu. „Wir müssen uns seiner versichern. Wir müssen ihn binden.“
„Habt ihr Stricke?“ fragte Richemonte.
„Genug, hier am Wagen.“
„So fesselt ihn.“
Schneffke wurde vom Boden emporgerissen und im Nu mit Stricken gebunden.
„Halt!“ sagte er. „Laßt mir nur die Hände so lange frei, bis ich mich befühlt, wieviel Knochen mir entzweigebrochen sind.“
„Das fehlte noch“, antwortete Berteu. „Die Knochen, welche dir noch nicht gebrochen sind, schlagen wir entzwei, Bursche.“
„Soll das etwa ein geistreicher Einfall sein?“
„Spotte nicht noch. Übrigens kommt mir diese Stimme und der ganze dicke Mensch bekannt vor. Her mit der Laterne. Leuchtet ihm doch einmal in das Gesicht.“
„Dachte ich es doch. Dieser Maler ist es wahrhaftig.“
„Ein Maler?“ fragte der Kapitän. „Kennen Sie ihn?“
„Sehr gut sogar.“
„Woher?“
„Er hat sich bei mir eingeschmuggelt, um in Malineau mit diesem verdammten Melac zu konspirieren.“
„Ah, das genügt, um ihn zu kennen. Woher ist er denn?“
„Das weiß der Teufel. Man darf ihm nicht glauben. Ich halte ihn für einen deutschen Spion.“
„Wenn er das ist, so soll es ihm schlecht bekommen.“
Der Alte trat näher, um sich den Dicken genauer zu betrachten. Er schüttelte den Kopf und sagte:
„Sehr klug sieht dieser Mensch nicht aus. Wenn diese Deutschen keine anderen Spione engagieren, werden sie nicht sehr viel Erfolg haben. Dieser Fleischkoloß scheint mir höchst ungefährlich zu sein.“
„Da irren Sie sich. Übrigens, was will er zu dieser Stunde hier im Steinbruch?“
„Ja, was wollen Sie hier?“
Diese Frage des Kapitän war direkt an Schneffke gerichtet.
„Jetzt will ich nichts mehr“, antwortete dieser.
„Was soll das heißen?“
„Ich wollte etwas, will aber jetzt nichts mehr.“
„Was wollten Sie denn?“
„Diesen Steinbruch studieren.“
„Wozu?“
„Geschäftssache.“
„Unsinn! Glauben Sie nicht, uns etwas weismachen zu können. Welche Geschäfte könnten Sie hier haben?“
„Sie haben doch gehört, daß ich Maler bin.“
„Nun ja.“
„Ich kam heute nach Thionville und erkundigte mich nach den landschaftlichen Schönheiten dieser Gegend. Da wurde mir dieser Steinbruch als höchst pittoresk bezeichnet. Ich kam her, kroch überall herum und wurde müde. Ich hatte ein Glas Wein zuviel getrunken. Das übermannte mich, und ich schlief da oben ein.“
„Gut ausgedacht.“
„Nicht ausgedacht, sondern die reine Wahrheit.“
„Sie wollen bis jetzt geschlafen haben?“
„Ja. Ich wachte auf, hörte unter mir ein Geräusch und Stimmen und wollte herabblicken. Nun aber fing diese verteufelte Gegend an, sich unter mir zu bewegen, und ich stürzte da hinab. Habe ich Ihnen dabei weh getan, so haben Sie den Trost, daß auch ich nicht glimpflich dabei weggekommen bin.“
„Glauben Sie ihm nicht, Herr Kapitän“, warnte Berteu.
Der Kapitän faßte den Maler beim Arm und fragte:
„Sind Sie allein hier?“
„Nein.“
„Ah! Wer ist noch da?“
„Sie natürlich.“
„Donnerwetter! Glauben Sie etwa, daß ich Ihnen gestatten werde, sich über mich lustig zu machen? Ich meine, ob Sie ohne Gefährten hier sind.“
„Fällt mir gar nicht ein. Ich mache solche Rutschpartien am Liebsten ganz allein. Geteiltes Vergnügen ist doch nur halbes Vergnügen.“
„Na, wenn Sie hierher gekommen sind, um sich ein Vergnügen zu machen, so werden wir Ihnen behilflich sein. Ich werde Sie nachher noch besser ins Verhör nehmen. Ihr beide hier, führt ihn hinein in den Gang, und ihr anderen durchsucht den Steinbruch. Besetzt aber vorher den Eingang, damit der, welcher vielleicht noch hier versteckt ist, nicht entwischen kann.“
Zwei Männer faßten Schneffke an und schoben ihn vor sich her, einem Loch zu, welches für ihn zwar hoch, aber kaum breit genug war. Er ließ es ohne Gegenwehr geschehen. Er sah ein, daß sie ihm überlegen waren, und Widerstand nicht nur unnütz, sondern sogar gefährlich sein würde. Er dachte in diesem Augenblick weniger an sich selbst, als vielmehr an Fritz Schneeberg, der nun auch in die Gefahr kam, gefangen zu werden.
Das Loch erweiterte sich bald zu einem regelrechten, gewölbten Gang, in welchem er von den beiden Männern festgehalten wurde. Sie sprachen kein Wort, und er hütete sich sehr, ein Gespräch zu beginnen, da er ahnte, daß sie ihm eher Fauststöße, als
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