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61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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häßlich? Ich habe gar nicht gewußt, was für ein prächtiger Kerl du bist. Aber als du diesen Seidelmann mit einem Ruck zu Boden warfst, da stieg es in mir empor, so hell und so klar, daß nur du es bist, dessen Frau ich werden mag!“
    „Was aber wird dein Vater sagen?“
    „Habe keine Sorge! Seidelmann hat ihm den Kopf verdreht, aber er würde lieber sterben, als mich das Schicksal der Schreiberstochter erleiden lassen. Wenn ich ihm erzähle, was geschehen ist, so wird er dir großen Dank wissen. Also, sind wir einig, Eduard?“
    „Ja, liebes Engelchen!“
    „Und wir werden uns niemals wieder betrüben?“
    „Nein. Wir wollen Gott bitten, solche Trübsal fern von uns zu halten. Aber, Engelchen, was ist denn das? Du hast mich ja umarmt?“
    „Darf ich das nicht?“ fragte sie verschämt.
    „Oh, gar gern! Und ich, ich halte dich so fest und innig am Herzen! Und dieser Seidelmann durfte dich nicht anrühren!“
    „Lieber wäre ich gestorben!“
    „Aber bei mir stirbst du nicht?“
    „Nein, nein, du Lieber, du Guter!“ flüsterte sie.
    „So glaube ich am Ende gar, daß ich es wagen darf, dir – hm, dir einen Kuß zu geben! Wie?“
    „Ist das denn notwendig?“
    „Ich halte es für sehr notwendig. Darf ich?“
    Sie antwortete nicht; aber als er seine Lippen auf ihren Mund legte, da fühlte er einen liebevollen, warmen Gegendruck. Wie glücklich war er, dieses schöne Mädchen, und noch dazu in diesem Maskenanzug, in seinen Armen zu halten. Es war kalt, und Engelchen war sehr dekolletiert, aber sie fühlte die Kälte nicht. Sie lag ja an seinem Herzen, und er hatte das große, dicke Tuch sehr eng um sie geschlungen.
    Der Lauscher unter der Treppe hörte jedes Wort; er hörte jetzt auch das leise, galvanische Geknister der Küsse. Er hätte mit beiden Fäusten dreinschlagen mögen, wenn es nur gegangen wäre! Da pflückte dieser arme Webersbursche die Rose, welche er für sich hatte reservieren wollen – zweihundert Gulden pro Jahr; das war doch sehr gut bezahlt!
    Nach langem Schweigen ergriff das Mädchen wieder das Wort.
    „Nun aber sage mir, wie du zu der Maskerade gekommen bist.“
    „Das ist eigentlich auch so eine Art von Beichte.“
    „Ist eine Schuld dabei?“
    „Eigentlich nicht, aber doch ein Teil Lug und Trug.“
    „Ich werde es dir vergeben.“
    „Oh“, lachte er leise, „nicht du bist es, der mir zu vergeben hat!“
    „Wer sonst?“
    „Der junge Kaufmann Strauch, den ich um sein Vergnügen gebracht habe. Ich hoffe, daß er es nicht erfahren wird.“
    „Du machst mich sehr neugierig.“
    „Nun, das war so: Als du dabei beharrtest, zur Maskerade zu gehen, da wurde es mir angst um dich. Ich wußte, daß man dir eine Schlinge legen wolle.“
    „Du hattest sehr recht. Das habe ich heute gesehen.“
    „Ich wollte dich beschützen und über dich wachen. Das ging aber nur dann, wenn ich mit dabeisein konnte.“
    „Richtig! Wie aber hast du es fertiggebracht?“
    „Ich mußte es so weit bringen, daß einer nicht mitmachte, ohne daß er es den anderen sagte.“
    „Das war schwer.“
    „Aber ich habe es doch fertiggebracht. Ich schrieb nämlich an Strauch einen Brief, in welchem ich ihm verbot, an der Maskerade teilzunehmen. Ebenso verbot ich ihm, die anderen Mitglieder des Kasinos etwas wissen zu lassen.“
    „Und er hat gehorcht?“
    „Ja.“
    „Das ist wunderbar!“
    „Nicht so sehr, wie du denkst! Mir hätte er nicht gehorcht. Er hätte mich nur ausgelacht, mich gar für verrückt gehalten. Aber ich hatte eine prächtige Idee. Weißt du, wie ich mich in dem Briefe unterschrieben habe?“
    „Nun, wie?“
    „Ich habe als Waldkönig unterzeichnet.“
    „Herrgott!“
    „Du erschrickst?“
    „Ja, freilich!“
    „Es war ja doch nur Spaß. Der Strauch hat wirklich geglaubt, daß der Waldkönig diesen Brief geschrieben hat, und daher ist er gehorsam gewesen. Ich war dann beim Maskenverleiher. Dort lag der Anzug, den Strauch hatte nehmen wollen. Ich nahm ihn für mich. Darum haben mich alle für Strauch gehalten, und darum konnte ich dich heute beschützen.“
    „Wie sonderbar! Weißt du, lieber Eduard, daß ich ganz stolz bin auf den Streich, den du dir da ausgesonnen hast? Das bringt nur einer zusammen, der nicht auf den Kopf gefallen ist. Den Anzug hast du dir nur geborgt?“
    „Ja, freilich!“
    „Wann gibst du ihn wieder zurück?“
    „Morgen.“
    „Vielleicht könntest du da – ich denke nämlich, daß mein Anzug auch geborgt ist, dann müßte ich ihn

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