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61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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du, daß ich in den letzten Tagen recht unglücklich war?“
    „Ich glaub's! Ich war schuld! Kannst du mir vergeben?“
    „Gern, wenn du einsiehst, daß ich recht gehabt habe!“
    „Du hattest recht, wie immer. Ich kann mich jetzt gar nicht begreifen! Glaubst du das?“
    „Ich glaube es, denn ich begreife es. Dein Vater wollte es haben; das ist das erste. Der schöne, flimmernde Anzug hatte es dir angetan; das ist das zweite. Nicht wahr?“
    „Ja, du hast's erraten.“
    „Aber das dritte, Engelchen, das ist das schlimmste!“
    „Was ist's?“
    „Fast möchte ich es dir nicht sagen!“
    „Warum nicht?“
    „Weil du mir sonst wieder bös werden möchtest.“
    „O nein! Habe keine Sorge! Was ich heute erlebt habe, das ist genug, um mir als gute Lehre zu dienen.“
    „Gott segne dich für dieses Wort, liebes Engelchen! Du machst mir dadurch das Herz sehr leicht. Weißt du, dein Vater ist ein guter, ordentlicher und frommer Mann, aber er hat etwas von dem Pharisäer an sich, welcher Gott dankt, daß er besser ist als andere Leute. Gibst du mir da recht?“
    „Es mag sein! Und nun weiß ich auch, was das dritte ist, von dem du nicht gern sprechen wolltest.“
    „Nun, was denn, mein Engelchen?“
    „Ich habe auch gedacht, daß ich besser bin als du.“
    „Ist das denn wahr?“
    Sie zögerte einige Augenblicke mit der Antwort, dann sagte sie:
    „Wenn ich reden wollte, da müßte ich eine förmliche Beichte ablegen. Das wird dich nicht interessieren.“
    „O doch! Gar sehr!“
    „Das kann ich doch nicht glauben.“
    „Wieso?“
    „Nun, den Seidelmann würde es wohl interessieren, denn er sagte, daß er mir gut sei und mich heiraten wolle.“
    „Da meinst du wohl, ich hasse dich und mag nichts von dir wissen?“
    „Ja.“
    „Nun, so komm, mein Engelchen! Lege dein Köpfchen einmal hierher an mein Herz! Darf ich meine Arme um dich legen?“
    „Ja, tue es, lieber Eduard!“
    „So! Und nun will ich dir sagen, daß du mir lieb bist über alles, alles, was sich nur denken läßt! Erst kommt der liebe Gott, und dann kommt – mein Vater und meine Mutter etwa? Das kann ich doch nicht sagen. Ich glaube, wenn ich so recht in meine Seele blicke, da kommst du gleich nach dem lieben Gott. Ich bin kein Dichter und kein erfahrener Mädchenjäger. Ich kann nicht schöne Worte machen; aber wenn ich einmal für dich sterben soll, da sage es getrost; ich tue es auf der Stelle!“
    Es war eine kleine Weile still; dann ließ sich Engelchens Stimme hören, vor Freude zitternd:
    „Eduard, ist das denn auch wahr?“
    „Ja, wahr ist's; der Himmel weiß es!“
    „Dann habe ich doppelt unrecht an dir getan. Auch ich habe dich recht, recht sehr lieb, wie sehr, das habe ich gar nicht gewußt. Aber, hörst du, da habe ich gedacht, daß ich ein hübsches Mädchen bin und daß der Vater reicher ist als ihr. Das war beides eine Sünde gegen dich und euch. Aber heute habe ich eingesehen, was für ein böses Ding ich da gewesen bin, so ganz voller Stolz, Hochmut und Hoffärtigkeit.“
    „Ja, so ähnlich ist's gewesen. Der Mensch soll sich nicht besser und sicherer dünken, als er ist. Aber, Engelchen, hübsch bist du, sehr hübsch, und euer Häuschen ist allerdings mehr wert als unsere Hütte. Was wahr ist, das darf man auch nicht leugnen.“
    Wie taten ihr diese einfachen Worte doch so sehr wohl. Sie schlang ihre Arme um ihn, schmiegte sich eng an ihn und fragte:
    „Ist das dein Ernst? Bin ich wirklich nicht häßlich?“
    „Nein. In dieser dummen Kleidung habe ich erst gesehen, daß du sogar schön bist, Engelchen.“
    „Das freut mich, Eduard; aber es freut mich nicht aus Hochmut und Eitelkeit, sondern weil ich dein sein werde.“
    „So ist's recht, mein liebes, liebes Mädchen! Schau, als ich dich zum ersten Mal in diesem Anzug sah, da war ich ganz erstaunt über dich; daß du so schön sein könntest, hatte ich gar nicht gedacht. Und daher hat der Gedanke, daß du nicht mir, sondern einem anderen gehören solltest, mir schier das Herz zerrissen!“
    „Nun aber ist's wohl wieder heil?“
    „Ja, wenn du mir von Herzen gut sein willst.“
    „Sehr gut, oh, wie so gut, lieber Eduard!“
    „Und dann später – willst du da mein Weibchen sein?“
    „Ich werde den lieben Gott täglich bitten, daß er mir dieses Glück nicht versagen möge!“
    „Ist es wirklich ein Glück für dich?“
    „Ein großes, ein sehr großes!“
    „Trotzdem du so hübsch bist und auch reicher als ich?“
    „Geh! Sei nicht hart! Bist du etwa

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