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61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Freie kommen. Dann läufst du voraus, und ich nehme ihn auf mich. Das soll ihm gut bekommen!“
    Als sie durch den Hausflur eilten, befand Seidelmann sich nur noch einige Schritte hinter ihnen. Da öffnete sich die Tür des Gastzimmers, und ein Mann trat heraus, welcher die Situation im Moment überschaute.
    „Halt!“ sagte er. „Bleiben Sie!“
    Dabei ergriff er Seidelmann am Arm und schleuderte ihn mit solcher Gewalt zurück, daß er wieder bis zur Treppe flog und dort niederstürzte. Er war ein Fremder. Selbst Eduard, welcher zurückgeblickt und den blitzschnellen Vorgang beobachtet hatte, kannte ihn nicht. Der Bursche entfernte sich mit seinem Mädchen.
    Seidelmann raffte sich auf und wollte sich auf den Fremden stürzen. Dieser aber hatte eine so kampfbereite, drohende Haltung angenommen, daß es keineswegs geraten schien, mit ihm anzubinden. Überdies kam dem Kaufmann ein Gedanke, dessen Ausführung keine Versäumnis duldete. Er wendete sich also ab und eilte die Treppe empor.
    Droben standen die Mitglieder der Gesellschaft.
    „Was war es?“ rief der eine.
    „Was hat's denn gegeben?“ fragte der andere.
    „Prügelei! Das ist stark! Weshalb aber?“ rief der dritte.
    „Wartet bis nachher, bis ich wiederkomme!“ antwortete er.
    Dabei riß er seinen Überrock vom Tisch, zog ihn ab und eilte wieder die Treppe hinab und auf die Gasse hinaus.
    Der Fremde unten war verschwunden. Das Liebespaar aber war im Licht des Schnees von weitem noch zu erkennen.
    „Er führt sie nach Hause!“ knirschte Seidelmann für sich. „Wie ist das alles gekommen? Er wird es ihr erzählen, und ich muß es hören! Auf der Straße bleiben sie nicht stehen; da ist es zu kalt. Sie werden in das Haus gehen. Springe ich hinter den Gärten hinab, so komme ich eher und kann mich verstecken. Ich kenne ja das Haus und seine Winkel!“
    Er kehrte in den Hausflur der Schenke zurück, ging in den Hof und Garten derselben, sprang über den Zaun und rannte dann hinter den Gärten hinab, bis er die Stelle erreichte, wo Engelchen heute den Schnee fortgekehrt und dabei mit Eduard gesprochen hatte. Er stieg über den Zaun, durcheilte das kleine Gärtchen und trat in den Hof.
    Hier lauschte er, ob etwa noch Leben in dem Haus sei. Es war alles still, und als er dann am Laden horchte, bemerkte er, daß die Eltern des Mädchens schlafen gegangen seien. Einen Hund gab es nicht; er konnte also ohne besondere Besorgnis handeln.
    Die Hintertür hatte eine hölzerne Klinke, welche mittels einer Schnur von außen zu öffnen war. Er zog an der Schnur, trat in den Flur, machte die Tür wieder zu und kroch dann in den tiefen Winkel, welcher sich unter der Treppe befand. Hier konnte er alles hören, was in dem Hausflur gesprochen oder auch nur geflüstert wurde.
    Er hatte gar nicht lange gewartet, so hörte er Schritte.
    Eduard war mit Engelchen nicht sehr rasch gegangen. Beiden war das Herz so voll, daß sie schweigend nebeneinander herschritten. Als sie das Haus erreichten, fragte der Bursche:
    „Hier sind wir angekommen. Nicht wahr, nun muß ich schleunigst gute Nacht sagen?“
    Es folgte eine Pause, dann hörte er halblaut:
    „Eduard!“
    „Was, Engelchen?“
    „Du willst mich strafen!“
    „Nein. Aber es wird dir lieb sein, wenn ich nun gehe.“
    „Warum?“
    „Du bist ja eine reiche, schöne Italienerin, und ich bin bloß ein armer Webergeselle.“
    „Eduard! Ich bin recht bös mit dir gewesen! Du darfst nicht im Zorn von mir gehen! Willst du mir einen Gefallen tun?“
    „Welchen“
    „Tritt eine Minute mit herein! Hier ist's so kalt!“
    „Wenn du willst, ja. Aber, dein Vater?“
    „Wir gehen ja nicht in die Stube. Und er wird wohl auch längst schlafen gegangen sein. Komm!“
    Sie zog ihn hinter das Haus und an die Türe, durch welche vor zwei Minuten Seidelmann eingetreten war. Sie öffnete die Tür und flüsterte dabei:
    „Da neben der Treppe steht heute die Waschbank. Darauf können wir uns setzen. Willst du, Eduard?“
    „Wie du denkst!“
    Das klang immer noch zurückhaltend. Er konnte eben den Gram der letzten Tage nicht gar so schnell vergessen, wie sie es wollte.
    Sie nahmen sich in acht, Geräusch zu machen, und setzten sich auf die Bank, eng nebeneinander. Sie ahnten nicht, daß sich zwei Schritte von ihnen ein so gefährlicher Lauscher befinde.
    „Und nun sage mir, lieber Eduard, wie du zu der Maskerade gekommen bist!“ bat sie leise.
    „Davon nachher, Engelchen. Vorher gibt's etwas Notwendigeres!“
    „Was?“
    „Weißt

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