61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig
für sich gebrauchen würde?“
„Jener freche Webergeselle? Keine Ahnung davon!“
„Nun, das will ich dir glauben. Aber, daß du krank warst, das ist und bleibt eine Lüge! Ich kann es dir beweisen!“
„So? Beweise es!“
Er war wirklich überzeugt, daß Seidelmann ihm nichts beweisen könne. Wie hätte es dieser auch wohl anfangen wollen? Fritz aber blickte ihm scharf in das Gesicht und fragte:
„Hast du den Brief noch?“
„Welchen Brief?“
„Vom Pascherkönig.“
Da wurde Strauch bleich. Er war so erschrocken, daß er für einige Sekunden gar keine Worte fand, dann stammelte er:
„Vom Pascherkönig? Bist du toll?“
„O nein! Ich bin sehr bei Sinnen.“
„Du glaubst, daß ich mit dem Pascherkönig in Briefwechsel stehe?“
„Ja. Ich glaube es nicht nur, sondern ich bin sogar überzeugt davon, mein lieber Freund!“
„Das wäre ja Wahnsinn!“
„Allerdings. Übrigens kommt es hier gar nicht darauf an, was ich glaube, sondern darauf, was die Polizei denkt.“
Da sprang Strauch von seinem Sitz empor und rief:
„Die Polizei? Herrgott! Was habe ich mit der zu schaffen?“
„Bis jetzt noch nichts, aber sie kann alle Augenblicke kommen, um bei dir Haussuchung zu halten.“
„Da hört alles auf! Die Polizei Haussuchung bei mir! Da wäre unser guter Ruf zum Teufel!“
„Ja, mein Bester, zum Teufel!“ lächelte Fritz überlegen.
„Aber was will man denn bei mir suchen?“
„Den Brief natürlich.“
„Ich weiß doch von keinem Brief etwas!“
„So weiß es die Polizei desto besser!“
„Dann ist sie mehr als allwissend!“
„Geh! Leugne nicht, sondern sei verständig! Ich komme als Freund, um dich zu retten, um dir einen Wink zu geben, der den Zweck hat, dich vor einer Anzeige, einer Anklage oder gar, schlimmem Fall gesetzt, vor einer peinlichen Untersuchung zu bewahren.“
Strauch starrte den Sprecher ratlos an. Er wußte nicht, was er machen solle. Fritz ahnte dies; darum sagte er.
„Ich sehe ein, daß du dich zwischen der Charybdis und der Scilla befindest, aber ich wüßte auch, was ich an deiner Stelle tun würde.“
„Was denn?“
„Meine Pflicht.“
„Welche Pflicht meinst du denn?“
„Die Pflicht, Anzeige zu erstatten.“
„Hole dich der Teufel! Dann bin ich ein verlorener Mann!“ platzte er heraus, ohne in seiner Verlegenheit einzusehen, daß er mit diesen Worten ein Geständnis ausgesprochen habe.
Da klopfte ihm Fritz auf die Achsel und erklärte:
„Schau, Alter, jetzt hast du dich vergaloppiert!“
„Wieso?“
„Du hast zugegeben, was ich erfahren wollte.“
„Unsinn!“
„Und doch! Du sagst, daß du ein verlorener Mann seist, falls du Anzeige erstattetest. Das heißt doch mit anderen Worten, daß es irgend jemand gibt, den du zu fürchten hast.“
„Dein Schluß ist sehr falsch. Wen sollte ich zu fürchten haben?“
„Ich weiß es ganz genau.“
„Nun, so sage es doch!“
„Den Pascherkönig.“
„Wieder der Pascherkönig! Was hast du nur mit diesem? Ich sage dir, daß ich mit ihm nichts zu tun habe, ja, daß ich von diesem Kerl nicht das allermindeste weiß!“
„Lüg doch nicht so! Du weißt von ihm zweierlei!“
„Ich wäre da sehr begierig, beides zu erfahren.“
„Nun, erstens weißt du, daß er dir einen Brief geschrieben hat, und zweitens weißt du, daß er dir verboten hat, davon zu sprechen.“
„Das sind Vermutungen, die des Beweises bedürfen.“
„Die Polizei wird dir den Beweis liefern. Sie weiß alles; sie kennt sogar den Inhalt des Briefes.“
„Und wie hast du davon erfahren?“
„Ein Beamter gab mir einen Wink. Willst du denselben befolgen, so ist es gut, wenn nicht, dann sieh zu, wie du dich aus dieser Schlappe nachher herauszuarbeiten vermagst!“
Strauch schritt hin und her. Seine Verlegenheit hatte sich verdoppelt. Auf der einen Seite stand seine Pflicht und auf der anderen seine Angst vor dem Waldkönig. Seidelmann wartete eine Weile; dann sagte er:
„Ich sehe, daß mein guter Wille keinen Nutzen bringt; ich gehe also. Es hätte mich aber gefreut, wenn ich Gelegenheit gefunden hätte, dir einen guten Rat zu geben.“
Das zog. Strauch blieb stehen und fragte:
„Einen guten Rat? Heraus damit! Das ist es ja gerade, was ich brauche, und zwar außerordentlich notwendig!“
„Nicht so eilig! So rasch geht das nicht! Wer einen guten Rat geben soll, der muß die Angelegenheit genau kennen.“
„Du scheinst doch ganz gut unterrichtet zu sein?“
„Abermals ein Geständnis, wenn auch ein
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