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61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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auf, und ihn scheint der Hauptmann am meisten zu fürchten. Man wird alle möglichen Mittel anwenden, um hinter unsere Schliche zu kommen. Wer sagt Ihnen denn, daß man nicht auch auf den sehr naheliegenden Gedanken kommt, die nach hier adressierten Briefe zu überwachen und die verdächtigen zu öffnen?“
    „Donnerwetter! Darf das die Polizei?“
    „Sie wird da viel fragen, ob sie es darf! Ein einziger Brief aber kann alles verraten. Sehen Sie das nicht ein?“
    „Ah, ich beginne, zu begreifen!“
    „Endlich! Drüben bei mir ist man noch nicht so mißtrauisch. Das weiß der Hauptmann. Darum hat er nur an mich geschrieben, Ihnen aber doch einen Brief mit eingelegt. Hier ist er.“
    Er reichte ihm eines der verschlossenen Schreiben hin. Seidelmann nahm es in Empfang, öffnete und las:
    „Herrn Seidelmann senior.
    Sie empfangen ausnahmsweise dieses nicht durch die Post, sondern durch Winkler. Die jetzt in Ihrer Gegend für uns so bedrohlichen Verhältnisse veranlassen mich, die Korrespondenz mit Ihnen bis auf weiteres einzustellen. Sie werden meine Weisungen von jetzt ab also nicht mehr schriftlich, sondern durch Eingeweihte mündlich erhalten. Sie haben also einem jeden Folge zu leisten, welcher sich Ihnen vorstellt und im Besitz des geheimen Zeichens ist.
    Der Hauptmann.“
    Die Unterschrift war schief gehalten, so daß die Buchstaben nach links lagen, anstatt, wie bei der gewöhnlichen Kurrentschrift, nach rechts, und sodann mit einem sehr verwickelten, kunstreichen Zug versehen.
    „Nun“, fragte Winkler lächelnd, „bin ich jetzt genügsam legitimiert?“
    „Ja. Es ist die Unterschrift mit dem Zug, den wir alle kennen. Hören sie, was er schreibt.“
    Er las den Brief vor. Als er fertig war, sagte der Fromme:
    „Schau! So ist also der Fremde, welcher heute klingeln ließ, bereits ein solcher Bote des Hauptmanns gewesen.“
    „War einer hier?“ fragte Winkler.
    „Ja. Er sprach von einem Geschäft im Betrag von zwanzigtausend Gulden.“
    „So ist ihm unbedingt Folge zu leisten. Haben Sie mit ihm abgeschlossen?“
    „Nein. Er kommt wieder.“
    „Vielleicht lassen sich die beiden Unternehmen vereinigen. Der Hauptmann wird bereits gehört haben, daß das letzte verunglückt ist. Nun gibt er schnell andere Karten aus, weil die Beamten nicht denken werden, daß wir uns so rasch wieder hervorwagen. Auf diese Weise wird die Schlappe ausgeglichen und der Verlust ersetzt.“
    „Das ist jedenfalls das richtige“, sagte Seidelmann, der Vater. „Wo haben wir die Waren in Empfang zu nehmen?“
    „Am diesseitigen Ausgang des Haingrunds.“
    „Des Haingrunds? Wo wir erwischt wurden? Sapperment, das ist für uns ein überaus gefährlicher Ort!“
    „Ein sehr sicherer Ort im Gegenteil! Kein Mensch wird ahnen, daß wir uns gerade dahin wagen, und noch dazu nach so kurzer Zeit.“
    „Na, meinetwegen! Und wann?“
    „Nachts zwei Uhr. Das ist die beste Zeit.“
    „Mit wieviel Leuten schicken Sie die Waren?“
    „Ungefähr zwanzig.“
    „So habe ich für ebenso viele zu sorgen.“
    „Haben Sie so viele?“
    „Ah, vierzig und fünfzig, wenn es sein muß.“
    „So ist dieses Geschäft abgemacht. Die Rechnung geht direkt an den Hauptmann, der Ihnen die Löhne und Ihren Gewinn auszuzahlen hat. Hier nun das letzte: Sind Sie Herr August Seidelmann?“
    Der Fromme, an den diese Frage gerichtet war, bejahte dieselbe.
    „Es lag auch an Sie ein Brief mit bei. Hier ist er!“
    Der Vorsteher nahm und las dieses Schreiben. Es war ihm nicht anzusehen, ob es einen guten oder schlechten Eindruck auf ihn machte.
    „So schnell habe ich es nicht erwartet“, sagte er.
    „Was?“
    „Ich muß mit dem frühen Morgen abreisen.“
    „Schon? Wohin?“
    „Das habe ich nicht zu verraten. Es gibt allüberall verirrte Schäflein, welche auf die Hilfe ihres Heilands warten. Die Diener Gottes gehen nach Nord und Süd, nach Ost und West. Sie haben allezeit dem Befehl ihres Herrn zu gehorchen.“
    Winkler hob schnell den forschenden Blick zu ihm.
    „Ah!“ sagte er. „Sind Sie vielleicht der Seidelmann, welcher zum Vorsteher der Gesellschaft der Seligkeit ernannt worden ist?“
    „Ja, der bin ich“, antwortete der Gefragte in salbungsvollem Ton. „Ich bin erkoren, die Seelen zurückzuführen, welche sich in die Wüste der Sünde und Gottlosigkeit verlaufen haben.“
    Da machte Winkler ein völlig undefinierbares Gesicht und sagte:
    „So bin ich überzeugt, mein verehrter, frommer Herr, daß man keinen Würdigeren erwählen

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