61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig
Mädchen, und ich habe es gehört.“
„Und Sie meinen nicht, daß er da bloß aufgeschnitten hat?“
„Nein. Der Kerl hat nämlich jetzt Geld, und ich wüßte nicht, woher er es sonst haben sollte als von diesem geheimnisvollen Fürsten.“
„Schön! So wird er mir sagen, wer der Fürst ist!“
„Donnerwetter! Alle Teufel! Sapperment!“ erklang es aus dem Mund der drei Seidelmanns.
„Ja. Auch soll er mir sagen, wer der Diener des Fürsten ist, der Ihnen heute den Schnee in das Gesicht geworfen hat.“
„Wie wollen Sie das anfangen?“
„Ich gebe mich selbst für einen Diener des Fürsten aus, nach Umständen sogar für den Fürsten selbst.“
Die drei blickten ihn erstaunt an. Er lächelte überlegen und sagte:
„Sie staunen? Und doch ist dies das Leichteste und Einfachste, was sich nur denken läßt. Es führt am schnellsten und sichersten zum Ziel.“
„Allerdings, nämlich wenn er glaubt, was Sie sagen.“
„Er wird und muß es glauben!“
„Und wie wollen Sie ihn dazu bringen, nach der Grenze zu gehen und sich gegen die Beamten widerspenstig zu zeigen?“
„Ich vertraue ihm ein Paket an, welches die Grenzer nicht sehen dürfen, welches er also zu verheimlichen hat.“
„Ein Päckchen mit Konterbande? Da werden Sie sich verraten. Der Fürst des Elends verleitet die Seinen nicht zum Paschen.“
„Keine Konterbande!“
„Aber wenn die Grenzer es nicht sehen sollen, wird Hauser es gar nicht annehmen.“
„Unsinn! Das Paketchen wird wichtige Privatdokumente enthalten, deren Inhalt niemand wissen darf, also auch die Grenzbeamten nicht. Hauser hat es nicht unter allen Umständen, sondern nur möglichst vor ihnen zu verbergen.“
„Das läßt sich eher hören. Aber sind Sie denn bereits im Besitz solcher Schriftstücke?“
„Unsinn! Sie haben doch Papier, Tinte und Feder?“
„Das versteht sich.“
„Nun, so werde ich nachher anfertigen, was ich brauche. Der Inhalt, den ich Hauser lesen lasse, um seine Bedenken zu zerstreuen, wird so eingerichtet sein, daß er sogar gern auf den Leim geht. Er wird ganz stolz darauf sein, daß er es ist, dem die Dokumente anvertraut werden. Das ist abgemacht. Nun aber zu dem anderen. Der Hauptmann hat mich benachrichtigt, daß er übermorgen des Nachts einen Transport der hier angeführten Waren, die ich besorgen soll, übernehmen wird.“
Er zog einige versiegelte Briefe und auch ein offenes Verzeichnis aus der Tasche. Das letztere übergab er Seidelmann, dem Vater. Dieser las es durch, riß die Augen auf und sagte:
„Donnerwetter! Das beträgt ja über fünfzigtausend Gulden!“
„Über sechzigtausend sogar.“
„Ist das nicht zu gewagt?“
„Nein. Ich übernehme die Garantie. Sie haben es erst diesseits der Grenze in Empfang zu nehmen.“
„Sind Sie so sicher, nicht erwischt zu werden, daß Sie die Garantie übernehmen wollen?“
„Ja. Erst fühlte ich mich nicht sicher, nun ich aber mit Ihnen gesprochen habe, bin ich überzeugt, daß der Coup gelingen wird.“
„Wieso!“
„Morgen oder spätestens übermorgen bis Mittag wird Hauser erwischt. Er ist der Pascherkönig. Das wird der Polizei und den Grenzbeamten so viel zu tun geben, daß sie ihre Augen und Ohren nur bei ihm haben werden. Verstanden?“
„Wie aber soll es herauskommen, daß Strauch den Brief erhalten hat?“ fragte Fritz. „Wie ich ihn kenne, wird er es verschweigen.“
„So ist es Ihre Sache, ihn zur Anzeige zu bewegen.“
„Er wird das aus Angst vor dem Pascherkönig nicht tun.“
„Das geht mich nichts an. Sie haben hier mitzuwirken. Wir sind gleich beteiligt. Ich nehme den Hauser auf mich, und so ist es gar nicht viel verlangt von mir, wenn ich erwarte, daß Sie Strauch, der doch Ihr Freund ist, auf sich nehmen. Sie gehen morgen mit mir nach der Amtsstadt. Dieser Weg muß, wenn wir überhaupt siegen wollen, unbedingt von Erfolg sein.“
„Ich finde das ganz vernünftig“, meinte der ältere Seidelmann. „Aber ein anderes ist mir unklar, mein bester Herr Winkler. Nämlich, wie kommt es, daß der Hauptmann in einer so wichtigen Angelegenheit Ihnen schreibt und nicht mir?“
„Das sehen Sie nicht von selbst ein?“
„Nein. Ich bin stets benachrichtigt worden, wenn ich handelnd eingreifen sollte. Warum nicht auch dieses Mal?“
„Das ist doch sehr leicht zu begreifen. Man forscht hier nach dem Pascherkönig, also nach Ihnen; die Polizei, die Gerichte, die Grenzer, alles ist auf den Beinen, Sie zu fangen. Nun tritt sogar dieser Fürst des Elends
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