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61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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konnte!“
    „Ja; der Allwissende erforscht die Herzen und Nieren der Menschen. Er erwählt sich nur diejenigen zu Werkzeugen seiner Gnade und Barmherzigkeit, welche fest und treu im Glauben wandeln. Aber jetzt will ich mich zurückziehen. Da ich mit dem frühesten abzureisen habe, so will ich noch einige Stunden der Ruhe pflegen.“
    Er ging. Winkler ließ sich die nötigen Schreibrequisiten geben und nahm sie mit nach dem Schlafzimmer, welches ihm angewiesen wurde. Dort schrieb er einige Zeit und legte sich dann schlafen. Er kannte das Haus und seine Bewohner; er konnte hier so tun, als ob er kein Fremder wäre.
    Früh, nachdem er das Frühstück eingenommen hatte, legte er falsches Haar und falschen Bart an. Er war dies nicht so gewöhnt wie die Seidelmanns; darum brachte er damit bis nahe an die Mittagszeit zu. Dann brach er mit Fritz nach der Amtsstadt auf.
    In der Nähe derselben angekommen, sagte er:
    „Wir werden uns hier trennen müssen. Ich gehe nach dem ‚Grauen Wolf‘, den ich nach Ihrer Beschreibung leicht finden werde. Und Sie begeben sich zu Strauch. Werden Sie ihn sprechen können?“
    „Sofort. Ich brauche nur in den Laden zu gehen.“
    „Und wo treffen wir uns dann?“
    „In irgendeiner Restauration.“
    „Nicht im ‚Grauen Wolf‘?“
    „Nein. Man soll Sie dort nicht mit mir sehen. Oder, denken Sie, daß uns dies nicht schaden kann?“
    „Was soll es schaden? Man kennt Sie nicht. Und überdies lassen wir ja keinem Menschen hören, was wir besprechen. Sie kehren ja wohl dann auch mit mir zurück!“
    „Nein. Ich gehe von da direkt heim.“
    „Mit falschem Haar und Bart?“
    „Beides werde ich unterwegs entfernen und Ihnen übermorgen – ah, morgen heißt es nun ja – durch die Pascher überbringen lassen.“
    Sie gingen auseinander. Fritz begab sich zu seinem Freund, der ihn mit einiger Verlegenheit empfing.
    „Ah? Welches Gesicht machst du mir?“ fragte Seidelmann.
    „Gesicht? Doch mein gewöhnliches!“
    „O nein! Du bist verteufelt verlegen. Ich sehe es dir an. Du hast wohl bereits gehört, was gestern geschehen ist?“
    „Hm! Ja! Verteufelte Geschichte!“
    „An welcher nur du schuld bist.“
    „Ich? Das begreife ich nicht! Warum ich?“
    „Pah! Versuche nicht, dich weißzuwaschen! Sind wir hier denn auch unbeobachtet?“
    „Fürchtest du die Beobachtung?“
    „Ja. Ich habe mit dir zu sprechen, und niemand soll es hören.“
    „So komm mit hinüber in meine Stube. Kommen Käufer, so sind ja der Diener und die Lehrlinge da.“
    Fritz folgte ihm nach dem wohlbekannten Zimmer. Dort setzten sie sich einander gegenüber und brannten sich eine Zigarre an. Strauch konnte seine Verlegenheit noch immer nicht verbergen. Seidelmann beobachtete ihn forschend und sagte dann:
    „Ich wollte dich gern unter vier Augen haben, weil ich heute als dein Beichtvater komme.“
    „Als mein Beichtvater? Du, der Ausgelassenste und Gottloseste von uns allen? Das ist lustig!“
    „Oh, die Angelegenheit, in welcher ich komme, ist im Gegenteil außerordentlich ernst!“
    „Das klingt ja ganz bedrohlich! Und dazu macht der Mensch ein Gesicht, als ob er mich ganz kriminaliter vornehmen wolle!“
    „So ist es auch! Du hast da ganz das richtige Wort getroffen: kriminaliter! Es kann sich nämlich aus der betreffenden Angelegenheit für dich ein schlimmer Kriminalfall entwickeln.“
    Strauch erschrak.
    „Was Teufel!“ rief er. „Was meinst du denn eigentlich?“
    „Du wirst es sogleich hören. Ich hoffe auf alle Fälle, daß du mich mit der reinen Wahrheit bedienen wirst.“
    „Wetter noch einmal! Sei nur nicht so feierlich, und sage doch lieber frank und frei heraus, um was es sich handelt!“
    „Um den gestrigen Abend.“
    „Ah!“
    „Warum kamst du nicht?“
    „Weil ich krank war.“
    „Was fehlte dir denn?“
    „Es lag mir überall, im Leib, im Kopf, in – in –“
    „Und in den Hosen“, fiel Fritz ein. „Das Herz war dir in die Hosen gefallen; der Mut war dir verlorengegangen. Gestehe es nur!“
    Strauch gab sich Mühe, ein möglichst unbefangenes Gesicht zu machen, und sagte:
    „Der Mut? Ich verstehe dich nicht!“
    „Lüge nicht! Verstelle dich nicht, alter Freund! Damit kommst du bei mir nicht weit!“
    „Der Teufel mag dich begreifen! Ich war wirklich krank!“
    „Wie kam es aber dann, daß dein Anzug vorhanden war?“
    „Ich habe davon gehört. Aber das ist auch etwas, was ich nicht zu begreifen vermag.“
    „Du hast wirklich nicht gewußt, daß jener Mensch ihn

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