61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig
Assessor gar nichts von der Kette mit dem Wappen?“
„Ich werde mich hüten, davon zu sprechen.“
„So bist du die Nachkommin von Salomon Levi, welche hat geerbt von ihm seine ganze Klugheit. Von dieser Kette darf kein Mensch erfahren. Man darf nicht ahnen, daß ich habe einen Schwiegersohn, welcher macht so berühmte Gedichte, weil er ist ein heimlicher Herr von Adel. Also sei still und gehe nicht nach dem Krankenhaus!“
Und sie ging doch, natürlich ohne Wissen ihrer Eltern, wurde aber nicht vorgelassen. –
Kurz nachdem der Fürst bei dem Assessor gewesen war, ließ sich Herr August Seidelmann bei demselben melden. Als er vorgelassen wurde, empfing ihn der Beamte mit der Frage:
„Sie haben jedenfalls die heutige Publikation in betreff unseres Robert Bertram gelesen?“
„Allerdings! Er ist frei?“
„Ja. Seine Unschuld ist bewiesen.“
„So ist natürlich auch seine Schwester unschuldig?“
„Ja. Sie wurde gestern nicht sofort entlassen, da ich erst zu Ihnen senden wollte. Sie haben mir das Mädchen gebracht; Sie sind der Vormund desselben, und so möchte ich die unschuldig Eingekerkerte auch wieder Ihnen übergeben.“
„Ich komme aus diesem Grund, Herr Assessor!“
„Hier liegt bereits der Entlassungsbefehl für den Wachtmeister. Gegen Übergabe desselben erhalten Sie das Mädchen. Wollen Sie aber nicht einsehen, wie man sich irren kann? Ihre Aussage trägt einen großen Teil der Schuld, daß die beiden Geschwister für wirklich schuldig gehalten wurden.“
„Um so inbrünstiger danke ich Gott, daß sie es nicht sind. Meine Mündel wird geläutert aus dieser Trübsal hervorgehen, und die kurze Zeit dieser Prüfung wird ihr Gnade bringen für ihr ganzes Leben!“
Er ging und bekam Marie Bertram ausgehändigt.
Sie war noch ganz dieselbe, gab monotone Antworten auf seine Fragen und folgte ihm willig, wohin er sie führte. Und wohin war das? Natürlich wieder nach der Ufergasse zu der Rentiere Madame Adelheid Groh, welche das Mädchen sofort in ihre liebevolle Pflege nahm. –
Von dem Krankenhaus weg fuhr der Fürst nach Hause. Dort kleidete er sich um und begab sich an das Wasser zu dem alten Apotheker.
Er hatte sich so verkleidet, daß er unmöglich zu erkennen war. Obgleich er noch nie hier gewesen war, sah er sich doch durch den Diener Adolf über alles unterrichtet. Er fand die Haustür verschlossen und klopfte. Ein Kopf erschien am Fenster, und dann wurde die Tür geöffnet. Der Apotheker stand selbst hinter derselben.
„Wohnt hier Herr Apotheker Horn?“ fragte der Fürst.
„Sehr wohl, mein Herr!“
„Kann man mit ihm sprechen?“
„Ja. Ich bin es selbst. Wo wollen wir miteinander reden?“
„Unten.“
„Vorn oder hinten?“
„Hinten.“
„Ah, ich sehe, Sie wissen Bescheid!“
„Vielleicht besser, als Sie denken! Verschließen Sie die Tür. Ich will nicht haben, daß wir unterbrochen werden.“
„Wollen Sie nicht vorher bei meinen Töchtern eintreten?“
„Danke! Ich rauche nicht neubackene Zigarren und habe auch nicht die Absicht, zu heiraten!“
Das wollte den Alten denn doch verdrießen.
„Wer hat Ihnen das zugemutet?“ fragte er kurz und scharf.
„Das ist die Frage gar nicht. Ich habe Ihnen gesagt, daß ich unten und hinten im Keller mit Ihnen zu reden habe. Also allons!“
So war dem Alten noch niemand gekommen. Sollte er sich fügen oder auch grob werden? Er entschloß sich für das letztere.
„Allons, sagen sie? Gut, allons wieder fort! Hier hinaus!“
Er öffnete die Tür von neuem und deutete nach der Straße. Der Fürst aber antwortete lachend:
„Meinen Sie wirklich, daß Sie der Mann sind, von welchem man sich fortjagen läßt? Ich habe mit Ihnen zu sprechen. Hier, sehen Sie sich diesen Gegenstand an!“
Er zeigte ihm die Polizeimarke. Der Alte erbleichte.
„Ein geheimer Polizist! Ja, das habe ich nicht gewußt! Sie sind mir sehr willkommen! Erlauben Sie, daß ich Sie führe!“
Er öffnete die Kellertür, brannte die auf der oberen Stufe stehende Laterne an und stieg voran. Der Fürst folgte ihm bis in die hintere Abteilung des Kellers. Dort setzten sie sich nieder, der Apotheker natürlich in einer sehr bangen Stimmung.
„Herr Horn“, fragte der Fürst, „haben Sie jemals etwas von dem sogenannten Hauptmann gehört?“
„Ich hörte allerdings von ihm sprechen.“
„Gesehen haben Sie ihn aber nicht?“
„Nein.“
„Sie wissen auch nicht, wer er ist?“
„Nein.“
„Und dennoch sind Sie sein Leibapotheker!“
Der
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