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61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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fragte der Fürst. „Du hast die Wahl: Entweder unter das Kästchen oder den Revolver oder ein offenes Geständnis!“
    Er sah sich in die Enge getrieben und mußte sich sagen, daß er nicht entrinnen könne.
    „Gut, ich will es gestehen!“ sagte er.
    „Aber keine Lüge! Also?“
    In der Rechten die Pistole und in der Linken die Laterne, stand er drohend vor dem Apotheker. Dieser sagte zögernd:
    „Das Kästchen enthält eine Mischung zum – zum – zum Riechen.“
    „Ach so! Zieht man an der Schnur, so wird das Kästchen geöffnet, und die Mischung fällt auf den Daruntersitzenden?“
    „Ja.“
    „Was geschieht dann?“
    „Das Mittel riecht sehr stark.“
    „Das heißt, der Betreffende wird betäubt?“
    „Ja.“
    „Gut, ich bin zufriedengestellt. Sie sehen aber, daß Sie es mit keinem Schulknaben zu tun haben. Darum sage ich: Noch so eine Heimtücke, und eine Kugel fährt Ihnen in den Kopf! Setzen Sie sich!“
    Der Alte kam, da der Lauf des Revolvers noch immer auf ihn gerichtet war, diesem Befehl sogleich nach.
    „Und nun stehen Sie mir Rede und Antwort! Also, ich sagte Ihnen, daß Sie mir, um sich zu retten, ebenso dienen müßten wie bisher dem Hauptmann. Sind Sie bereit?“
    „Ja.“
    „Der Hauptmann darf nicht das mindeste ahnen.“
    „Ich werde zu schweigen wissen.“
    „Sie stehen unter stetiger Aufsicht. Man weiß auch jetzt, daß ich bei Ihnen bin. Wäre mir etwas geschehen, so hätten Sie den Schaden gehabt. Haben Sie noch von dem letzten Gift, welches Sie dem Hauptmann gegeben haben?“
    „Ein wenig.“
    „Wo?“
    „Draußen im Vorderkeller.“
    „Kann ich es bekommen?“
    „Was zahlen Sie?“
    „Ich bezahle sehr gut. Aber wie wirkt das Gift?“
    „Es versetzt in die tiefste Lethargie.“
    „Das weiß ich; ich will anderes wissen. Auf den Geist kann dieses Mittel unmöglich so schnell wirken.“
    „Nein; es wirkt allerdings nur auf den Körper; es sind gewisse Nerven, welche es lähmt.“
    „Die Sprach- und Bewegungsnerven?“
    „Die ersteren ganz, die letzteren nur teilweise.“
    „Der Kranke liegt also nur scheinbar in Lethargie?“
    „Ja.“
    „Er sieht und hört aber alles, was um ihn geschieht?“
    „Ja.“
    „Und muß sterben?“
    „Ganz sicher!“
    „Welch ein schrecklicher, entsetzlicher Tod! Viel, viel schlimmer noch als Starrkrampf, bei welchem es wenigstens schneller aus wird! Aber, gibt es ein Gegenmittel?“
    „Ja.“
    „Haben Sie das auch?“
    „Gewiß!“
    „Wieviel braucht man von beiden?“
    „Je nach den Monaten. Ein Tropfen des Giftes tötet in sechs Monaten, zwei töten in fünf, drei in vier, vier in drei, fünf in zwei und sechs in einem Monat. Das Gegengift wird umgedreht angewandt, und zwar in geradem Verhältnis: So viele Monate die Lethargie bereits gedauert hat, so viele Tropfen gibt man.“
    „Wie schnell wirkt das Gift?“
    „Binnen einer halben Stunde.“
    „Und das Gegengift?“
    „Binnen ganz derselben Zeit.“
    „Und ich kann sie also beide haben?“
    „Wenn es gut bezahlt wird.“
    „Wer aber gibt mir Bürgschaft, daß ich nicht betrogen werde?“
    „Ich selbst!“
    Es war ein eigentümlich energisches Lächeln, welches um die Lippen des Fürsten spielte.
    „Gut!“ sagte er. „Ich nehme Ihre Bürgschaft an. Der Hauptmann kennt also das Gift, ob aber auch das Gegengift?“
    „Das letztere nicht. Wir haben gar nicht davon gesprochen.“
    „Das ist mir desto lieber. Sind Sie zufrieden, wenn ich Ihnen für beide Mittel hundert Gulden bezahle?“
    Die Augen des Apothekers leuchteten gierig auf.
    „Hundert Gulden? Ist das Ihr Ernst?“ fragte er.
    „Ja.“
    „Ich bin zufrieden!“
    „Hier, nehmen Sie! Aber nun auch her mit dem Zeug!“
    Er zog aus der Brieftasche einen Hundertguldenschein hervor und gab ihn dem Alten. Dieser steckte ihn in die Tasche und sagte dann:
    „Kommen Sie nach vorn. Sie sollen die Medizinen haben. Ich habe glücklicherweise mehr angefertigt, als ich brauchte.“
    Sie traten in den vorderen Raum. Dort zog der Apotheker einen Stein aus der Mauer. Es entstand eine Öffnung, aus welcher er ein Kästchen nahm, welches mit kleinen Phiolen gefüllt war. Von den letzteren las er zwei aus und sagte:
    „Hier das weiße Fläschchen enthält das Gift und das grüne das Gegengift. Es ist genug in beiden, um das Experiment zwanzigmal vorzunehmen.“
    Der Fürst steckte die beiden Phiolen ein und wendete sich zum Gehen.
    „So wären wir also fertig“, sagte er. „Wenn Sie mir treu dienen, werden Sie mit

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