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61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dies bewiesen werde. Und dazu bedarf es vor allen Dingen Ihrer Gegenwart.“
    „Ich werde gewiß kommen, sobald Sie mich bestellen!“
    Der Anwalt konnte ein Lächeln doch nicht ganz unterdrücken.
    „Wenn ich Sie nun gleich jetzt bestelle?“ fragte er.
    „Gleich jetzt soll ich mitgehen?“
    „Ich möchte es wünschen.“
    „Herr Jesus! Das wäre eine Verhaftung.“
    „Allerdings. Sie werden mir diese scheinbare Härte verzeihen, Fräulein Hofmann.“
    „Oh, ich sehe, daß Sie es nicht schlimm mit uns meinen, Herr Anwalt, aber ist es denn wirklich notwendig?“
    „Ganz gewiß!“
    „Aber warum denn? Ich werde nicht fliehen!“
    „Das glaube ich Ihnen gern; aber das Gesetz bestimmt, daß man sich der Person eines Mörders bemächtige.“
    „Eines Mörders? Das bin ich doch nicht.“
    „Nein. Sie sind keine Mörderin. Aber wissen Sie, welches Verbrechens Seidelmann Sie anklagen wird?“
    „Nein.“
    „Des Mordversuchs, am allerwenigsten der Körperverletzung.“
    „Mein Gott! Das wollte ich ja gar nicht.“
    „Ich weiß das selbst am allerbesten. Darum ist es am vorteilhaftesten für Sie, wenn Sie sich mir anvertrauen.“
    „Gott! Arretiert!“
    Da sagte Eduard in beruhigendem Ton:
    „Das ist doch keine Schande, Engelchen. Auch ich bin arretiert, und doch bin ich unschuldig. Wir gehen miteinander in das Gefängnis.“
    Das erleichterte ihr die Sache.
    „Miteinander! Du und ich!“ sagte sie. „Gut! Ich habe von zu Hause fliehen müssen! Gehen wir in das Gefängnis!“
    „So schnell doch nicht!“ lächelte der Beamte. „Sie werden vorher doch noch einmal nach Hause gehen müssen.“
    „Weshalb?“
    „Ich werde Sie begleiten, während Herr Hauser sich hier verbinden läßt. Ihre Eltern müssen doch wissen, wo Sie sich befinden werden, und sodann gebe ich Ihnen den Rat, gewisse Kleinigkeiten mitzunehmen, ohne welche ein an Ordnung und Reinlichkeit gewöhnter Mensch selbst im Gefängnis nicht zu bestehen vermag. Bitte, kommen Sie!“
    Er ließ Eduard unter der Beaufsichtigung seiner Beamten zurück, gab draußen den Befehl, für die beiden Gefangenen einen Wagen zu holen, und begab sich sodann mit Engelchen in das Nachbarhaus.
    Man hatte in der Nachbarschaft den Schuß gehört. Trotz der Kälte standen zahlreiche Menschen auf der Straße. Auch Hofmann stand vor seiner Tür, bei ihm mehrere Nachbarn, welche sich in Vermutungen ergingen, warum bei Hausers Hausdurchsuchung gehalten werde.
    Als er Engelchen kommen sah, sagte er zu ihr:
    „Das ist dein Glück! Pack dich hinein in die Stube!“
    Er beachtete in seinem Zorn ihren Begleiter gar nicht. Dieser fragte ihn:
    „Darf ich mich mit hineinpacken?“
    „Sie? Warum denn?“
    „Weil ich für jetzt zu Ihrer Tochter gehöre.“
    „Wer sind Sie denn?“
    „Das werden Sie drinnen hören. Kommen Sie!“
    Er faßte Hofmann beim Arm und zog ihn mit hinein. Als sie sich in der Stube befanden, sagte er:
    „Ich bin der Staatsanwalt. Ich habe Ihre Tochter arretiert.“
    Hofmann erschrak.
    „Arre – tiert?“ stieß er hervor.
    „Ja.“
    „Warum?“
    „Weil Sie schuld sind. Ihr Kind wird wenigstens im Gefängnis frei sein von den Gewalttätigkeiten, die es zu Hause erleiden muß.“
    „Gewalttätigkeiten? Ich verstehe Sie nicht!“
    „Sie werden mich verstehen lernen, sobald ich Sie vor die Gerichtsstelle zitiert habe. Ich weiß alles. Sie wollen Ihre Tochter zwingen zu einem Verhältnis, wovon ihr ein jeder anderer Vater abraten würde. Ich nehme sie mit.“
    „Herrgott! Hat sie denn etwas Unrechtes getan?“
    „Ja, aus Aufregung. Das Nähere werden Sie schon noch hören. Jetzt haben wir anderes zu tun.“
    Er nannte Engelchen die Gegenstände, deren sie bedürfen werde, und sie packte diese zusammen. Als sie damit fertig war, sagte sie, ohne ihm die Hand zu geben:
    „Lebe wohl, Vater! Grüß mir die Mutter! Sie soll mich einmal im Gefängnis besuchen.“
    Es war ihm, als träume er. Er starrte den beiden nach, ohne ein Wort zu sagen, ohne den Versuch zu machen, sie aufzuhalten. So stand er eine ganze lange Weile, bis er draußen Pferdegetrappel hörte. Da überkam ihn plötzlich eine große, große Angst.
    Er raffte sich zusammen; er rannte hinaus. Er ließ die Türe offenstehen und eilte hinüber zu Hausers. Dort im Hausflur horchte er. Er hörte nichts als die Stimme des Alten:
    „Will mich des Schicksals Schwere drücken,
Blitzt auf mich des Gesetzes Weh,
Droht Straf und Hölle meinem Rücken,
So steig ich gläubig in die Höh
Und flieh

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