61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig
bereits erhört.“
„Wie? Was sagen Sie?“
„Daß Sie keine Sorge um Eduard zu haben brauchen. Seine Gefangenschaft wird eine sehr kurze sein.“
„Welche Freude, wenn das wahr wäre!“
„Es ist wahr. Ihr Sohn ist unschuldig. Es hat sich einer hier eingeschlichen und ihm die Spitzen heimlicherweise in den Rock genäht.“
„Wer will das beweisen?“
„Der Fürst des Elends.“
„Ah! Wissen auch Sie von diesem?“
„Ja. Ich bin einer seiner Diener. Das ist es, was ich Ihnen vorhin mitzuteilen versprach. Doch bitte ich, das als ein tiefes Geheimnis zu betrachten!“
„Was Sie uns hier sagen, das bleibt so verschwiegen, als ob Sie es gar nicht gesagt hätten, Herr Arndt. Also ein Diener des Fürsten sind Sie! Oh, nun ist es mir um Eduard nicht bange!“
„Wieso?“
„Er bezeichnete Sie als seinen Freund. Er hatte in letzter Zeit gewisse Heimlichkeiten, die er nur für sich behielt. Das machte mir eigentlich Sorge. Nun ich aber höre, daß er mit Ihnen verkehrt hat, so nehme ich an, daß er auch im Dienst des Fürsten des Elends gestanden hat.“
„Sie raten ganz richtig. – Ja, ich will es Ihnen gestehen, um Sie über das Schicksal Ihres Sohnes vollständig zu beruhigen. Aber ich muß da nochmals um die größte Verschwiegenheit bitten!“
„Keine Sorge! Es wird uns kein Mensch dieses Geheimnis entreißen können. Also, Sie meinen, daß ihm jemand die Spitzen in den Rock praktiziert hat? Wer mag es gewesen sein?“
„Ahnen Sie es nicht?“
„Hm! Ich hätte so eine kleine Ahnung! Vielleicht Seidelmann selbst?“
„Warum dieser?“
„Weil er es seit einiger Zeit auf unser Verderben abgesehen hat.“
„Auch hier ist Ihre Ahnung richtig.“
„Wie? Er ist es also gewesen?“
„Ja. Er ist dabei beobachtet worden.“
„Von wem?“
„Vom Fürsten des Elends.“
„Gott sei Dank! So ist Eduard allerdings gerettet.“
„Ganz gewiß; aber freilich nur in dem Fall, daß Sie das, was wir jetzt sprechen, nur für sich behalten, damit Seidelmann nichts erfährt. Er könnte sich vorbereiten.“
„Wird uns nicht einfallen! Also um Eduard ist es uns nicht mehr angst, desto mehr aber um das gute Engelchen.“
„Um die? Was ist mit ihr?“
„Sie ist auch mit gefangen.“
„Was Sie sagen! Weshalb?“
„Als Mörderin. Sie hat auf Fritz Seidelmann geschossen, und zwar heute abend, hier in meiner Stube.“
„War Seidelmann denn mit hier?“
„Ja. Er ist mit dem Staatsanwalt und den Gendarmen und Grenzern im Wald gewesen, um Eduard zu fangen, und sodann kam er mit herein, um sich alles so recht in Gemütlichkeit mit anzusehen.“
„Welch eine unerhörte Frechheit!“
„Während man hier bei uns das Haus durchsuchte, hatte sich Engelchen mit ihrem Vater gezankt. Er war wegen des gestrigen Abends wütend auf sie. Er verlangte, daß sie bereits morgen bei Seidelmanns in Dienst treten solle –“
„Wie verblendet!“
„Freilich! Und als sie nicht wollte, hat er sie geschlagen.“
„Das arme Mädchen.“
„Sie ist natürlich ganz außer sich gewesen und drüben ihrem Vater entflohen. Sie kam herüber zu uns. Sie sah unsern Eduard gefesselt und von Blut überströmt; sie sah diesen Seidelmann, der die Schuld an allem trug, und da ging ihr der Grimm mit dem Verstand fort. Sie riß einem der Grenzer das Gewehr aus der Hand –“
„Und schoß auf Seidelmann?“ fiel Arndt ein.
„Sie wollte nicht. Sie sagte nur, daß sie ihm zeigen wolle, was ihm eigentlich gehöre. Da aber ging der Schuß los. Was versteht so ein Mädchen von einer Flinte!“
„Wurde er verwundet?“
„Ein Schrotkorn streifte ihn am Ohr.“
„Das ist ein großes Glück.“
„Aber doch fiel der Hasenfuß vor Schreck in Ohnmacht!“
„Was geschah dann?“
„Als er wieder zu sich kam, verlangte er vom Staatsanwalt, daß Engelchen arretiert und auf das allerstrengste bestraft werde.“
„Die Gefangennahme war selbstverständlich. Was aber die Strafe anbelangt, so werden die Herren Richter diesem Seidelmann wohl nicht den Gefallen tun, allzu blutdürstig zu sein.“
„Das sah man bereits dem Herrn Staatsanwalt an.“
„Wieso?“
„Er schien erst an Eduards Schuld geglaubt zu haben; aber sein Verhalten änderte sich zusehends, und zuletzt war es gar nicht, als ob er zwei Gefangene mit sich nehme.“
„So sind beide miteinander fort? Ah! Wäre ich zugegen gewesen! Die Sache hätte wohl eine noch andere Wendung genommen. War der hiesige Gendarm mit dabei?“
„Ja.“
„Das ist mir
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