Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen

62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen

Titel: 62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Obergendarm. „Ihm folgen?“
    „Ja, wenigstens ich“, antwortete der Grenzoffizier. „Habe ich den Fehler begangen, so will ich wenigstens auch versuchen, ihn wieder gut zu machen.“
    Auch er sprang hinab. Einige Schritte weiter vorne stand Arndt und leuchtete einen Gegenstand an. Beide bekümmerten sich nicht darum, ob ihnen noch jemand folgte.
    „Was ist das?“ fragte der Offizier.
    „Ein Hund, ein leerer Hund! Es haben zwei hier gestanden, und der Waldkönig hat den vorderen benutzt, so schnell wie möglich zu entfliehen.“
    „Ah, das also war das Rollen, das Erdbeben!“
    „Ja. Die Hunde laufen auf Schienen, und der Stollen geht, wie es scheint abwärts; er hat Fall. Da läuft so ein Hund ganz von selbst. Der König hat also einen großen Vorsprung.“
    „Also nach! Was ist das hier im Hund?“
    „Ein eichener Knüttel, jedenfalls zum Bremsen. Schnell, setzen wir uns! Wo der König hin kann, können wir auch hin. Und übrigens haben wir die Laterne!“
    Er riß die vordere Seite des kleinen Schienenwagens ab, um sich so zu setzen, daß seine Beine vorn vorstanden. Auf diese Weise konnte er dem Hund, wenn er ja in ein gefährliches Rollen kam, eine verminderte Schnelligkeit geben. Dann nahm er den Knüttel in die Rechte und die Laterne in die Linke.
    Der Offizier stieg hinter ihm auf, gar nicht beachtend, daß seine Uniform von dem Kohlenschmutz verdorben werden konnte. Die Jagd begeisterte ihn.
    „Na, fort jetzt!“ sagte er. „Warum noch nicht?“
    „Der Stein muß erst weg, der vor den Rädern liegt.“
    Arndt stieß mit den Füßen den Stein fort, und nun begann der Hund, sich in Bewegung zu setzen, erst langsam, dann schneller, immer schneller, bis er fast die Geschwindigkeit eines galoppierenden Pferdes angenommen hatte.
    Es war eine unheimliche Fahrt, gerade wie in den Orkus hinab. Die beiden beherzten Männer hatten über sich die niedrige, mehr als halbverfaulte Deckenverschalung, rechts und links die nahen, engen, vor Nässe triefenden Wände und vor sich eine Finsternis, welche das Licht der Laterne nur auf wenige Schritte zu durchdringen vermochte.
    „Wollen Sie nicht langsamer machen“, sagte doch nach einer Weile der Offizier.
    „Warum?“
    „Wenn nun eine Querwand kommt, an die wir prallen?“
    „Stollen mit Hundeschienen haben keine Querwände.“
    „Oder eine Tiefe, in der wir zerschmettern?“
    „So kommen wir auf den zu liegen, den wir suchen. Dann haben wir ihn ja!“
    Und so ging also die tolle, gespenstige Jagd in unverminderter Geschwindigkeit weiter und immer weiter. Es mußte ja einmal ein Punkt kommen, wo der Stollen keinen Fall mehr hatte.
    Fritz Seidelmann kannte den Stollen sehr genau. Er hatte ihn mit seinem Vater oft benutzt. Darum standen stets die zwei Hunde bereit. Er war eine bedeutende Strecke vorwärtsgekommen, als er, hinter sich blickend, Licht bemerkte. Er wußte sofort, woran er war.
    „Donnerwetter! Sie verfolgen mich!“ sagte er. „Ah, ich werde euch den Weg verlegen!“
    Auch er hatte einen Knüttel, welcher wirklich, wie Arndt ganz richtig vermutet hatte, zum Bremsen bestimmt war. Er stemmte denselben vor eines der vorderen Räder ein, und bald kam sein Hund zum Stehen. Er blickte wieder nach rückwärts.
    „Sie kommen wie auf einer Lokomotive angesaust“, sagte er. „Welche Verwegenheit, da sie den Stollen nicht kennen! Ich muß sie von den Schienen bringen. Und dann – ah, ich habe ja den Revolver!“
    Er riß einige Latten von der Verschalung ab und legte sie auf die Schienen. Dann zog er sich zurück, aber ohne zu entfliehen. Mit der Linken hielt er den Hund, vor dem er stand, damit derselbe auf der abschüssigen Bahn nicht vorzeitig wieder ins Rollen komme, und die Rechte hatte den Revolver gefaßt.
    Die Verfolger kamen mit beängstigender Geschwindigkeit näher – sie erreichten die Stelle – ein Stoß – tiefes Dunkel und drei oder vier Schüsse aus Seidelmanns Revolver.
    Dann setzte dieser sich wieder auf und fuhr weiter, in der Meinung natürlich, daß es nun mit der Verfolgung zu Ende sei. Er hatte sich geirrt.
    „Verdammt!“ ließ sich der Grenzer hören. „Ich dachte, alle Rippen gebrochen zu haben!“
    „Ich auch. Sind Sie heil?“
    „Ja.“
    „Gott sei Dank, ich auch. Der Kerl hat uns ein Hindernis auf die Schienen gelegt, so daß wir einen Sprung machten und an die Seitenwand flogen.“
    „Und geschossen hat er auch.“
    „Ja; es scheint hier nicht gemütlich zu sein; aber es soll ihm nicht viel nützen. Wo

Weitere Kostenlose Bücher