62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen
Parole!“
„Gottfried von Bouillon!“ lautete die Antwort.
„Gut!“
Er trat hinter dem Baum hervor und reichte dann dem Ankömmling die Hand.
„Kommen die andern bald?“
„Ich habe sie für jetzt bestellt.“
Aus diesen Worten erkannte Arndt, daß er einen der beiden Seidelmanns vor sich habe.
„Schön!“ sagte er. „Haben Sie auch die Parole ausgegeben, Herr Seidelmann?“
„Natürlich! Ah, Sie kennen mich! Vater sagte allerdings, daß er gestern bemerkt habe, Sie seien der Hauptmann selbst.“
Hätte Arndt geahnt, daß auch der Baron nahe sei, so hätte er seine Rolle jedenfalls mit etwas weniger Vertrauen gespielt. Er antwortete:
„Wer ich bin, ist gleich; aber seien Sie froh, daß ich hier bin. Ohne mich wäre doch die Sache wieder ganz verteufelt in die Brüche gegangen.“
„Ist's möglich?“
„Sogar wirklich!“
„Inwiefern?“
„Ich befinde mich bereits zwei Stunden hier in der Nähe und habe sehr aufmerksam rekognosziert. Es patrouillieren Grenzer durch die Schlucht.“
„Sapperment!“ sagte Fritz Seidelmann erschrocken. „Was ist da zu tun? Wir müssen denen da drüben entgegen, um sie zu warnen!“
„Ist bereits geschehen. Sie sind in Sicherheit.“
„Wo?“
„In der Mühle.“
„Was? In der roten Mühle?“
„Natürlich! Es ist ja keine andere in der Nähe.“
„Alle Wetter! Wie kommen Sie auf die Mühle? Halten Sie dieselbe für sicher?“
„Ja. Sie nicht?“
„Man ist sich über Wilhelmi noch nicht klar geworden.“
„Und dennoch haben Sie seinen Keller gemietet!“
„Auch das wissen Sie?“
„Ein schlechter Hauptmann, der nicht weiß, was in seiner Kompanie vorgeht!“
„Ja, nun ist es sicher, daß Sie der Hauptmann sind. Das von dem Keller hätten wir Ihnen eigentlich vorher melden sollen. Ich hoffe jedoch, daß Sie verzeihen werden.“
„Zur Meldung haben Sie auch heute Gelegenheit.“
Arndt war hocherfreut, das Gespräch auf dieses Thema gebracht zu haben. Nun wurde wohl das Rätsel betreffs des Kellers gelöst.
„Ja“, antwortete Seidelmann. „Wir haben nämlich bemerkt, daß der Gang von der Mühle, den wir doch später zu benutzen haben, gerade unter dem Keller fortgeht, und daß die Decke so dünn ist, daß der Müller durch irgendein Geräusch auf uns aufmerksam werden könnte. Zwar liegt der alte Stollen so, daß –“
Er hielt inne und lauschte.
„Hören Sie etwas?“ fragte Arndt.
„Ja. Wenn man hier patrouilliert, so ist es nicht geraten, unsere Leute hier zu erwarten. Man könnte uns bemerken. Sie kommen alle in gerader Richtung von der Eiche her, und so können wir keinen verfehlen. Gehen wir also näher hinzu, in den Wald hinein.“
Arndt folgte ihm, und nun trat ihnen auch sogleich einer entgegen, welcher sich durch die Parole legitimierte. Mehrere kamen, und so war es unmöglich, den verborgenen Gang wieder zu erwähnen.
Es dauerte nicht lange, so meldete Seidelmann, daß jetzt alle anwesend seien und daraufhin befahl Arndt den verlangten Leuten, ihm zu folgen.
Sie schienen sich nicht wenig darüber zu wundern, daß er sie direkt nach der roten Mühle führte. Unterwegs aber flüsterte Seidelmann ihm fragend zu:
„Also, Sie halten den Müller für zuverlässig?“
„Ganz und gar. Ich bin vollständig überzeugt, daß er mich nicht täuschen wird.“
„Wir wollen ihn erst prüfen.“
„Das habe ich bereits getan.“
„Dann ist es gut!“
Sie erreichten die hintere Pforte der Mühle.
„Da hinein?“ fragten einige erstaunte, leise Stimmen.
„Ja“, antwortete Seidelmann. „Wilhelmi ist seit kurzer Zeit unser Bundesgenosse.“
„Ah, die Not!“ sagte einer.
Sie traten in den Hof. Arndt machte den letzten und zog die Tür hinter sich wieder zu. Daß er auch den Schlüssel abzog, bemerkte nur Seidelmann.
„Warum das?“ fragte er leise. „Wir packen auf und gehen ja gleich wieder fort!“
„Vorsicht! Während wir aufpacken, könnte doch jemand kommen. Man darf nichts verabsäumen.“
Aber Seidelmann hatte doch einen leichten Verdacht gefaßt. Er griff mit der Hand in die Tasche und wich Arndt nicht von der Seite. Zum Glück bemerkte dieser es sehr wohl und beschloß, sich vorzusehen. Er brannte die Laterne an, öffnete die Tür und leuchtete in den Keller.
„Da drin!“ sagte er.
Die Pascher traten hinein, um ein jeder ein Paket aufzunehmen; Seidelmann aber blieb bei Arndt im Freien stehen.
„Kommen Sie doch mit!“ sagte dieser, indem er die Tür in die Hand nahm, um ihn vor sich
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