62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen
nur die Laterne sein mag.“
„Suchen wir!“
Nach einiger Zeit sagte Arndt:
„Hier habe ich sie! Eine Glastafel zerbrochen; aber das Licht steckt noch in der Dille. Ich werde anbrennen.“
Ein Streichholz leuchtete auf, und nun wurde es wieder Licht. Vor sich hörten die Männer ein dumpfes, sich schnell entfernendes Rollen.
„Da fährt er hin!“ knirschte der Offizier. „Wollen wir ihn entkommen lassen?“
„Entkommen kann er uns auf keinen Fall.“
„Oho!“
„Ich weiß nämlich, wer er ist. Ich könnte ihn aus dem Bett herausholen; aber besser ist es doch wohl, wir erwischen ihn hier in seinem unterirdischen Reich. Ist der Wagen noch ganz?“
„Ich hoffe es doch! Untersuchen wir ihn!“
„Ja, sehen Sie, es ist nichts zerbrochen. Diese Kohlenequipagen pflegen höchst dauerhaft gearbeitet zu werden. Wollen Sie mitheben, damit wir ihn wieder auf die Schienen bringen?“
„Versteht sich! Angefaßt! So, jetzt ist es recht!“
„Also einsteigen!“
„Ja, vorwärts! Aber nun ziehe ich auch den Revolver. Wenn ich dem Kerl nahe genug komme, schieße ich ihn nieder!“
„Das wäre ein Fehler. Lebendig müssen wir ihn haben!“
Der Hund kam in Bewegung und flog bald wieder ebenso schnell wie vorher in die dichte Finsternis hinein.
Seidelmann näherte sich seinem Ziel schnell; er war überzeugt, daß er die Verfolger aufgehalten und mit seinen Kugeln verwundet habe. Die Bahn würde eben, und der Hund lief langsamer.
„So schnell laufe ich selbst!“ sagte Fritz und stieg aus.
Da war es ihm, als ob er hinter sich ein Rollen vernehme. Er blickte zurück und sah ganz hinten in dem schnurgerade führenden Gang ein Pünktchen auftauchen, kaum so groß wie ein Punkt, den man mit der spitzigsten Feder auf das Papier macht.
„Hölle und Teufel! Sie kommen doch!“ fluchte er. „Sie werden unser Geheimnis entdecken! Gerade da vor mir stößt der Stollen auf den Gang nach unserem Keller. Da gibt es keine andere Rettung, als die Mine spielen zu lassen. Wie gut, daß wir auf den Gedanken kamen, sie anzulegen! Wenn das Gestein zusammenprasselt und den Gang verschüttet, dann soll uns jemand nachweisen, daß ich es gewesen bin, der hier spazierengefahren ist. Und, will es der Teufel, so trifft das stürzende Gestein die Kerle, die es da auf mich abgesehen haben. Ich wollte, es würden ihnen alle Knochen im Leib zerschmettert und sie müßten dann mit den Schmerzen noch monatelang am Leben bleiben!“
Er tastete sich schnell weiter, um den Ort zu erreichen, an welchem eine Schnur an der Seitenwand herniederhing. Sie stand mit einer dort angebrachten Dynamitladung in Verbindung.
Die beiden anderen ahnten keineswegs, welcher fürchterlichen Gefahr sie so schnell entgegen rollten. Doch bald wurde diese Schnelligkeit merklich geringer.
„Das Terrain wird eben“, sagte Arndt. „Es wird bald notwendig werden, die Beine – halt, was steht da? Oh!“
Wieder geschah ein Krach. Sie waren mit dem ersten Hund, den Seidelmann stehengelassen hatte, zusammengestoßen. Sie waren schneller gefahren, als dieser letztere. Darum war der Zusammenprall ein ziemlich heftiger, doch bei weitem nicht so, wie der vorige.
„Was ist's?“ fragte der Offizier.
„Der Wagen des Waldkönigs.“
„So ist er hier ausgestiegen?“
„Jedenfalls. Wie gut, daß ich die Laterne hatte! Ich sah den Hund noch zeitig genug, um die Beine einzuziehen, sonst hätte ich sie brechen können. Ein wahrer Teufel, dieser Mensch!“
„Mich hat es beinahe abermals herabgeworfen. Aber warum mag er ausgestiegen sein?“
„Vielleicht, um eben diesen Zusammenstoß hervorzubringen, vielleicht auch eben nur, weil hier der Hund nicht mehr selber läuft. Man kommt dann mit den Beinen schneller und auch ohne solches Risiko fort.“
„Steigen wir auch aus?“
„Ja, versuchen wir es. Wir müssen doch die Strecke einer halben Wegstunde zurückgelegt haben?“
„Das reicht noch nicht. Denken Sie die Schnelligkeit, mit welcher wir förmlich – heiliger Himmel!“
„Herrgott! Wir sind verloren!“
In diesem Augenblick hörte keiner den anderen, sondern jeder wußte nur, was er selbst ausgerufen hatte. Es war ein Donnerschlag geschehen, als wenn die Erde zerbersten wolle. Der Boden schwankte unter ihren Füßen, und das ganze Unterirdische schien eine einzige, große Woge zu sein. Über und neben ihnen krachte die Verschalung, und massenweise stürzte das Erdreich und Gestein nieder. Beide lagen am Boden.
„Wir sind verschüttet!“ schrie
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