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63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

Titel: 63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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begleiten zu dürfen. Mein Weg führt mich da vorüber.“
    Sie gingen nebeneinander her, er zur Linken und sie zur Rechten. Sie setzten das begonnene Gespräch fort. Ellen bemerkte, daß man allüberall die Köpfe entblößte und daß ihr Begleiter dankend nickte, aber sie hatte keine Zeit darüber nachzudenken, so fesselte er sie durch seine tiefen, geistreichen Bemerkungen.
    Am Tor des Hotels blieben sie stehen. Der Portier präsentierte seinen goldbeknauften Stock und zog sich dann in ehrerbietige Entfernung zurück. Im Hintergrund des tiefen Flurs sammelte sich die Bedienung, um mit verwunderten Blicken die beiden zu beobachten.
    „Da sind wir viel zu schnell am Ziel angekommen“, sagte er. „Der Weg hätte doch noch länger sein können. Wissen Sie, daß man während des Gesprächs genau hört, wie Sie tanzen?“
    Sie errötete.
    „Bitte, keine Verlegenheit, mein Fräulein! Ich habe vor einer halben Stunde von Ihnen gehört. Ich traf ganz zufälligerweise den Fürsten von Befour, der Sie jenseits des Ozeans gesehen hat. Wollen Sie sich hier im Residenztheater engagieren lassen?“
    „Nein.“
    „Warum treten Sie dann auf?“
    Sein Blick war so voll und gut auf sie gerichtet, daß sie nach keiner Ausrede suchte. Sie gestand offen:
    „Ich wollte hier auftreten, nur um mich sehen zu lassen. Ich suche eine mir teure Person, welche mir verlorenging.“
    „Haben Sie sie gefunden?“
    „Ja.“
    „Also bereits vor dem Auftreten. Das freut mich. Wie ich höre, legt man Ihnen Hindernisse. Man ist Ihrer nicht wert. Könnten Sie sich nicht entschließen, sich einmal auf der Hofbühne sehen zu lassen?“
    Sie zuckte leicht die Achsel.
    „Ah, Sie wollen sich nicht anbieten! Recht so! Dann aber wäre es wenigstens dankenswert von Ihnen, einmal am Hof zu beweisen, daß Ihr Ruf die Wahrheit spricht.“
    „Oh“, lächelte sie. „Ich bin unbekannt, ohne Protektion und – Republikanerin.“
    „Doch nicht etwa gar zu rot und radikal?“
    „O nein. Wir Frauen sind im Grunde genommen doch alle gut monarchisch gesinnt.“
    „Schön, schön! Für Protektion wollen wir schon sorgen. Ich gestehe Ihnen nämlich endlich, daß ich der – König bin.“
    Sie erschrak keineswegs. Sie richtete ihr Auge voll und warm auf ihn und antwortete:
    „Majestät, glücklich das Land, welches einen so herzensguten Vater hat!“
    „Danke! Leider haben wir Väter nicht immer von großem Glück zu sagen. Ihr Künstler versteht es, die Töne, Farben, Formen und Bewegungen in glückliche Harmonie zu bringen, während wir vergeblich mit den Disharmonien kämpfen. Kennen Sie ein Mittel dagegen?“
    Es war ein wirklich seelengutes Lächeln, mit welchem er sie bei dieser Frage anblickte.
    „Ja, Majestät“, antwortete sie, zugleich erhoben und gerührt. „Ich werde für Sie beten, und ich wünsche, daß alle Ihre vielen Kinder dasselbe tun möchten. Dann wird Eintracht im Hause sein!“
    „Amen!“ sagte er. „Miß Ellen, Sie sind ein braves Herz; Sie sind ein Diamant. Wer mag der Meister sein, dem das große Glück beschieden sein wird, Sie in goldene Façon zu nehmen? Gott segne Sie!“
    Er gab ihr die Hand und entzog sie ihr sofort wieder, als sie dieselbe küssen wollte.
    „Ein edler, edler Monarch!“ flüsterte sie, als sie in ihrem Zimmer den Pelz ablegte. Und auf den anderen Gedanken eingehend, fuhr sie fort: „Wer wird der Meister sein? Oh, ich weiß, wer es sein sollte und sein könnte! Aber er spart die kostbare Façon, weil er den Diamanten für unecht hält.“
    Und in einem Hintergebäude des Altmarktes, drei Treppen hoch, saß Max Holm, den Kopf auf die Hand gestützt, in trübes Sinnen versunken. Er dachte an die letzten Worte, welche sie ihm gesagt hatte.
    „Vergessen Sie nie, was ich Ihnen sagte: Ich bin arm, sehr arm, viel ärmer als Sie!“
    Der König war noch nicht weit vom Hotel Union fortgekommen, so begegnete ihm eine jugendliche Reiterin. Sie senkte Kopf und Reitgerte respektvoll, und er zog grüßend den Hut. Er kannte das schöne Mädchen. Es war Fanny, die Tochter des Obersten von Hellenbach.
    Sie war jetzt immer recht sehr beschäftigt. Robert Bertram war ein für allemal zu ihren Eltern geladen und machte von dieser Erlaubnis den ausgiebigsten Gebrauch. Er las mit ihr, musizierte mir ihr, spielte Schach und Dame mit ihr und durfte sie auf ihren Ausflügen begleiten. Jetzt wollte sie ihn zu einem Spazierritt abholen. Der Fürst hatte ihm ein Pferd zur Verfügung gestellt, und er war in sehr kurzer Zeit

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