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63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

Titel: 63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ein!“
    „Ich mag es nicht leugnen.“
    „Nun, warum fehlt es denn am guten Willen?“
    „Ich mag nicht allen Damen gefallen.“
    „Haben Sie denn einen gar so triftigen Grund dazu?“
    „Ja, einen sehr triftigen.“
    „Darf man ihn erfahren?“
    „Ja. Ich wünsche nämlich, nur einer einzigen zu gefallen.“
    „Was haben Ihnen denn die anderen getan?“
    „Nichts, gar nichts.“
    „Warum bevorzugen Sie da diese eine nur?“
    „Sie ist es wert. Sie ist die Schönste, Beste und Anbetungswürdigste von allen.“
    „Was Sie sagen! So ein anbetungswürdiges Wesen möchte ich kennenlernen, Herr Bertram.“
    „Sie kennen sie.“
    „So wohnt sie hier in der Residenz?“
    „Ja.“
    „Wohl gar in meiner Nähe.“
    „Sehr.“
    „Bitte, bitte, sagen Sie mir den Namen.“
    „Gnädiges Fräulein, das wäre eine Indiskretion, zu welcher ich mich nicht berufen fühle.“
    „Sie Garstiger! Geben Sie mir doch wenigstens die Hoffnung, daß ich noch erfahren werde, wer sie ist.“
    „Ja, das will ich Ihnen gern versprechen.“
    „Schön! Und da sagen Sie mir doch einmal aufrichtig, ob Sie diese bevorzugte Dame auch so begrüßen wie mich.“
    „Ganz genauso.“
    „Mit einem bloßen Händedruck.“
    „Ja.“
    „Aber da sind Sie ihr gegenüber doch auch nicht Damenherr!“
    „Ein solcher würde sie wohl anders begrüßen?“
    „Natürlich!“
    „In welcher Weise wohl?“
    „Nun, nehmen wir an, sie gibt Ihnen die Hand –“
    „Schön, schön!“
    „Oder das Händchen, denn eine Angebetete hat niemals eine Hand, sondern ein Händchen, ein süßes, kleines, liebes, warmes, weiches und weißes Händchen. Nicht wahr?“
    „Gewiß, gewiß! Sie haben sehr, sehr recht!“
    „Also sie gibt Ihnen das Händchen, grad so, wie ich es soeben tat. Das dürfen Sie doch nicht drücken!“
    „Was denn?“
    „Hm! Nun ja, drücken dürfen Sie es allerdings, aber nur an Ihre Lippen oder an Ihr Herz!“
    „Also küssen?“
    „Ja, das meine ich.“
    „Aber ich weiß ja gar nicht, ob sie dies erlaubt!“
    „Haben Sie sie denn noch nicht gefragt?“
    „Nein.“
    „Nun, so tun Sie es doch einmal ohne vorherige Bitte um Erlaubnis! Ein Herr darf etwas wagen.“
    Sie blickte ihm so gut und so treuherzig in das Gesicht. Er fühlte fast sein Herz klopfen. Er antwortete:
    „Das möchte ich wohl, denn mutlos bin ich eben nicht; aber es geht leider nicht, es geht nicht.“
    „Warum nicht?“
    „Ich möchte wohl das kleine, süße Händchen küssen, aber –“
    „Was, aber?“
    „Aber sie hat fast immer Handschuhe an.“
    Sie stieß ein helles, silbernes Lachen aus und meinte:
    „So küssen Sie ein wenig oberhalb des Handschuhs!“
    „Da ist die Manschette, und dann folgt der Spitzenbesatz. Ich bin wirklich recht übel daran.“
    „Nun, so müssen Sie schlau sein und den Augenblick abwarten, an welchem sie einmal den Handschuh entfernt hat. Das wird doch einmal der Fall sein!“
    „Ja, gewiß. Aber dann bin ich vielleicht grad abwesend.“
    „Dann würde ich es ihr doch einmal recht deutlich zu verstehen geben, daß der Handschuh so störend wirkt!“
    „Wird das helfen?“
    „Ich bin überzeugt. Sie ist ja die Angebetete!“
    „Aber sie betet mich jedenfalls nicht wieder an.“
    „Hm! Ich sehe ein, daß Sie sich in einer nicht sehr angenehmen Lage befinden.“
    „Oh, sogar in einer sehr unglücklichen!“ lächelte er.
    „Dann ist es meine Pflicht, Ihnen Ihr Unglück wenigstens für kurze Zeit vergessen zu machen. Ich werde dafür sorgen, daß Sie sich ein wenig zerstreuen. Bemerken Sie vielleicht, daß ich im Reitkleid bin?“
    „Gewiß, gnädiges Fräulein.“
    „Nun, mein Pferd steht unten. Wollen Sie mit?“
    „Wohin?“
    „Ein wenig vor die Stadt.“
    „Wenn Sie befehlen, ja.“
    „Nun, ich befehle es allerdings auf das allerstrengste.“
    „So werde ich gleich satteln lassen.“
    Er entfernte sich für einige Augenblicke. Sie nahm auf seinem Schreibsessel Platz, zog einen der beiden Reithandschuhe aus und griff nach einem Buch.
    „Sie sehen, daß ich mich bei Ihnen daheim befinde“, sagte sie, als er zurückkehrte. „Ich bemächtige mich Ihrer Lektüre, ohne Sie vorher um Erlaubnis gefragt zu haben.“
    „Ich wünsche, daß Sie etwas Interessantes getroffen haben mögen.“
    „Gewiß, sehr interessant, besonders für eine junge Dame!“
    Sie schlug den Titel auf und las:
    „Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – und – Versuch, den Begriff der negativen Größen

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