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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hatten.
    „Ich verbiete Ihnen, Ihrem Herrn ein Wort von unserer Anwesenheit zu sagen“, meinte der Fürst. „Es würde zu Ihrem Unglück sein.“
    Sie gingen. Auf der Straße angekommen, fragte er Doktor Holm:
    „Wissen Sie nicht, ob der Offizier, welcher aus Wunderlichs Haus kam, Sporen trug?“
    „Ganz gewiß. Sporen und Degen.“
    „So hat er sicher eine genaue Fährte in dem vom Regen aufgeweichten Boden zurückgelassen. Wir wollen Befehl geben, daß bis Tagesanbruch kein Mensch jene Gegend betreten darf.“
    „Soll ich das tun?“ fragte der Gerichtsbeamte.
    „Das würde mir lieb sein, da ich noch anderweit beschäftigt bin.“
    „Auch in dieser Angelegenheit?“
    „Ja. Ich werde Ihnen das Nötige später mitteilen.“
    Sie trennten sich. Doktor Holm ging nach Hause, nachdem er von dem Fürsten die Weisung erhalten hatte, sich reisefertig zu machen und mit Tagesanbruch bereit zu sein. Der Beamte beeilte sich, den erwähnten Befehl zu geben, und der Fürst schlenderte langsam dem Kavalierskasino zu.
    Als er dort ankam, war man nicht gleich bereit, ihn einzulassen, sondern es wurde erst eine Art von Verhör angestellt. Als er klopfte, öffnete das Mädchen die Tür nur ein wenig und fragte:
    „Was wollen Sie?“
    „Bedient sein“, antwortete er kurz.
    Bei diesen Worten ergriff er die Tür, um sie ganz zu öffnen, wurde aber durch eine innerhalb vorhängende Sicherheitskette verhindert.
    „Wer sind Sie?“ fragte das Mädchen weiter.
    „Auch ein Kavalier.“
    „Ihr Name?“
    „Den werde ich dem Wirt selbst sagen.“
    „Warten Sie!“
    Sie machte wieder zu, und er stand nun allein auf dem Vorplatz. Er mußte eine ganze Weile warten, bis die Tür wieder aufging und der Wirt zu ihm heraustrat.
    „Mein Herr, es ist hier nicht eine öffentliche Restauration, sondern ein geschlossenes Kasino.“
    „Das weiß ich. Und gerade aus diesem Grund erscheint es mir seltsam, daß man es Ihnen, als dem Wirt, überlassen hat, die Erlaubnis zum Eintritt zu erteilen.“
    „Es verkehren hier nur Kavaliere.“
    „Können Sie bestimmen oder entscheiden, ob ich einer bin oder nicht? Das können doch nur die anwesenden Herren, und sie hätten mich also ungehindert eintreten lassen. Aber ich will nicht mit Ihnen rechten. Ich bin der Fürst des Elends.“
    „Ah!“
    „Darf ich also hinein?“
    „Sehr gern; bitte, bitte!“
    Er riß die Türe weit auf und machte eine sehr tiefe, einladende Verbeugung. Dann, als der Fürst eingetreten war, fragte er diesen in demütiger Haltung:
    „Darf ich den Herren sagen, wer uns die Ehre erweist?“
    „Wenn sie fragen, ja, sonst aber nicht. Ich beabsichtige, hier in Ruhe eine Flasche Wein zu trinken. Geben Sie mir die Karte!“
    Er erhielt die Weinkarte, wählte aus und wurde bedient. Dann griff er zu einer Zeitung und gab sich den Anschein, als ob er ganz in die Lektüre vertieft sei.
    In diesem Zimmer befand sich jetzt außer ihm und der einen Kellnerin kein Mensch, da der Wirt sich zurückgezogen hatte. Es herrschte tiefe Stille. Desto deutlicher war der Lärm zu hören, welcher aus dem Nebenzimmer drang. Pausen des tiefsten Schweigens wechselten mit lauten jubelnden oder ärgerlichen Ausrufungen. Grimmige Flüche erklangen zuweilen, begleitet von höhnischem Gelächter.
    So verging fast über eine Stunde, da rief eine laute, zornige Stimme:
    „Verloren! Die letzten tausend Gulden jetzt!“
    Wieder war es still. Eine Stimme sagte:
    „Sechzehn geworfen! Jetzt, Scharfenberg!“
    Nach einer kurzen Pause erklangen abermals laute Rufe. Der Fürst hörte sagen:
    „Zwölf geworfen, Scharfenberg: zwei, vier und sechs. Die tausend Gulden sind futsch!“
    „Hole euch der Teufel! Ich gehe nach Hause.“
    Der Leutnant riß die Tür auf und trat heraus. Sein hochrotes Gesicht und der glühende Blick verrieten die Aufregung, in welcher er sich befand. Niemand folgte ihm. Er machte die Tür wieder hinter sich zu. Als er den Fürsten erblickte, stutzte er und wendete sich fragend an die Kellnerin:
    „Ein Fremder! Wer hat ihn hereingelassen?“
    Da erhob sich der Fürst und antwortete an ihrer Stelle:
    „Gestatten Sie mir, Ihnen das selbst zu sagen. Bleiben Sie hier oder gehen Sie nach Hause?“
    „Das letztere.“
    „Dann bitte ich um die Erlaubnis, Sie zu begleiten.“
    „Warum?“
    „Ich habe mit Ihnen zu sprechen.“
    „In dieser Stunde? Worüber?“
    „Ich werde Ihnen diese Auskunft unter vier Augen geben.“
    „Gut! Hoffentlich ist der Gegenstand so wichtig, daß er Ihre so

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