Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
vielmehr um den Umstand, daß mir kein Anzug fehlt. Man erfährt, daß Sie in Uniform entwichen sind. Man fragt bei den Schneidern oder sonstwo. Ich will beweisen können, daß ich mich im Besitz meiner Kleider befinde.“
    „Gut! Ich werde sie schicken. Wir sind also einig. Sie, Herr Wunderlich, lassen mir für zehntausend Gulden Noten ab, und Sie, Herr Leutnant, tauschen mit mir die Anzüge. Gibt es ein Zimmer, wo wir wechseln können?“
    „Dann nur oben bei mir.“
    „So lassen Sie uns heraufgehen.“
    Er nahm seine Tasche aus dem Treppenverschlage hervor, und dann stiegen die drei Männer nach oben. Nach Verlauf von einer Viertelstunde brachte Wunderlich einen Offizier herabgeführt. Er öffnete vorsichtig die Tür, blickte hinaus, und als er keinen Menschen bemerkte, ließ er ihn heraus.
    Der Baron schritt langsam über den Markt hinüber. Er bemerkte nicht, daß sich von des Nachbars Tür eine Gestalt löste und bis zur nächsten Ecke rannte, wo ein Wächterstand.
    „Erkennen Sie diesen Offizier dort?“ fragte er ihn.
    „Ja.“
    „Folgen Sie ihm nach, und kommen Sie dann wieder an diese Ecke, um es mir zu melden.“
    Der Wächter eilte dem Baron nach. Der andere aber kehrte nach der Tür zurück. Es war kein anderer als Doktor Holm. Er stand wohl über eine Viertelstunde da, als er bemerkte, daß der Wächter wieder zurückgekehrt sei. Er ging zu ihm hin.
    „Nun?“ fragte er.
    „Dieser Offizier ging in kein Haus. Er machte einen ganz eigentümlichen Spaziergang.“
    „Welchen?“
    „An dem Petrikirchhof vorüber und dann über die Wiesen nach dem Fluß hin.“
    „Weiter?“
    „Weiter konnte ich ihm nicht folgen. Es gab keine Deckung mehr für mich. Er hätte mich bemerkt.“
    „Danke! Hier ein Trinkgeld.“
    Holm stand im Begriff, wieder nach der Tür zurückzukehren, als er bemerkte, daß sich diejenige Wunderlichs abermals öffnete. Dieser letztere spähte wieder hervor, und dann trat der Leutnant heraus, in dem Regenmantel des Barons und, unvorsichtiger, gedankenloser Weise, auch dessen Tasche in der Hand.
    Holm sah ihn kommen, kehrte zu dem Wächter zurück und sagte:
    „Halten Sie den Mann an, er ist genauso gekleidet.“
    „Wenn er es aber nicht ist?“
    „So lassen Sie ihn natürlich wieder fort.“
    Der Leutnant wollte vorüber, da aber trat ihm der Wächter in den Weg.
    „Halt! Bitte, woher kommen Sie?“ fragte er.
    „Haben Sie mich danach zu fragen?“
    „Ja.“
    „Weshalb?“
    „Das brauche ich eigentlich nicht zu sagen, aber wir suchen einen, der ganz genauso wie Sie gekleidet ist.“
    „Ich bin es nicht.“
    „Wer sind Sie!“
    „Das ist nur meine Sache.“
    „Wenn Sie sich nicht ausweisen, muß ich Sie zur Wache bringen. Es ist besser, Sie antworten.“
    „Entsetzlich! Ich bin der Leutnant von Scharfenberg.“
    „Den kenne ich nicht. Bitte um Legitimation!“
    „Donnerwetter! Ich werde mich doch nicht hier in meiner Garnison vor jedem Nachtwächter zu legitimieren haben. Ich werde mein Recht suchen.“
    „Das kann mich nicht in Verlegenheit bringen. Sie gehen mit der Reisetasche spazieren?“
    „Ja, wenn es mir beliebt. Was noch?“
    Da trat Holm herzu und sagte zu dem Wächter:
    „Wie nennt sich dieser Herr?“
    „Leutnant von Scharfenberg.“
    „Er ist es auch. Lassen Sie ihn gehen.“
    „Das will ich euch geraten haben“, räsonierte der Offizier. „Dieses Mal will ich es noch hingehen lassen. Laßt es euch zur Lehre dienen.“
    Als er fort war, meinte der Wächter:
    „Da haben wir es. Warum beauftragen Sie mich?“
    „Um eine Spur des Hauptmannes zu entdecken.“
    „Haben Sie sie denn nun?“
    „Ja. Ich werde dafür sorgen, daß es auch Ihnen angerechnet wird.“
    Er ging trotz der späten Stunde nicht nach Hause, sondern er begab sich nach dem Palast Befour. Der Fürst war nicht schlafen gegangen. Es befand sich sogar der Assessor von Schubert bei ihm. Sie zogen es vor, das Ereignis des heutigen Abends nach allen Seiten hin zu beleuchten.
    „Sie kommen noch?“ fragte der Fürst. „Da steht zu vermuten, daß Sie eine Botschaft bringen?“
    „Allerdings, Durchlaucht.“
    „Wegen des Hauptmanns?“
    „Möglich.“
    „Bitte erzählen Sie!“
    „Ich begab mich von Ihnen hinweg nach Hotel Union, um Miß Starton Bericht zu erstatten –“
    „Und –“, fiel ihm der Fürst in die Rede, „auch um die Dame zu beruhigen?“
    „Nebenbei!“ antwortete Holm errötend.
    Der Fürst blickte ihn scharf an, lächelte überlegen, drohte mit dem Finger

Weitere Kostenlose Bücher