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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wirklich behalten?“
    „Ja. Ich verkaufe ihn nun nicht.“
    Der Jude machte noch einen leisen Versuch, den Handel zu ermöglichen, wurde aber nun fast grob zurückgewiesen. Doch war er, als er sich entfernte, mehr als zufrieden mit dem Erfolg seines Besuchs in diesem Haus. –
    Mittlerweile war es fast zwei Uhr geworden, und der Fürst begab sich mit Adolf, welcher vorher seine Livree ab- und Zivil wieder anlegen mußte, nach der Wohnung seiner Eltern.
    „Er war doch noch nicht da?“ fragte er seinen Vater.
    „Nein, aber ein anderer.“
    „Wer?“
    „Er nannte keinen Namen, aber er war bereits schon oft hier. Er sagte, daß er Schlosser sei.“
    „Ach, dieser! Nach wem fragte er?“
    „Nach dem Kunstmaler Brenner.“
    „Ganz recht. Er will zu mir. Hat er einen Ort genannt?“
    „Nein. Ich sagte ihm, daß er halb drei Uhr wiederkommen solle; vielleicht könne ich ihm da Auskunft erteilen.“
    „Das ist sehr gut. Wenn dieser Mann kommt, hat er mir stets etwas Wichtiges zu sagen. Horch, es klingelt!“
    „Wenn es der Buchhändler ist, wohin führe ich ihn?“
    „Nicht zu Bertram, sondern zu uns. Wir gehen in das hintere Zimmer.“
    Es war allerdings der Agent. Er hatte während der Zeit Erkundigungen eingezogen und da erfahren, daß Robert Bertram ein Dichter sei. Das kam ihm äußerst gelegen, denn das gab einen Punkt, mit welchem er seinen Besuch motivieren konnte.
    Als er in das genannte Zimmer trat, fand er daselbst zwei Personen. Die eine, der Fürst, stand am Fenster und kehrte ihm den Rücken zu, so daß er ihn nicht erkennen konnte; die andere, ein junger Mann, saß schreibend an dem Tisch. Der Agent grüßte und verbeugte sich.
    „Was wünschen Sie?“ fragte Adolf.
    „Ich bitte, mit Herrn Bertram sprechen zu dürfen!“
    „Der bin ich.“
    „Entschuldigung, daß ich störe! Ich bin Buchhändler –“
    „Schön! Weiter!“
    „Nicht von hier, sondern aus der Provinz.“
    „Das ist mir ebenso lieb wie angenehm!“
    „Ich höre, daß Sie dichten!“
    „Weiter, weiter!“
    „Ich bin ein Freund der edlen Lyrik und möchte Sie fragen, ob Sie nicht ein Band Gedichte haben, den ich Ihnen drucken und verlegen könnte.“
    „Wo wohnen Sie?“
    „In Willental.“
    „Wie heißen Sie?“
    „Hiller.“
    „Hm! Welch eine Ähnlichkeit! Oder sind sie es etwa dennoch selbst?“
    „Wer?“
    „Ich kenne einen Menschen, welcher einer der größten Schufte auf Gottes Erdboden ist. Und diesem Kerl sehen Sie so ähnlich wie ein Wassertropfen dem anderen.“
    „Tut mir leid! Ich kann nicht dafür.“
    „Der Mensch heißt nämlich Bauer und ist Agent!“
    „Bitte, ich heiße Hiller und bin Buchhändler.“
    „Wirklich? Wirklich?“
    Diese Frage sprach jetzt der am Fenster stehende Fürst aus. Er drehte sich um und warf einen langanhaltenden Blick auf den Agenten. Dieser erkannte zu seinem Schreck den Fürsten von Befour, doch nahm er sich zusammen und antwortete:
    „Ja. Warum sollte ich einen anderen Namen nennen?“
    „Um Herrn Bertram zu betrügen und Ihre Teufelei auszuführen. Was haben Sie einstecken?“
    „Nichts, gar nichts.“
    „Leeren Sie Ihre Taschen!“
    „Mein Gott! Warum?“
    „Hier wird nicht ewig gefragt. Heraus damit!“
    Er faßte den Agenten, welcher vor Schreck gar nicht an Gegenwehr dachte, von hinten bei den Oberarmen und hielt ihn so fest, daß er sich nicht zu regen vermochte. Adolf untersuchte die Taschen und zog einen Revolver und ein Dolchmesser hervor.
    „Warum tragen Sie diese Waffen bei sich?“ fragte der Fürst.
    „Ich bin auf der Reise und kassiere Geld ein. Da ist es gut, sich vor Eventualitäten zu sichern.“
    „Papperlapapp! Machen Sie uns nichts weis. Diesen Revolver und dieses Messer konfisziere ich –“
    „Mit welchem Recht?“
    „Schweigen Sie! Eigentlich sollte ich Sie festnehmen lassen, aber Sie sind mir ein zu elender Wurm. Sie rennen schon noch in das Loch, welches für Sie gegraben ist. Sie sind der Agent Bauer! Machen Sie augenblicklich, daß Sie fortkommen, und sagen Sie Ihrem Hauptmann, daß Robert Bertram, den er töten lassen will, sich in meinem Schutz befinde. Sagen Sie ihm, daß ein Tag der ihm gegebenen Frist abgelaufen sei. Ich halte Wort. Nun aber fort mit Ihnen, fort!“
    Um diesen Worten Nachdruck zu geben, faßte Adolf den Agenten beim Kragen und schob ihn zur Tür hinaus.
    „So, der weiß, woran er ist!“ lachte er. „Aber der Teufel soll mich holen, wenn es nicht auf Herrn Bertrams Leben abgesehen war!“
    „Ganz gewiß.

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