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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sie und ihre Eltern zu besuchen. Auch die anderen waren herzlich gegen sie, und als dann das Paar entlassen war und die Straße erreichte, blieb der Alte stehen, faßte seine Frau beim Arm und sagte:
    „Du, das hätte die Kantorin sehen sollen!“
    „Und die Dorfrichterin.“
    „Waren das noble Leute, Herrgottsakra!“
    „Und gute Leute!“
    „Ja. Diesen Tag werde ich im Leben nicht vergessen! Fünfzehntausend Gulden und eine Zigarre im Mund, von einem adeligen Herrn, welcher Oberlandesgerichtsrat ist! Man kann es kaum ausdenken.“
    „Was wird der Vetter sagen?“
    „Wollen machen, daß wir hinkommen!“
    „Ja. Du, wie wäre es, wenn wir führen?“
    „Meinst du?“
    „Na, wir sind reich!“
    „Und es ist so weit.“
    „Gut, wir fahren. Wenn wir wieder in unserem Wald sind, werden wir von selbst laufen müssen.“
    Sie nahmen sich also eine Droschke. Es war ein ganz neuer Geist in sie gefahren.

ZWEITES KAPITEL
    Ein Gift tut seine Wirkung
    Als sie in der Wohnung des einstigen Wachtmeisters ankamen, saß Anton dort. Er lächelte ihnen entgegen, nickte verständnisvoll und sagte:
    „Fertig mit dem Geschäft?“
    „Mit welchem denn?“
    „Mit dem Geldgeschäft.“
    „Ah, was wissen Sie!“
    „Nur sachte, lieber Freund! Denken Sie, ich hätte nicht gewußt, weshalb man Sie nach der Residenz bestellte?“
    „Was? Sie hätten es gewußt?“
    „Sehr gut. Fragen Sie hier den Herrn Wachtmeister. Ich habe ihm gestern abend erzählt, daß der Köhler Hendschel den Preis von fünfzehntausend Gulden ausgezahlt bekommen werde.“
    „Woher wußten Sie es denn?“
    „Vom Fürsten.“
    „Und mir sagten Sie vorhin nichts davon!“
    „Das war nicht nötig. Mir scheint, daß Sie Ihren Käse sehr gut verkauft haben.“
    „Ausgezeichnet. Aber eins tut mir leid.“
    „Was denn?“
    „Daß ich Ihnen das Geld weggenommen habe.“
    „Mir? Mir gehörte es ja gar nicht.“
    „Sie haben aber den Hauptmann gefangengenommen, noch dazu mit Lebensgefahr!“
    „Aber Sie haben mir den Weg gezeigt.“
    „Wir hätten wenigstens teilen sollen.“
    „Lassen Sie das! Ich bin Ihnen nicht bös.“
    „Aber sind Sie denn so reich, daß Ihnen fünfzehntausend Gulden so schnuppe sind?“
    „Für mich ist gesorgt.“
    „Sind Sie avanciert?“ fragte der Wachtmeister.
    „Noch nicht. Aber da ich den Hauptmann ergriffen habe, wird man wohl ein Einsehen haben. Übrigens machte der Fürst mir heute eine Überraschung, die ich nicht für möglich gehalten hätte.“
    „Freudig?“
    „Sehr. Als er sich vor einiger Zeit hier niederließ, erbat er sich zu gewissen Zwecken zwei Geheimpolizisten, welche unter der Firma von Lakaien bei ihm wohnen sollten. Ich wurde mit Adolf zu ihm kommandiert. Es ist uns gelungen, ihm nützlich zu werden, und so machte er uns heute die Eröffnung, daß er uns von jetzt an bis zu unserem Tod eine Pension von jährlich tausend Gulden bestimme. Ist das nicht nobel?“
    „Außerordentlich. Er ist überhaupt ein außerordentlicher Mann. Mir zahlt er ja auch die Pension, ohne daß ich ihm etwas genützt habe.“
    Anton lächelte.
    „Hm!“ sagte er. „Vielleicht weiß ich, warum er sie Ihnen zahlt, bester Wachtmeister.“
    „So? Nun, weshalb denn?“
    „Wegen des einzigen Fehlers, den Sie begangen haben.“
    „Das wäre mir unbegreiflich. Sie meinen doch die Flucht Brandts damals?“
    „Ja.“
    „Was geht ihn dieser Brandt an?“
    „Er kennt ihn.“
    „Was? So lebt Brandt noch?“
    „Ja.“
    „Und wo befindet er sich?“
    „Das ist Geheimnis. Aber er wird wiederkommen –“
    „Um sofort festgenommen zu werden!“
    „Nein, sondern um zu beweisen, daß er unschuldig war.“
    „Was Sie sagen!“
    „Brandt ist in der Fremde reich geworden. Er hat erfahren, daß Sie ohne Amt und Pension sind, und da er den Fürsten kennt, so hat er ihn beauftragt, Ihnen die Pension zu zahlen.“
    „So bekomme ich sie nicht vom Fürsten, sondern von Brandt?“
    „Ja.“
    „Wer hätte dies geahnt! Hörst du es, Anna?“
    „Ja“, antwortete sie.
    Sie hatte überhaupt dem Gespräch mit glückstrahlendem Gesicht zugehört, und sie hatte Veranlassung dazu.
    „Wer aber soll damals der Mörder gewesen sein, wenn Brandt unschuldig war?“ fragte der Wachtmeister.
    „Ganz derselbe, welcher im vergangenen Winter Fräulein Anna nach der Restauration lockte.“
    „Wo sie der Fürst errettete?“
    „Ja.“
    „Wer war dieser Mensch? Man kannte ihn ja nicht.“
    „O doch! Es war der Hauptmann.“
    „Herrgott!“

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