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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vollends auf!“
    Die Augen der Anwesenden ruhten mit Spannung auf den beiden Alten. Sie faltete den Umschlagbogen auseinander, warf einen Blick auf den Inhalt und rief:
    „Kassenbillets!“
    „Herrgott, ja!“ stimmte er bei.
    „Richtige Kassenbillets, Alter!“
    „Wie viele denn?“
    „Eins, zwei – vier, fünf – zehn – fünfzehn!“
    „Zeig her, zeig her!“
    Er nahm ihr eins aus der Hand, betrachtete es genau und rief fast überlaut vor Freude:
    „Frau, weißt du, was da drauf steht?“
    „Na, was denn?“
    „Eine Tausend!“
    „Du bist nicht gescheit!“
    „Ja, eine Tausend. Schau her!“
    Sie prüfte eine Banknote und zählte:
    „Eine Eins mit drei Nullen. Eine Null ist Zehn, zwei Nullen sind Hundert, drei Nullen sind Tausend! Herrgott ja, es sind Tausendguldenscheine!“
    „Und wieviel, Alte?“
    „Fünfzehn.“
    „Merkst du etwas?“
    „Was denn?“
    „Du merkst nichts, wirklich nicht? Na, zehntausend Gulden tot und fünfzehntausend Gulden lebendig!“
    Da schlug sie die Hände zusammen und rief:
    „Für den Hauptmann?“
    „Freilich, freilich!“ jubelte er.
    „Du heilige Weihnachten! Ich muß mich setzen, gleich hierher! Mir schlägt der Schreck in die Glieder!“
    Sie setzte sich gleich auf der Stelle, wo sie stand, auf die Diele nieder. Er aber warf die Kassenscheine auf den Tisch, kniete neben sie hin, faßte sie beim Kopf und fragte voller Angst:
    „Alte, meine liebe Alte, wird es dir schlecht?“
    „Nein, gut, aber so schwach“, antwortete sie, den Kopf auf seine Achsel legend.
    „Werde mir nur nicht etwa krank, sonst pfeife ich auf das ganze Geld! Du bist mir lieber als die Scheine!“
    „Alter, Alter! Ist das wahr?“
    „Natürlich, natürlich! Nimm dich zusammen! Wird es dir noch nicht besser?“
    Es war eine wirklich rührende Szene. Den Anwesenden wollten die Tränen in die Augen treten. Fanny von Hellenbach goß Wein in ein Glas, kniete zu der Alten nieder und sagte:
    „Trinken Sie einen Schluck. Das wird Sie stärken!“
    „Sie Gute! Ja, ich will trinken.“
    Sie nippte und nippte, bis das Glas halb leer war. Dann sagte sie seufzend:
    „Das tut gut, das stärkt. Es wird mir besser.“
    Da nahm ihr der Alte, welcher noch neben ihr kniete, das Glas aus der Hand und meinte:
    „Da will ich auch trinken. Es ist mir ganz schwummrig.“
    Er trank es vollends leer. Die Anwesenden mußten unwillkürlich lachen. Es sah ja so possierlich aus und klang auch tragikomisch. Er aber sagte ernsthaft:
    „Na, wegen des Geldes wird mir nicht schwach, sondern wegen meiner Alten. Ich habe gehört, daß auch die Freude den Menschen umbringen kann. Was würde mir das Geld nützen, wenn ich meine Frau dafür hingeben müßte. Das wäre kein Spaß. Komm, steh auf!“
    Er zog sie empor und führte sie zu einem Stuhl. Dort setzte sie sich nieder und sagte:
    „Alter, wir sind doch recht sehr dumm!“
    „Wieso denn?“
    „Lassen wir uns so ins Bockshorn jagen!“
    „Na, doch wohl nicht!“
    „Wie kann denn dieses Geld unser sein!“
    „Ich habe ja die Polizei nach Langenstadt geführt!“
    „Aber gefangen hast du den Hauptmann nicht!“
    „Lassen Sie diese Bedenken ruhen“, meinte der Rat. „Ich habe höheren Orts den Befehl erhalten, Ihnen die Prämie auszuzahlen, weil Sie es ermöglicht haben, daß der Hauptmann gefangen wurde. Er hat jedenfalls beabsichtigt, nur bis zur Ankunft gewisser Postsachen in Langenstadt zu bleiben; dann wäre er mit dem Vermögen des Amerikaners verschwunden und wir hätten ihn nie in unsere Hand bekommen. Das Geld gehört nur allein Ihnen.“
    „Aber Herr Anton –“
    „Lassen Sie das“, sagte der Fürst. „Was er getan hat, das wird ihm auch ohnedies belohnt.“
    „Also ist das Geld unser, wirklich unser?“
    „Ja. Es ist Ihr Eigentum.“
    „Alte, meine liebe Alte.“
    Sie umarmten sich und weinten, bitterlich zwar, aber vor Freude. Dann, als sie sich gefaßt hatten, legte der Rat ihnen die Quittung vor, welche der Köhler unterschreiben mußte. Dann wurde ihnen von sämtlichen Anwesenden herzlich gratuliert.
    „Jetzt können Sie sich Waschbecken und Kaffeekanne kaufen“, sagte Fanny von Hellenbach.
    „Und ich“, meinte der Alte, „ich kaufe mir sofort, wenn ich jetzt auf die Gasse komme, eine Zigarre für drei Kreuzer. Da will ich qualmen.“
    „Das können Sie schon jetzt tun“, meinte der Rat. „Hier nehmen Sie!“
    Er reichte ihm sein Etui hin, und Hendschel brannte sich die Zigarre an. Fanny von Hellenbach lud die Alten ein,

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