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69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

Titel: 69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Versuch zu machen. Wo befindet er sich?“
    „In seiner Stube.“
    „Allein?“
    „Nein. Es sind zwei Gendarmen bei ihm.“
    „Vor ihnen darf ich mich nicht scheuen. Nur fragt es sich, ob sie mir erlauben werden, zu ihm zu kommen.“
    „Sie haben freilich den strengen Befehl, ihn mit keinem Bewohner der Mühle verkehren zu lassen. Aber sie wissen, wie sehr beteiligt ich bei dieser Angelegenheit bin und werden dir auf meine Befürwortung hin vielleicht die Erlaubnis geben.“
    „So bitte, komm, geh mit hinab!“
    Sie wendete sich zum Gehen. Er hielt sie noch zurück und sagte in besorgtem Ton:
    „Unterlaß es lieber noch, Paula! Du bist bereits entsetzlich aufgeregt. Zu dem, was du vorhast, gehört eine Stärke, welche du in diesem Augenblick wohl kaum besitzt.“
    Jetzt ging doch ein Lächeln, wenn auch ein sehr mattes, über ihr jugendlich-schönes Gesicht.
    „Meinst du auch, daß nur die Männer stark sein können?“ fragte sie.
    „Nein, das meine ich nicht. Es gibt ja Lagen, in denen selbst der stärkste Mann sich schwach fühlen kann, und die deinige, in welcher du dich selbst befindest, scheint eine solche zu sein.“
    „Ich habe gehört, daß oft dann, wenn es den Männern an Stärke gebricht, die Frauen eine Kraft zeigen, welche man ihnen nicht zugemutet hat. Du wirst sehen, daß ich nur dir gezeigt habe, wie mich die Kunde von den Verbrechen meines Vaters erschüttert hat. Dieser aber nicht, und auch kein fremder Mensch, soll bemerken, daß ich ins tiefste Leben hinein getroffen bin. Also komm mit hinab!“
    Sie schritt voran, und er folgte ihr. Ihre Haltung war aufrecht, fast stolz, und ihr Gang sicher. Dieses junge, unerfahrene Mädchen hatte in den wenigen Augenblicken eine Schule durchgemacht, zu welcher andere lange Jahre gebrauchen. Sie war in dieser kurzen Zeit zu der Erkenntnis gelangt, daß sie in Beziehung sowohl auf ihr inneres als auch auf ihr äußerliches Leben von jetzt an nur auf sich selbst angewiesen sein werde.
    Und eigentümlich war es auch, daß sie im Verlauf ihres Gesprächs mit dem Fex hochdeutsch gesprochen und sich nicht ihres ländlichen Dialektes bedient hatte. Es ist das keineswegs ein psychologisches Rätsel, welches nicht gelöst werden kann. Wenn fremde, bisher unbekannte Gewalten die Seele bewegen, ist es nur ganz selbstverständlich, daß auch die Sprache eine andere wird.
    Als sie die Tür zu der Stube des Müllers öffneten, sahen sie diesen auf seinem Rollstuhl am Tisch sitzen. Er hielt die Augen geschlossen, als ob er schlafe. Das war nur Verstellung. Er wollte ungestört über seine Lage und den Ausweg aus derselben nachdenken. Auch lag es ganz in seinem Charakter, die beiden anwesenden Gendarmen keines Blickes zu würdigen.
    Der eine derselben kam auf die beiden Eintretenden zu und fragte nach ihrem Begehr.
    „Darf ich vielleicht einmal mit meinem Vater sprechen?“ erkundigte sich Paula.
    „Nein, Fräulein.“
    „Warum nicht?“
    „Ihr Vater darf jetzt mit keinem Menschen verkehren. Es liegt das ganz in der Natur der Sache.“
    „Aber ich verspreche Ihnen, daß ich kein Wort zu ihm sagen werde, was ich nicht zu ihm sagen darf.“
    „Darauf kann ich leider nicht eingehen.“
    „Aber ich werde mein Versprechen sehr gern und ganz genau halten!“
    „Das können Sie nicht. Sie wissen ja gar nicht, was Sie sagen dürfen und was nicht. Und der Gefangene würde dieses Gespräch ganz gewiß nur zu Mitteilungen oder Winken benutzen, die wir unmöglich gestatten dürfen.“
    Jetzt warf sie einen Blick auf den Fex, ihn stumm bittend, sich ihrer und ihres Wunsches anzunehmen. Der junge Mann wandte sich in flüsterndem Ton an den Gendarmen:
    „Sie können es ihr getrost erlauben. Ihre Absicht ist nur vorteilhaft für den Verlauf der betreffenden Untersuchung.“
    „Inwiefern?“
    „Sie will ihren Vater auffordern, ein offenes Geständnis abzugeben.“
    Der Polizeibeamte zuckte die Achsel und antwortete:
    „Wer gibt mir Garantie?“
    „Ich.“
    „Sie sind nicht Beamter.“
    „Aber es liegt in meinem Interesse, daß nichts Störendes sich ereigne.“
    „Das mag sein; aber ich kann das Risiko doch nicht übernehmen. Selbst wenn sie die beste Absicht hat, kann ihr Vater das Gespräch zu einer Bemerkung benützen, welche schädigend in den Verlauf des Kriminalprozesses einwirkt. Übrigens ist der hartköpfige Alte nicht der Mann, welcher sich durch eine einfache Bitte seiner Tochter bewegen läßt, die Rettungsgedanken aufzugeben, mit denen er sich ganz sicher

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