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69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

Titel: 69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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noch trägt.“
    „Sie schlagen uns also die Bitte ab?“
    „Nur ungern, aber doch ganz bestimmt. Meine Instruktion ist so streng und gemessen, daß ich mich durch nichts bewegen lassen kann, gegen dieselbe zu handeln.“
    „So müssen wir uns leider zurückziehen.“
    „Ich ersuche Sie allerdings darum. Ich habe eigentlich bereits gegen die mir erteilten Befehle verstoßen, indem ich sie hier eintreten ließ. Ich darf keinen Menschen zu meinem Gefangenen hereinlassen.“
    Der Fex nahm Paula bei der Hand und entfernte sich mit ihr. Gerade als sie aus der Tür traten, kam der Assessor zur Haustür herein.
    „Wie?“ fragte er erstaunt. „Sie waren drin beim Müller?“
    Seine Stirn legte sich dabei in Falten.
    „Wir wollten zu ihm“, erklärte der Fex, „sind aber von den Gendarmen zurückgewiesen worden.“
    Die Stirn des Gerichtsbeamten glättete sich wieder, und er bemerkte:
    „Mein Befehl, welcher sehr streng ist, lautete allerdings, daß kein Mensch Zutritt nehmen dürfe, am allerwenigsten ein Bewohner dieses Hauses. Darf ich fragen, was Sie bei Ihrem Vater wollten?“
    Diese Frage war an Paula gerichtet. An ihrer Stelle erklärte der Fex, welche Absicht das Mädchen verfolgt hätte. Der Assessor blickte eine Weile sinnend vor sich nieder, dann antwortete er:
    „Sie verfolgen zwar einen sehr lobenswerten Zweck, allerdings, ich habe nicht die mindeste Hoffnung, daß Sie ihn erreichen werden. Ihr Vater ist ein hartgesottener Charakter. Bei ihm wirken gute Worte geradeso wie hohle Gummibälle, welche von der Mauer abprallen, an welche man sie wirft.“
    „Wollen wir es nicht wenigstens einmal versuchen?“ fragte das Mädchen schüchtern.
    „Sie haben wirklich nicht die Absicht, irgendeine Ungehörigkeit zu begehen?“
    „Nein. Ich würde dadurch ja die Mitschuldige meines Vaters werden, und dazu habe ich freilich keine Lust.“
    „Nun gut, so soll Ihre Bitte erfüllt werden, aber weniger in der Hoffnung, daß Ihr Zweck erreicht wird, sondern nur aus Rücksicht auf die Teilnahme, welche ich Ihrer Person widme. Kommen Sie also mit herein!“
    Er öffnete die Stubentür, damit Paula eintreten möge, und da er den Fex nicht hinderte, so nahm auch dieser mit Zutritt.
    Der Assessor schritt auf den Müller zu, welcher noch ebenso regungslos und mit geschlossenen Augen dasaß wie vorhin und sagte:
    „Müller, schlafen Sie?“
    Es erfolgte keine Antwort.
    „Kellermann!“ rief nun der Beamte den Müller bei dessen Namen.
    Auch das hatte ganz denselben Mißerfolg.
    „Ihre Tochter ist da. Sie will mit Ihnen reden.“
    Der Gefangene bewegte sich noch immer nicht und behielt auch die Augen geschlossen. Da gab der Assessor Paula einen Wink und trat zurück. Das Mädchen ging zu ihrem Vater. Ihre Schritte waren leise, aber fest und sicher. Ihr Gesicht war totenbleich und ohne bewegte Mienen.
    „Vater!“ sagte sie.
    Trotzdem sie nur dieses eine Wort gesprochen hatte, hörte man doch, daß ihre Stimme zitterte. Der Angeredete aber tat noch immer, als ob er nichts höre.
    „Vater, ich bin da, die Paula!“
    Keine Antwort.
    „Vater“, rief sie nun mit laut erhobener Stimme, „hörst mich nicht oder willst mich bloß nicht hören?“
    Und als auch jetzt keine Antwort erfolgte, so fuhr sie fort:
    „Meinst etwa, ich soll denken, daßt schläfst oder nicht beim Bewußtsein bist? Gegen mich brauchst dich nicht zu verstellen. Ich will mit dir reden, und wannst mich nicht hören willst, so kann ich ja gehen. Aber denk nur nicht, daß ich dann wiederkomm. Wann ich jetzund von dir gehe, ohne daßt mich angehört hast, so bekommst mich im ganzen Leben nimmer wieder zu sehen.“
    Da machte er eine leise Bewegung, ohne jedoch die Augen zu öffnen.
    „Also, sag, obst mich hörst.“
    „Ja“, antwortete er leise.
    „So mach auch die Augen auf!“
    Jetzt hob er langsam die Lider empor. Sein Blick glitt blitzschnell, so daß es kaum bemerkt werden konnte, im Zimmer umher und blieb dann an der Tochter haften. Wäre dieselbe unerwartet vor ihn hingetreten, vielleicht hätte er dann seine Verlegenheit für den ersten Moment nicht bemeistern können; jetzt aber, wo er bereits seit einigen Minuten wußte, daß sie mit ihm sprechen wolle, zeigte sein Auge ganz die gewöhnliche, kalte, gefühllose Strenge und Festigkeit. Er tat, als ob er keine der anderen Personen sehe, und hielt das Auge nur auf Paula gerichtet.
    „Was willst?“ fragte er kurz.
    „Hast jetzund geschlafen, Vatern?“
    „Nein.“
    „Warum machst die Augen

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