69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen
du!“
„Ja, und ich bin's doch auch.“
„Du! Du! Du selber hättest so ein gar großes Geldl?“
„Ja, freilich!“ nickte er.
„Das sagst doch nur im Spaß!“
„Nein, sondern im Ernst. Weißt, ich will's dir verzählen. Kennst doch denen alten Wurzelseppen?“
„Natürlich kenn ich den.“
„Der hat mich zuweilen aufsucht, als ich in München beim Militär stand. Ich bin nicht gern in die Restaurationen und Tanzsälen laufen und hab lieber daheim sessen und ein gutes Buch lesen. Auch hab ich zuweilen für denen Hauptmann was schrieben, um mir ein Geldl zu verdienen. Das hat der Sepp merkt und sich darüber freut. Er hat fragt, ob ich auch wohl Noten schreiben könnt, und ich hab sagt, noch nicht, aber ich möcht's wohl bald lernen. Da hat er mir Violinennoten bracht. Die hab ich erst abmalt, langsam, dann aber ist's immer schneller gangen. Die sind für einen gewest, der hat einen gar wunderbaren Namen gehabt. Fex hat er geheißen. Der Sepp hat mir das Geldl bracht, und es war stets viel mehr, als ich denkt hab. Sodann hat er mir auch andere Sachen bracht, Manuskripten von einem Schriftstellern. Dadurch hab ich mir was verdient und es mir zurücklegt. Jetzunder wollt ich mir ein neues Gewandl kaufen und Wäsch und noch mehr; aber da die Kuh bezahlt werden muß, so ist das notwendiger. Soll ich's holen?“
„Ludwig, Ludwig“, jubelte die Mutter, „was bist für ein guter, braver Bub!“
„Schweig, Muttern! Ich bin gar nicht braver, als ich sein muß.“
„Und das willst wirklich hergeben?“
„Ja, ganz gern.“
„Und wieviel ist's?“
„Grad, als ob ich's wüßt hätt, wieviel brauchst. Hundertundvierzig Mark hab ich mir derschrieben, und vierzig Mark hab ich für die Uhr. Das macht grad hundertachtzig.“
„Aber nachher hast gar nix mehr!“
„Ich brauch jetzt nix. Und bald ist das Vierteljahr um; da bekomm ich wieder Lohn. Soll ich's holen?“
„Obst's holen sollst! Ja, ja, und doch auch wiederum nein, nein! Mir ist damit geholfen, aber es tut mir doch in der Seelen weh, wannst das schöne Geldl so hergeben sollst, nachdemst's so schwer verdient hast und dich gefreut, daßt dir was dafür kaufen kannst.“
„Wann du damit die Sorg los wirst, hab ich eine noch viel größere Freuden. Also ich lauf, ich hol's!“
Er stand von seinem Stuhl auf.
„Hast's denn hier im Haus?“
„Natürlich. In meiner Stuben ist's, in der Truhen, im Nebenkästchen in einem ledernen Beutel – hm, da fallt mir ein, daß ich vorhin den Schlüssel hab stecken lassen. Das schadet aber nix. Es gibt keinen Spitzbuben hier im Haus. Ich geh also und bin gleich wieder hier, liebs Mutterle.“
„Ja, geh, mein Sohn! Ich will's annehmen, und der Herrgott wird dir's lohnen. Jetzund ist das Leid zu End, und nun erst schmeckt mir auch dies Essen. Komm her, Bub, ich muß dir einen Kuß geben! Verdient hast ihn sehr.“
Während sie sich umarmten, huschte Gisela vom Fenster weg und zur Küche hinaus. Als dann Ludwig hinauskam und zur Treppe hinauf wollte, kam sie scheinbar von oben herab.
„Du bist es, Ludwig“, sagte sie. „Ist deine Mutter noch da?“
„Ja, drinnen in der Stube.“
„So hast du leider keine Zeit.“
„Hast du eine Arbeit für mich?“
„Eine Arbeit nicht, aber einen kleinen Weg, nur eine Minute.“
„Das kann ich ja tun.“
„Wirklich? Aber du wirst dann deiner Mutter fehlen!“
„Die hat Zeit. Wohin soll ich gehen?“
„Nur hinunter zum Stern-Bauern. Da sollst du fragen, ob die Fredi schnell einmal zu mir kommen kann. Es ist sehr notwendig, sonst würde ich dich nicht von deiner Mutter wegnehmen. Und dich schicke ich doch am liebsten. Das weißt du ja.“
Er errötete unter dem freundlichen Blick, welcher ihn aus dem Auge des schönen Mädchens traf.
„Ich gehe schon!“ sagte er. „Ich will's nur erst der Mutter mitteilen.“
Er öffnete die Stubentür und rief hinein:
„Ich werd gleich erst mal einen Weg schickt, bin aber in zwei Minuten wieder da!“
Dann eilte er fort, ganz glücklich darüber, Gisela einen Privatgefallen tun zu können. Kaum aber war er fort, so huschte sie nach ihrem Stübchen, schloß die Kommode auf, machte ihr darin befindliches Portemonnaie auf und nahm aus demselben so viel, wie sie gerade erwischte. Dann eilte sie weiter nach der Kammer Ludwigs.
Er bewohnte dieselbe ganz allein, ein Vorzug, welchen der Bauer ihm eingeräumt hatte als Beweis, daß er mit ihm zufrieden sei. Der Schlüssel steckte an. Die Truhe stand neben dem Bett.
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