70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament
sich noch kein Mensch um ihn bekümmert. Komm, trink lieber, als daß du dir solche unnötigen Sorgen machst.“
Die Gläser klangen wieder. Die dritte Flasche wurde geöffnet. Die beiden sprachen noch mancherlei, was aber den Wurzelsepp nicht interessierte. Sie tauschten Liebkosungen aus, welche derart waren, daß er vorzog, sich zu entfernen. Er erhob sich deshalb leise und schlich sich davon.
„Himmelsakra!“ sagte er zu sich leise. „Das war gut, daß ich auf denen Gedanken kommen bin, grad durch den Wald zu laufen. Was ich da hört hab, das soll wohl Nutzen bringen. Aber merken darf's niemand, daß ich von da hinten kommen bin. Ich werd einen Umwegen machen, damit ich wiederum auf die Straße gelangen tu.“
Er führte diesen Vorsatz aus und kam dann von der Vorderseite an das Schloß. Es war kein Mensch zu sehen, weder unter dem Portal noch auf der Treppe. Die Herrschaft war verreist; da gab es lockere Disziplin. Eben wollte der Sepp die Treppe emporsteigen, da fiel sein Auge auf eine Tür des Flurs, auf welcher das Wort ‚Hausmeister‘ zu lesen war.
„Potz Blitz!“ sagte er sich. „Da drinnen wohnt der Kerl. Ob ich mal gleich nach dem Dreimaster schau? Hm! Besser ist besser! Die dicke Köchin könnt halt gar den Einfall haben, ihm zu raten, das Ding woanderst zu verstecken.“
Er klopfte an, aus Vorsicht. Niemand antwortete. Er trat also ein.
Jetzt befand er sich in der Hausmeisterloge, welche recht wohnlich eingerichtet war. Einen Kleiderschrank gab es da nicht. Darum trat er durch eine zweite Tür. Hier gab es ein Schlafzimmer mit einem Bett. Ein großer, doppeltüriger Schrank stand da. Er öffnete ihn.
Das Möbel hing voller Kleider. Unten auf dem Boden lag – der gesuchte Dreimaster. Sepp nahm ihn auf und betrachtete sich ihn genau. Er hatte ein dickes, schwarzwollenes Futter, welches durch eine Schnur zusammengezogen war. Er zog diese Schnur auf, und da steckte wirklich ein Papier.
Er faltete es auseinander und überflog den Inhalt. Es war der gesuchte sogenannte Revers, unterzeichnet und mit seinem Siegel versehen von dem Baron Friedrich von Alberg.
„Weg damit!“ meinte Sepp, indem er es in seine Tasche steckte.
Er legte den Hut zurück und machte den Schrank wieder zu. Schon wollte er in das vordere Zimmer treten, da hörte er die Außentür gehen. Stimmen ließen sich hören. Er lauschte einen Augenblick.
„Himmelsakra! Da kommt der Hausmeistern mit seiner dicken Köchinnen! Wohin steck ich mich doch nur?“
Er blickte sich um.
„Da unters Betten. Schnell hineini!“
Er schob erst den Alpenstock, dann den Rucksack und endlich auch sich selbst unter das Bett. Das ging freilich sehr mühsam, da dasselbe sehr niedrig war.
Der Hausmeister war unverheiratet. Kein Wunder, daß es bei ihm nicht diejenige Ordnung und Reinlichkeit gab, wie in einer Wohnung, welche von der sorgsamen Hand einer Frau geordnet wird.
In den Winkeln gab es Staub, und unter dem Bett war wohl seit Wochen nicht ausgekehrt worden, der Staub lag hier bedeutend dick.
„Na, eine schöne Geschichten!“ knurrte der Alte. „Wann mir der Dreck in die Nasen kommt und ich muß niesen, so kann's mich gefreun. Oder wann gar recht schöne Flöhen hier umherspringen und geraten mir auf meine Haut, so daßt ich kratzen muß, nachher ist's aus mit meinem Anonym. Schön behaglich ist's bei dem Kerlen nicht! Ah, jetzt kommen's! Sepp, sei still!“
Die Tür wurde geöffnet. Die beiden traten ein.
„Das ist mein Schlafzimmer“, erklärte er.
„O weh!“ antwortete sie.
„Was?“
„Junggesellenwirtschaft!“
„Tut nichts. Das wirst du ändern.“
„Hier etwa?“
„Gewiß! Hier wohnt sich's ja schön.“
„Nein. Hier können wir nicht wohnen. Wenn wir verheiratet sind, so haben wir keinen Platz.“
„Meinst du? Hm!“
„Da gibt's kein Hm! Der Baron muß ein anderes Logis schaffen. Für dich allein genügt es. Aber dann – denke nur daran, daß wir auch Kinder haben werden!“
„Hoffentlich!“ lachte er. „Komm, Schatz! Dafür muß ich dir einen Schmatz geben.“
Sepp hörte an dem Geräusch, daß sie nicht nur einen, sondern mehrere erhielt. Dann sagte sie:
„Nur nicht so ungestüm! Auch in der Liebe muß man Maß und Ziel halten. Wollen uns setzen.“
„Aber wohin?“
„Leider gibt es nur einen Stuhl. Also hier auf das Bett.“
Der Dicken war der Weg vom Garten nach dem Schloß zurück so schwer geworden, daß sie sich bereits wieder ermüdet fühlte. Sie ließ sich mit einem tiefen
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