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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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der jetzigen, sondern ihrer Mutter, bei einer alten Tante erzogen worden war. Die Gnädige hatte unsern Baron nicht heiraten sollen und war deshalb enterbt worden; Sandaus Frau aber sollte alles erben. Darum mußte Sandau ins Gefängnis gebracht werden.“
    „Wie schlau!“
    „Ja, der Baron hat stets gewußt, was er tut. Aber die Tante hatte das Testament bereits gemacht. Es war von drei Zeugen unterschrieben worden. Diese Zeugen mußten fort. Der eine starb am Typhus. Nun waren noch zwei zu beseitigen.“
    „Zu ermorden? Das meinst du doch nicht?“
    „Bewahre!“ lachte der Hausmeister auf. „Sie hießen Herr von Schöne und Herr von Selbmann. Beide waren Edelleute. Der Herr von Schöne mußte sich selbst umbringen.“
    „Mußte?“
    „Ja.“
    „Wer konnte ihn denn zwingen?“
    „Mein Herr, der Baron.“
    „Ach geh! Kein Mensch kann den andern zwingen, sich zu töten.“
    „Oh, doch!“
    „Wodurch?“
    „Durch ein amerikanisches Duell.“
    „Was ist das?“
    „Bei einem gewöhnlichen Duell kämpfen die beiden miteinander, beim amerikanischen aber wird nicht gekämpft, sondern das Los gezogen. Wer das Todeslos zieht, muß sich nach einer ganz bestimmten Zeit töten.“
    „Das ist doch schrecklich. Wenn er sich aber nicht umbringt?“
    „So gilt er für ehrlos. Er wird überall ausgestoßen, und kein Mensch mag etwas von ihm wissen. Dadurch wird er in eine solche Verzweiflung versetzt, daß er sich schließlich doch noch das Leben nimmt.“
    „Diese vornehmen Herren sind doch ganz und gar dumm! Mich möchten sie immer anschaun, wie sie wollten, ich brächte mich doch nicht um; ich lachte sie nur aus.“
    „Ja, du bist gradso gescheit wie ich. Mich brächte auch kein Mensch zum Selbstmord.“
    „Dieser Herr von Schöne hat also das Todeslos gezogen?“
    „Ja.“
    „Aber dein Herr konnte es doch auch ziehen!“
    „Nein. Dafür hatte ich gesorgt.“
    „Du?“
    „Ja. Die Sache war schon längst abgekartet. Es wurden zwei Lose gemacht, ein schwarzes und ein weißes; aber ein drittes, welches auch schwarz war, hatte ich in der Hand. Ich mußte den Hut meines Herrn halten, in welchen das schwarze und das weiße Los geworfen werden sollte. Während ich schüttelte, verwechselte ich das weiße mit meinem schwarzen, so daß sich nun zwei schwarze darin befanden. Herr von Schöne zog zuerst, und folglich war das seinige schwarz. Während alle Anwesenden nach ihm sahen, als er das Los öffnete, nahm ich das zweite schwarze heraus und legte das weiße hinein; dieses zog mein Herr.“
    „So war es! Jetzt begreife ich es. Und jener Herr von Schöne hat sich umgebracht?“
    „Ja. Er hat sein Testament gemacht und darin mit gesagt, daß er infolge eines amerikanischen Duells sterbe. Ist da mein Herr der Mörder gewesen?“
    „Nein.“
    „So ähnlich war es auch mit dem andern Zeugen, dem Herrn von Selbmann. Der war ein leidenschaftlicher Bergfex.“
    „Was ist das?“
    „Einer, der alle Jahre in die Alpen läuft und dort die Berge ersteigt.“
    „Ist das gefährlich?“
    „Ja. Man kann sehr leicht den Hals brechen. Mein Herr reiste ihm nach, ich natürlich mit. Nach einigen Wochen trafen wir ihn endlich in einem Hotel. Er erwähnte, daß er morgen einen Gletscher besteigen werde. Das war nicht gefährlich. Am frühen Morgen stiegen wir voran. An einer Stelle, wo man auf Stufen niedersteigen mußte, welche in das Eis gehauen waren, mußte ich vier dieser Stufen mit dem kleinen Handbeil, welches wir mitgenommen hatten, so unterhöhlen, daß derjenige, welcher sie betrat, in die Tiefe stürzen mußte, weil sie unter ihm zusammenbrachen.“
    „Und er stürzte?“
    „Ja.“
    „Und war tot?“
    „Augenblicklich. Wer ist da der Mörder?“
    „Niemand. Er hätte die Stufen untersuchen sollen.“
    „Natürlich. Der Kerl war ein Esel.“
    „Aber es konnte auch eine andere Person kommen und an seiner Stelle verunglücken!“
    „Nein. Wir hatten uns vorgesehen. Wir versteckten uns in der Nähe und paßten auf, wer kommen werde. Wäre es ein anderer gewesen, so hätten wir ihn gewarnt. Da er es aber war, so ließen wir ihn ruhig weiter laufen.“
    „So waren also die Zeugen nun fort?“
    „Ja. Jetzt galt es nur, das Testament, in welchem die Frau Baronin enterbt war, umzutauschen.“
    „Wie konnte das geschehen?“
    „Sehr einfach. Ich holte es.“
    „Du bist eingebrochen?“
    „Gott bewahre! So etwas fällt mir gar nicht ein. Einbrechen! Wie gemein! Ich vermietete mich zu der alten Tante. Ich hatte

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