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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sehr gute Zeugnisse mit, die aber natürlich auf einen ganz andern Namen lauteten. Sie hatte mich noch nie gesehen, und so konnte sie also auch nicht wissen, bei wem ich eigentlich diente.“
    „Höre, du bist wirklich ein höchst schlauer Patron.“
    „Denkst du?“
    „Ja. Ich habe immer einen gewissen Respekt vor dir gehabt; aber daß du gar so ein Durchtriebener bist, das habe ich doch nicht denken können.“
    „Ja. Man sieht es den Leuten oft gar nicht an.“
    „Du kannst so solid und ehrwürdig tun.“
    „Das ist ja die Hauptsache. Gerade darum hatte ich mir das Vertrauen der alten Tante so schnell und so vollständig erworben, daß sie mich ganz allein in ihr Kabinett gehen ließ, in welches selbst ihre Leibzofe nur dann treten durfte, wenn die gnädige Frau dort war.“
    „Dort befand sich wohl das Testament?“
    „Ja, und zwar in einer eisernen Schatulle. Den Schlüssel hatte die Gnädige stets einstecken. Eines schönen Tages aber hatte sie ihn doch stecken lassen, und augenblicklich befand sich das Testament in meinen Händen. Des Nachts wurde es abgeschrieben, natürlich aber verändert, und dann auch gleich wieder in die Schatulle zurückgesteckt.“
    „Wie war das möglich?“
    „Ich hatte für Morphium gesorgt, welches die Alte in den Abendtrunk erhielt. Sie schlief wie eine Ratte. So wurde das Testament umgetauscht, ohne daß sie es ahnen konnte. Dann zog ich natürlich ab.“
    „Ging das?“
    „Ja. Ich wurde krank. Da mußte sie mich entlassen.“
    „Wieder schlau.“
    „Als Beweis, daß ich meine Aufgabe erfüllt hatte, brachte ich dem Baron das echte Testament mit.“
    „Natürlich erhieltst du ein gutes Geschenk?“
    „Nicht sofort. Aber ich wartete. Er war ja arm und konnte nichts geben, doch hatte ich ihn nun in den Händen, und als die Alte starb und seine Frau das viele Geld erbte, da hat er viel zahlen müssen.“
    „Wieviel?“
    „Tausende.“
    „Wirklich?“
    „Ja, freilich nicht auf einmal, aber ich tat, als ob ich immer Geld brauche. Er mußte es schaffen.“
    „Wurde er nicht ungeduldig?“
    „Zuweilen. Endlich ging ihm die Geduld ganz aus. Er wollte mich fortjagen. Da aber kam er an den Richtigen. Ich zwang ihn, schriftlich zu bekennen, was ich für ihn und er mit mir getan hatte. Er mußte sich unterschreiben. Das ist der Revers, welchen ich noch heute von ihm in den Händen habe. Ich kann ihn damit ruinieren.“
    „Und er muß dir das Geld bezahlen, so oft du willst?“
    „Natürlich.“
    „Du bist weiß Gott ein Hauptkerl! Komm her! Ich muß dir noch einen Kuß geben.“
    Sie küßte ihn wiederholt.
    „Soll euch gut bekommen!“ brummte der alte Sepp leise vor sich hin.
    „Aber“, fragte sie dann, „hat der Baron nie Versuche gemacht, dich loszuwerden?“
    „Sogar mehrmals. Sie nützten ihm freilich nichts. Das fürchtete ich auch. Darum sagte ich, ein Verwandter von mir besäße den Revers und würde ihn, sobald ich im Dienst des Barons stürbe, der Polizei übergeben.“
    „Aber du hast das Papier natürlich in deiner Verwahrung?“
    „Freilich.“
    „Ist es gut aufgehoben?“
    „Das versteht sich ganz von selbst. Es steckt im Dreimaster.“
    „Dreimaster? Das ist doch ein Schiff.“
    „Ja. Aber auch die alten Filzhüte, welche früher getragen wurden, werden so genannt. Es gibt noch heute Herrschaften, deren Dienerschaft in solchen Hüten geht. Damals war ich Leibjäger des Barons und trug auch einen, mit einem grünen Federstutz. Den habe ich mir aufgehoben. Er liegt auf dem Boden meines Kleiderschranks, und unter dem Futter steckt das Papier.“
    „Darf ich es sehen?“
    „Ja. Ich zeige es dir nachher. Du sollst sehen, was der Baron bei unserer Hochzeit zu zahlen hat.“
    „Fordere nur genug!“
    „Natürlich.“
    „Und das Papier ist doch so verwahrt, daß niemand es dir nehmen kann?“
    „Das versteht sich!“
    „Den Schrank verschließest du?“
    „Nein.“
    „Was! Welch eine Unvorsichtigkeit!“
    „Pah! Das ist grad im Gegenteil eine Schlauheit.“
    „Wieso?“
    „Hielt ich den Schrank stets verschlossen, so würde sehr bald der Verdacht entstehen, daß ich Heimlichkeiten darinnen versteckt habe. Steht er aber immer offen, so kommt niemand auf diese Idee.“
    „Mag sein. So ist er also auch jetzt offen?“
    „Ja.“
    „Aber wenn nun jemand hineingeht in dein Zimmer und sich für den alten Hut interessiert!“
    „Pah! Fällt keinem ein. Da brauchst du keine Sorge zu haben. Der Hut steckt seit langen Jahren darin, und es hat

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