70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament
hatte sich aber in ihm verrechnet. Beim zweiten Hieb schon hatte Sepp ihn am Hals gefaßt und gab ihm Maulschellen.
„Drei – vier – sechs – acht – zwölf! So viel hat's schlagen! Und wann's noch mehr schlagen soll, so kannst's auch haben, du Hallodri! Da, setz dich wiederum eini in den Salaten, denst dir einbrockt hast! Wünsch feine Mahlzeiten.“
Er gab ihm einen Stoß, daß er wieder auf die Matratze zu sitzen kam.
„So!“ rief er weiter. „Das habt ihr von eurem vielen Schmatzen! Nein, so was hab ich auch noch nicht derlebt! Und das will ein Hausmeistern sein.“
„Hund!“ schrie der Genannte, sich wieder erhebend. „Ich frage, wann du hereingekommen bist!“
„Viel eher als du!“
„Ach! Welche Frechheit! Weshalb –?“
Er hielt inne. Er bemerkte jetzt den Hut, den Stock und den Rucksack des Alten, welche noch unter den Trümmern lagen.
„Er – hat –“, fuhr er fort – „hier unter dem Bett gesteckt.“
Da kreischte die Köchin vor Scham laut auf, tat trotz ihrer Korpulenz einige Sprünge nach der Tür zu, warf die ihr im Weg Stehenden rechts und links zur Seite und entfloh.
Es ist nicht zu beschreiben, welch einen Anblick sie bot. Nicht besser sah der Hausmeister aus, und auch der Sepp sah einem Essenkehrer ähnlicher als einem Zuckerbäcker. Beide standen sich drohend gegenüber. Der Hausmeister schenkte jetzt dem Zustand seines Schlafzimmers und den andern Anwesenden keine Aufmerksamkeit. Er hatte es zunächst mit dem Sepp zu tun.
„Also unter meinem Bett hast du gesteckt!“ rief er keuchend. „Gestehst du das ein?“
„Warum nicht?“
„Was hast du darunter zu suchen?“
„Ich ging darunter, um euch aufzulesen, wann ihr zusammenstürzen tätet. Ich hab's halt gar gut mit euch meint.“
„Und vergriffen hast du dich an mir, an dem Bewohner dieses Zimmers. Das muß bestraft werden. Du hast bereits eingestanden, daß du dich vor mir hier einschlichen hast. Weshalb, he?“
„Ich hab halt mit dir sprechen wollt.“
„Unterm Bett?“
„Auch da, wann's dir dort passen tut!“
„Hört ihr's, ihr Leute! Dieser Kerl hat sich in meine Wohnung eingeschlichen während meiner Abwesenheit und sich da unter das Bett gesteckt. In welcher Absicht hat er das getan? Stehlen hat er wollen, der Lump! Er hat das ganze Unheil angerichtet. Er muß sofort ausgesucht werden, damit wir erfahren, was er gestohlen hat. Laßt ihn nicht entkommen!“
Um dieser letzteren Aufforderung den gehörigen Nachdruck zu geben, stellte er sich selbst an die Tür, damit der alte Sepp sich ja nicht entfernen könne. Dieser aber lachte laut auf und sagte:
„Was soll ich sein? Ein Spitzbub soll ich sein? Stohlen soll ich haben? Was wird's hier bei dir zu stehlen geben! Höchstens ein Paar zerrissene Strümpfen, ein altwaschenes blaues Schnupftucherl für zehn Kreuzern und ein Paar Körbe voll Aschen und Ofenruß. Wer sich da dran bereichern wollt, der müßt grad so ein dummer Kerlen sein wie du selber bist!“
„Hört ihr es, wie er mich noch dazu beleidigt!“ rief der Hausmeister. „Komm, jetzt läufst du so schnell wie möglich hinunter in die Stadt und holst die Polizei herbei! Er muß arretiert werden.“
Diese letzten Worte galten dem Pferdejungen, welcher sich mit unter den herbeigeeilten Neugierigen befand. Er gehorchte dem Befehl des Hausmeisters, welcher ja sein Vorgesetzter war, und eilte schnell davon.
„Jetzt springt er nach der Polizeien!“ lachte Sepp. „Na, das wird eine gar schöne Geschichten werden, wann's mich nachher verarretieren. Da werd ich ein paar Jahren brummen dürfen bei Wasser und Brot, weil ich hier einbrochen bin und beim Diebstahl derwischt worden.“
„Lach nur!“ antwortete der Hausmeister. „Später wird dir die Lustigkeit schon vergehen. Ich bin vollkommen überzeugt, daß du hier gestohlen hast und daß du sogar mit dem gestrigen Spitzbuben verbündet bist.“
„So! Mit dem Herrn Hermann Arthur Willibold Keilberg? Das ist sehr gut! Das kann mich gefreun, daßt so ein gar kluger und gescheiter Kriminalisten bist. Wann es so fortgeht, werd ich bald gar noch ein berühmter Räuberhauptmann sein.“
„Das ist alles möglich. Als Stromer und Landstreicher bist du ja bereits bekannt.“
Da aber machte der Sepp ein sehr ernsthaftes Gesicht, trat einen Schritt auf ihn zu und sagte:
„Hör mal, Hausmeistern, mich zu verschimpfieren, ohne daßt auch dazu die Beweisen hast, das duld ich nicht. Wannst noch so ein Wörtle sagst, da lang ich dir
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