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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Schmerzen hat's mir freilich nicht nehmen könnt, und das Augenlicht konnt's mir auch nicht erhalten. Die Augen sind hoch anschwollen gewest, und ich kann dir nicht beschreiben, was ich da ausstanden hab. Es waren Qualen, wie sie im Fegefeuer oder in der Höll nicht größer sein können. Da hat's das Kätherl bei mir aushalten und mich tröstet und mir alle guten Worten geben. Sie hat mir den Mundbissen vorgeschnitten und mich lehrt, mit blindem Aug zu essen. Sodann, als ich die Stub verlassen dürft, hat's mich in den Garten führt und auch weiter fort, bis ich lernt hab, mich allein zurechtzufinden. Wir haben uns niemals wiederum so sehr stritten und ärgert wie früher. Kleine Zwistereien sind wohl vorkommen, aber solche Sachen wie vorher niemals wieder. Sie ist anderst worden. Meine Blindheit hat sie von ihrem Leichtsinn heilt.“
    „Ich möcht's halt glauben, dir zulieb.“
    „Kannst's glauben. Freilich getrennt sind wir blieben wie vorher. Sie wohnt und schläft ganz allein in ihrer Stuben. Mir kann das recht sein. Ein alter, blinder Mann würde sich nur lächerlich machen, wenn er begehrlich und zärtlich tun wollt. So bin ich also wenigstens in dieser Beziehung zufrieden. Meine Ehe ist eine stille worden. Wir leben in Frieden nebeneinander und vermeiden alles, was uns uneinig machen könnt.“
    „Hast's ihr aber doch sagt von dem zweiten Brief, denst erhalten hast?“
    „Ja, ich hab es ihr verzählt.“
    „Da bin ich neugierig, was sie darauf zu dir antwortet hat.“
    „Sie hat die einzige Antwort geben, die ihr möglich war. Sie hat gar nix davon wußt. Derjenige, der den Briefen schrieben hat, muß einen Haß auf sie worfen haben und hat ihr schaden wollt bei mir.“
    „Also der Samiel?“
    „Der? So meinst also wirklich, daß der den Briefen verfaßt hat?“
    „Ja.“
    „So hätt er doch auch den ersten schrieben, da beide von derselbigen Hand stammen.“
    „Natürlich! Er hat sich doch sogar mit seinem Namen unterzeichnet.“
    „Da möcht ich fast sagen, daßt dir selbsten widersprichst, Sepp.“
    „Wieso?“
    „Nun, im ersten Briefen wird mir droht. Da steht, daß ich meine Frauen besser behandeln soll. Und im zweiten Schreiben will der Verfasser ihr schaden. Wie reimt sich das zusammen?“
    „Oh, das paßt ganz gut zusammen, wann man sich nur den richtigen Vers darauf macht.“
    „So mach ihn mir doch!“
    „Mir hab ich ihn bereits macht, dir aber darf ich ihn noch nicht vorsingen. Wart nur die Zeit ruhig ab. Und jetzund wollen wir schweigen. Der Fritz kommt mit der Eierspeisen.“
    Der Knecht brachte zwei Flaschen Bier nebst den Gläsern und einen großen Teller voll Rührei mit Schinken und Wurst.
    „Hast lang warten mußt, Sepp“, sagte er. „Ich wollt dich selber bedienen, anstatt der Magd. Darum bin ich gleich drinnen blieben, bis das Essen fertig war.“
    „Hat nix schadet.“
    „Ihr werdet euch wohl indessen gut unterhalten haben, so daßt keine Zeit habt hast, an den großen Hungern zu denken.“
    „Gar so überaus groß ist er gar nicht gewest.“
    „Nun, so wird's zureichen. Da!“
    Er setzte die Sachen auf den Tisch, welcher vor der Bank unter der Tanne stand. Es hätten zwei Esser genug gehabt. Der Sepp aber meinte:
    „Konnt die Magd nicht was größer machen? Wann ich nicht nur einen kleinen Appetiten, sondern einen wirklichen Hungern hätt, so wär's viel zu klein.“
    „Was, zu klein? Sepp, daran könnt doch fast ein Elefant genug haben!“
    „So! Hast mal sehen einen Elefanten Rührei essen? Mir ist das noch nicht widerfahren.“
    „Aber mir.“
    „So! Und wann war das?“
    „Eben jetzt.“
    „Donnerwetter! Also der Elefanten soll ich wohl sein?“
    „Ja. Wenigstens tust ganz so, als obst so einen großen Magen hättst wie derselbige.“
    „So paß auf, wie schnell es alle wird! Für wen hast das Bier mitbracht?“
    „Für dich und den Bauern.“
    „So schenk auch eini! Was nützt's uns, daßt's für uns mitbringst, wann wir es nicht bekommen.“
    „Höre, bei der schlechten Launen, die du heut hast, gefallt mir's nicht bei dir. Da möcht ich mich lieber davonmachen. Jetzunder klingt soeben das Glöckerl zum Paternoster und zum Ave Maria.“
    Die drei entblößten ihre Häupter und beteten still. Dann sagte der Bauer:
    „Nun kannst aufisteigen, Fritz. Die Zeit ist da.“
    „Hm!“ meinte der Knecht. „Lieber wäre mir's halt, wenn ich dableiben dürft.“
    „Warum?“
    Der junge Mann errötete. Er wurde sichtlich verlegen und fand keine Antwort.

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