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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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weinen. So eine Tränen sind die Osecs gar nicht wert. Sie denken, sie haben den Sack bei allen vier Zipfeln, aber sie irren sich. Ja, den Sack haben's wohl, aber es ist nix drinnen.“
    „Wieso?“
    „Das möcht ich euch freilich gleich gern sagen, aber ich darf das nicht. Es gibt eben Dinge, welche man einer Frau erst dann erzählt, wann's geschehen sind. Ich kann euch nur sagen, daß ihr den Hof behaltet.“
    „Wirklich, wirklich?“
    „Ja. Ihr könnt's mir glauben.“
    „Gott, wenn das wahr wäre.“
    „Es ist wahr. Ich habe euch beide viel zu lieb, als daß ich euch bloß einen Trost geben wollt, wann nix dahinter wäre.“
    „Aber du kannst dich doch wohl irren?“
    „Nein, ein Irrtum ist da gar nicht möglich. Ich will euch nur so viel sagen, daß ich hinter die Schliche der Osecs kommen bin. Ich weiß alles, was sie tan haben und was sie tun wollen, und hab allbereits im Voraus dafür sorgt, daß nix daraus werden kann.“
    Die Bäuerin ergriff seine Hand, drückte dieselbe herzlich und sagte:
    „Lieber Ludwig, du weißt, daß ich dich stets sehr gern gehabt habe. Du bist brav und treu und gut. Das beweisest du auch jetzt wieder. Wie soll ich dir dafür danken.“
    „Dadurch, daßt ein fröhliches Gesichten machst. Es wird alles ein gutes End nehmen. Ich versprech es dir und werd mein Wort halten. Ich glaub, daß bereits heut abend alles in Ordnung kommen wird.“
    „Das mag der Herrgott geben! Mein Mann, ein Pascher! Den Kery-Hof verspekuliert. Schrecklich, schrecklich!“
    „Ja, er hat ihn verspekuliert und verspielt; aber er soll ihn nicht verlieren.“
    „Er muß vom Spiel und vom Paschen lassen.“
    „Das wird er gern, wenn wir es geschickt anfangen. Weißt, wann er heut kommt, so mußt ganz so tun, als ob du keinen Trost von mir empfangen hast. Das wird ihn wohl so weit bringen, daß er in sich geht.“
    „Darf er denn wissen, daß du dagewesen bist?“
    „Ja. Wannst's ihm nicht sagst, so derfährt er es doch von denen Osecs.“
    „Er wird fürchterlich zornig sein darüber.“
    „Was tut das? Fürchtest dich?“
    „Ja. Ich habe ihn stets gefürchtet.“
    „Jetzund brauchst doch keine Angst mehr vor ihm zu haben. Wann er zankt, so zankst auch. Hast ja Veranlassung dazu. Er hat den Hof verspielt und muß ruhig sein.“
    „Da kennst du ihn doch wohl nicht recht.“
    „Oh, den kenn ich schon genau! Und wann er auch darüber zankt, daß ich da gewest bin, so hat das gar nix zu sagen. Ich werd ihn gleich wiederum gut machen. Ich bleib nämlich da, bis er kommt.“
    „Um Gottes willen! Wenn er dich sieht!“
    „Das soll er.“
    „Er wirft dich hinaus!“
    „Ich werde freiwillig gehen. Vorher aber muß ich mit ihm sprechen. Und das, was ich ihm zu sagen hab, das ist so erfreulich, daß er mich wohl bitten wird, wieder in seinen Dienst zu treten.“
    „Meinst du?“
    „Ja.“
    „Ich halte das kaum für möglich.“
    „Und ich bin überzeugt davon. Laßt mich nur machen. Wann er kommt, gehe ich hinauf in meine Kammer. Er braucht nicht sogleich zu wissen, daß ich da bin. Nachher aber, wann die Osecs fort sind, sodann werde ich zu ihm gehen.“
    „Darf er es wissen, daß wir den Brief gelesen haben?“
    „Ja. Er wird es sich ganz von selbst denken, denn es wird ihm wohl unterwegs einifallen, daß er ihn liegen lassen hat. Kannst das Schreiben aber doch wieder hinaufi legen. Dann werden wir halt sehen, was er tut.“
    Die beiden Frauen fühlten sich durch das zuversichtliche Wesen des Knechtes wenn auch nicht ganz aber doch leidlich beruhigt. Zwar sagte er ihnen keineswegs, was er tun und reden wolle, aber er zeigte doch eine Siegesgewißheit, durch welche sie mit fortgerissen wurden.
    Der Nachmittag wurde in traulichem Beisammenleben verbracht. Die Dämmerung trat ein. Da ließ sich draußen Hufgetrappel vernehmen.
    „Um Gottes willen, der Vater!“ sagte Gisela, welche durch das Fenster geblickt hatte.
    „So kommt er um vieles eher“, meinte Ludwig. „Er wird daran dacht haben, daß er den Brief liegen lassen hat. Das hat ihn zur Eile antrieben.“
    „Verstecke dich! Schnell in die Küche!“
    „Bin schon drüber!“
    Er huschte in die Küche. Eigentlich war das nicht nötig, denn der Bauer kam nicht herein. Er war vom Pferd gesprungen und schnell durch den Flur gegangen. Man hörte seine raschen Schritte von der Treppe schallen. Droben trat er in seine Stube und sofort an den Tisch, auf welchem er den Brief liegen gelassen hatte. Gisela hatte ihn wieder hingelegt. Er

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