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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Glückliche in der Küche stand und jedes Wort hörte.
    „Und so denkt ihr wirklich?“ fragte der Bauer. „Das ist euer Ernst?“
    „Ja, ja“, antworteten die beiden.
    „Herrgott! Und ich, ich wollte –“
    Er schlug sich mit der Faust an die Stirn.
    „Was? Was wolltest du?“ fragte seine Frau.
    „Du wirst erschrecken, wenn du es hörst. Es ist etwas Fürchterliches. Aber ich muß es euch sagen, mir zur gerechten Strafe. Ich wollte mich – erschießen.“
    Zwei Schreckensrufe erklangen.
    „Ja, mich und die beiden Osecs. Ich glaubte, die Schande nicht überleben zu können, und wollte ihnen nicht gönnen, meinen Hof zu besitzen. Ein Mörder und Selbstmörder wollte ich werden!“
    „Ist das wirklich wahr, Georg?“
    „Ja. Hier hast du den Beweis.“
    Er zog den Revolver aus der Tasche und legte ihn auf den Tisch.
    „Herr, mein Gott! Ist's geladen?“ fragte die Bäuerin.
    „Ja, scharf.“
    „Tu ihn weg, schnell, schnell!“
    „Du brauchst dich nicht mehr zu fürchten. Er ist mir nicht mehr gefährlich. Ich mag nun nicht sterben, sondern ich will leben bleiben, leben bleiben, um gutzumachen. Ich will arbeiten, daß mir die Schwielen an den Händen bersten, und wenn auch der Hof verloren ist, so werden wir doch noch eine Wenigkeit retten, so daß wir wenigstens nicht ganz nackt anderswo beginnen müssen.“
    Er zog Frau und Tochter innig an sich. Tränen flossen, liebe, gute Worte wurden gewechselt. Der Kery-Bauer war ein so ganz anderer und sagte zuletzt:
    „Wer hätte das gedacht! Jetzt erfahre ich es an mir selbst, daß der Reichtum nicht glücklich und die Armut nicht unglücklich macht. Es ist vielmehr grad das Gegenteil der Fall. Zwar wird es mir fürchterlich weh tun, dem Hof den Rücken zukehren zu müssen, und ich werde das niemals ganz verschmerzen können, aber ich werde doch nicht unglücklich sein. Und das sollen die beiden Osecs sofort erfahren.“
    „Gehst du wieder hinauf zu ihnen?“ erkundigte sich seine Frau.
    „Ja, ich hole sie herab, und nachher mögen sie schleunigst verschwinden. Unsere Freundschaft hat ausgespielt.“
    Er ging und brachte die beiden Schurken herab. Sie waren natürlich außerordentlich begierig, das Ergebnis zu erfahren. Sie hatten sich eingebildet, die Frauen in Tränen, und den Bauer im Zorn zu sehen. Dort auf dem Tisch lag der Revolver. Hatte der Vater seiner Tochter vielleicht gar mit dem Erschießen gedroht, um ihren Widerstand zu brechen?
    Aber da gab es doch keine Spur von Tränen. Das Gesicht der Bäuerin war ernst, aber ganz und gar nicht traurig, und um Giselas Mund hatte sich ein glückliches Lächeln gelegt.
    Auch das Gesicht Kerys war ein ganz anderes. Solche Augen wie jetzt hatte er noch niemals gemacht.
    „Ja, was ist mir denn das?“ fragte der Alte. „Ich hab gedacht, alles in Tränen zu finden.“
    „Da hast du dich geirrt, wie du siehst“, antwortete der Bauer.
    „Ich sehe es. Das ist ja grad so, wie es in dem Lied heißt:
    Wir sitzen so fröhlich beisammen
Und haben einander so lieb.“
    Und Kery fügte lachend hinzu:
    „Erheitern einander das Leben;
Ach, wenn es doch immer so blieb.“
    „Das lasse ich mir freilich gefallen, und ich freue mich herzlich darüber, daß ihr so einig geworden seid.“
    „Ja, einig sind wir geworden, einig, so wie wir es noch niemals gewesen sind.“
    „Das ist sehr gut für uns.“
    „Hoffentlich.“
    „Und wir dürfen mit fröhlich sein?“
    „So lustig, wie es euch beliebt.“
    „So tu nur erst den Revolver fort.“
    „Laß ihn immerhin liegen. Es geschieht euch nichts Böses. Ich bin vollständig kuriert und habe überhaupt vorhin mit meiner Drohung nur einen dummen Spaß gemacht.“
    „Wenn's wahr ist!“ meinte der Alte.
    „Kannst es glauben.“
    „Wie steht es da mit den Wechseln?“
    „Die kannst du präsentieren, am liebsten gleich morgen.“
    „Das werde ich freilich tun. So einen Wunsch erfüllt man sehr gern. Und wie steht es mit dem Hof?“
    „Den kannst du nehmen.“
    „Aber wir sagen, daß er noch dir gehört.“
    „O nein. Wir wollen doch lieber die Wahrheit sagen. Man soll auch in solchen Dingen keine Lügen machen.“
    „Schön. Das ist mir noch lieber. So löst sich ja alles in Wohlgefallen und Freundschaft auf. Wer hätte das erwartet!“
    „Ja, unverhofft kommt oft.“
    „Es könnte wahrhaftig gar nicht besser sein. Das soll aber auch eine Hochzeit sein, wie man sie im Land noch niemals gesehen hat. Geh also hin zur Gisela und gib ihr den

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