Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Gesichter. Wer längere Zeit hier saß, hatte sich dann an die Atmosphäre gewöhnt und konnte dann auch besser sehen.
    Als Ludwig grüßte, richteten sich aller Augen auf ihn. Der Schmied sprang von seinem Stuhl auf und rief erfreut:
    „Der Ludwig! Eine weiße Schwalben! Landsmann, willkommen auch. Wie kommt's, daßt dich mal in das Wirtshausen verlaufen tust?“
    „Ich hab Durst.“
    „Du? Einen Durst? Na, das ist auch das vierzehnte Wunder auf dera Welt. Das dreizehnte bin ich nämlich selber, wenn ich mal keinen Dursten hab. Komm her, Ludwig. Trink aus.“
    Er hielt ihm einen großen vollen Maßkrug hin und ruhte nicht, bis Ludwig ihn ausgetrunken hatte.
    „So“, sagte er dann. „Nun setz dich her. Heut laß ich dich nicht weg von mir. Bist mal in mein Garn geraten, so magst auch drinnen steckenbleiben.“
    Der Schneider und Schuster, die beiden edlen Musici, saßen auch dabei. Man hatte überhaupt mehrere Tische zusammengeschoben und auf diese Weise eine lange Tafel gebildet, an welcher über ein Dutzend Gäste saßen, die sich in einer außerordentlich animierten Stimmung befanden.
    Ludwig lachte in sich hinein. Wehe den Osecs, wenn sie es sich beikommen ließen, sich das Mißfallen dieser Leute zuzuziehen.
    „Also hierher, gleich neben mich“, meinte der Schmied. „Landsleute gehören zusammen.“
    Schon wollte Ludwig, dieser Aufforderung folgend, sich setzen, da ertönte von einem andern Tisch die Stimme des Kery-Bauern:
    „Wirst ihn aber doch aus dem Garn lassen müssen, Schmied.“
    „Wieso denn?“
    „Weil er sich zu uns setzen soll.“
    Kery saß nämlich mit den beiden wohlhabendsten Bauern des Ortes beim Kartenspiel. Der Schmied war fast verblüfft.
    „Meinst den Ludwig?“ fragte er.
    „Dich nicht!“ antwortete Kery.
    „Der soll zu euch?“
    „Hast du etwas dagegen?“
    „Nein, gar nix. Aber so eine Auszeichnungen, die ist ja großartig.“
    „Dir würde sie jedenfalls nicht widerfahren. Du kannst doch Skat spielen, Ludwig?“
    „Wann ihr nicht zu hoch spielt.“
    „Es reicht aus. Und wenn deine Kasse nicht langt, so helfe ich aus. Komm her.“
    Es trat eine tiefe Stille ein. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Der Kery-Bauer lud seinen Knecht ein, mit ihm Skat zu spielen.
    „Erlauben die Herren!“ sagte Ludwig, an den Skattisch tretend, um sich auf den vierten Stuhl zu setzen.
    Die beiden Bauern nickten bejahend, nicht mürrisch, aber auch nicht grad freundlich. Die Nachbarschaft des Knechtes war ihnen keineswegs hochwillkommen; aber einesteils wollten sie Kery nicht beleidigen, und andernteils war Ludwig doch so beliebt und geachtet im Dorf, daß sie ihm nicht weh tun wollten.
    „Eigentlich geb ich ihn nicht gern her“, meinte der Schmied. „Er kam grad zur rechten Zeit, um meine Rede anzuhören.“
    „Die kann ich hier auch hören“, antwortete Ludwig.
    „Nein. Wannst spielst, so mußt dort Achtung geben und nicht hier. Aber sag mal vor allen Dingen, was für eine Stimmen hast.“
    „Wie denn Stimmen?“
    „Frag nicht so dumm. Ich mein, obst einen Tenoren oder einen Bassen singst.“
    „Meine Stimm ist ein erster Baß.“
    „Donnerwetter! Da mußt mitmachen.“
    „Was denn?“
    „Im Gesangverein. Wir sind nämlich hier drüber einen Gesangvereinen zu gründen, dessen Herr Direktoren ich natürlich werden soll. Machst mit?“
    „Will's mir überlegen.“
    „Da gibt's gar nix zu überlegen. Du machst eben mit. Schneider, du bist der Schriftführer. Schreib seinen Namen mit ein. Ludwig Held aus Oberdorf. Erster Bassen mit Solostimme in D-Dur. Zwei Kreuzer Steuer wöchentlich und einen halben Gulden Eintrittsgeld. Macht er nicht mit, so zahlt er zwei Gulden und wird noch extra nausschmissen, wann er nicht kommt.“
    Der Schneider schrieb das Diktat auf das eifrigste nieder. Indessen begann bei Ludwig das Spiel. Es nahm ihn so in Anspruch, daß er der andern wenig achtete.
    Jetzt erhob sich der Schmied wieder, klopfte an seinen Krug und rief:
    „Silicium, zu Deutsch: Alle sollen die Mäuler halten, wann ich jetzt reden tu. Nun kommt nämlich die Grundsteinrede des neuen Gesangvereins. Ich werde sie halten, euch zur Belehrung und mir, damit ich nachher besser trinken kann.“
    Er räusperte sich und begann dann:
    „Ein jeder Mensch hat etwas in sich. Wann dasselbige herauskommt, so wird's seine Stimme nannt. Also ein jeder Mensch –“
    „Auch das Vieh hat eine, zum Beispiel die Gans“, warf der Schuster ein.
    „Schweig!“ rief der Redner. „Ich

Weitere Kostenlose Bücher