1546 - Voltago der Diener
Voltago der Diener
Das Ende einer Odyssee - die Begegnung mit dem Bewahrer
von Robert Feldhoff
Im Jahr 1171 NGZ beträgt die Lebenserwartung der Zellaktivatorträger nur noch sechs Jahrzehnte, nachdem ES die lebenserhaltenden Geräte zurückgefordert hatte. Es ist klar, daß die Superintelligenz einen Irrtum begangen haben muß, denn sie gewährte den ZA-Trägern ursprünglich 20 Jahrtausende zur Erfüllung Ihrer kosmischen Aufgaben. Die Superintelligenz aufzufinden, mit den wahren Fakten zu konfrontieren und dadurch wieder die eigene Lebensspanne zu verlängern, ist natürlich allen Betroffenen ein Anliegen von vitalem Interesse.
Die Dringlichkeit der Probleme wird immer größer, je länger die Suche nach ES läuft. Denn den Suchern ist inzwischen klargeworden, daß die Superintelligenz in Schwierigkeiten steckt und selbst der Hilfe bedarf.
In der fernen Galaxis Truillau, dem Herrschaftsgebiet des Bewahrers, nähert sich eine andere, nicht weniger dramatische Suche ihrem Ende: die Suche Gesils nach dem Vater von Monos.
Gesil lebt seit Monaten auf dem Residenzschi ff des Bewahrers wie in einem goldenen Käfig. Der mysteriöse Bewahrer hält sich nach wie vor bedeckt, doch er sorgt für Überraschungen, Eine davon ist VOLTAGO DER DIENER ...
Die Hauptpersonen des Romans:
Gesil und Eirene - Mutter und Tochter treffen sich im Zentrum der Macht.
Taurec - Er erscheint vor seinen Gefangenen.
Voltago - Gesils neuer Leibdiener.
Mamerule - Oberster Normierer von Qylinam.
Deno - Ein Ke-Ri wird entlarvt
1.
X minus 140 Tage.
Anfang Juni 1171 NGZ. CASSADEGA.
Da war der Unbekannte wieder!
Aber nicht wie bei den Malen vorher. Nein, der Bewahrer von Truillau befand sich in unmittelbarer Nähe.
Gesil fühlte sich, als liege sie auf dem Seziertisch eines Mikrobiologen. So schlimm war es noch nie gewesen - und gleichzeitig hatte sie nie dieses Gefühl von beginnender Ekstase empfunden.
Was war mit ihr los? Mit aufbrausendem Zorn drängte sie die Euphorie zurück.
Die Frau sprang auf. Ihre Decke flog beiseite. Von einer Sekunde zur anderen geriet sie aus dem Bereich reduzierter Bettschwerkraft in den zwar luxuriösen, aber kalten Raum. Vorbei alle trügerische Geborgenheit der Nacht und der Träume. „Du bist hier irgendwo!" schrie sie. „Hörst du mich, Bewahrer? Dann nimm zur Kenntnis, daß ich dich bald sehen werde! Wenn es nicht anders geht, auch gegen deinen Willen!"
Keine Reaktion.
Der mysteriöse Unbekannte hielt sie nicht für wert, sich ihr von Angesicht zu Angesicht zu zeigen. Oder er registrierte nur leidenschaftslos ihre Gefühle. Wie ein Mikrobiologe - da war er wieder, dieser demütigende Vergleich in ihren Gedanken.
Dabei spürte Gesil gleichzeitig so viel Scheu, eine unendliche Angst ...
So wie schon mehrfach vorher, nur in fast körperlicher Intensität. „Hörst du, verdammt?" schrie sie noch einmal.
Aber sie wußte, daß es keinen Sinn hatte. Gesil stand plötzlich still und versuchte, die Anwesenheit des Bewahrers intensiv auf sich wirken lassen. Sie wurde durch die trennende Distanz fester Materie sondiert, also konnte sie dasselbe tun. Ein diffuses Bild entstand in ihr. Es war das Bild eines Wesens, das ohne jedes Hemmnis seinen Weg durch den Kosmos suchte, in seiner Größe unbesiegbar und doch verzweifelt.
Weshalb bist du verzweifelt? dachte sie konzentriert, mit einemmal völlig ruhig. Liest du meine Gedanken, Bewahrer? Du willst Hilfe. Wie aber kann ich dir helfen? Vielleicht wirst du deine Hilfe bekommen. Jedoch nicht auf diese Art und Weise. So geht man mit mir nicht um.
Sekundenlang entstand eine Art Rückkopplung. Sie fühlte sich nahe an den Geist des Bewahrers versetzt, empfing allerdings nicht mehr als eine Andeutung dessen, was dem Fremden zu schaffen machte.
Unbegreiflich groß zu sein, aber doch nicht groß genug. Ein Teil, aber nicht das Ganze.
Eine kaum noch faßbare Macht zu besitzen - nur nicht die Möglichkeit, sie anzuwenden.
Auf Terra hatte Gesil viele alte Geschichten gehört. Eine stammte von einer Rasse, die längst ausgestorben war.
Dort hieß es, man habe einen übermächtigen Feind gehabt. Dieser sei ein Riese mit so dicken, kräftigen Fingern gewesen, daß er die Zwerge einfach nicht habe fassen können.
Der Riese wollte seine Opfer nicht töten; er wollte nur ihre Unterwerfung. Doch schließlich hatte der Riese den ganzen Planeten, auf dem die Zwerge lebten, zwischen seinen Fingern zerquetscht.
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