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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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war freilich so mild, daß sie sie gar nicht verdiente. Ihr Gesicht hatte einen beinahe drohenden Ausdruck angenommen gehabt. Nun aber ließ sich wieder ein Lächeln auf demselben sehen.
    „Also deshalb, deshalb willst mich nicht. So ist's, so! Aber denkst denn nicht daran, daß mich später einmal bekommen kannst? Mein Mann ist schwach und krank. Er wird nicht mehr lange leben.“
    „Ich halt es für eine große Sünd, auf den Tod eines Menschen zu spekulieren, besonders eines so braven Mannes, wie der Kronenbauer ist.“
    „So! Da will ich nit streiten. Aber ich denk, daß man sich doch sieht, daß man sich kennt und sich ein wenig lieb haben darf.“
    „Nein. Das ist verboten.“
    „Die Liebe fragt nach keinem Verbot. Je mehr sie Hindernisse findet, desto stärker und glühender wird sie. Warum sollen wir beide nicht daran denken dürfen, daß wir einmal Mann und Frau sein können?“
    „Weil dieser Gedank eine große Sünden ist. Wann dein Mann tot wäre, ja dann dürft man schauen, ob man zusammenpaßt. Jetzt aber, bei seinem Leben, da gehörst ihm an und kein anderer hat ein Recht an dir.“
    „Und wenn ich ihm nun dieses Recht erteile?“
    „Das kannst nicht, und das darfst nicht. Du hast kein Recht, über dich zu verfügen.“
    „Geh, Fritz, und laß dich nicht auslachen. Dir hängen noch die Sprüche an, die du in der Schul hast auswendig lernen mußt. Streif sie doch ab, diese alten Regeln!“
    „Meinst du wirklich, daß dies nur bloße Regeln sind? Der Herrgott hat dem Moses im Donner und Blitz die heiligen zehn Gebote gegeben. Das sechste davon lautet: Du sollst nicht ehebrechen, und die Drohung am Schluß der Gebote lautet, daß der Herrgott die Sünden der Väter straft bis in das dritte und vierte Glied der Nachkommenschaft. Soll ich den meinigen Kindern, wann ich mal welche haben sollt, einen solchen Fluch vererben?“
    „Fritz, bist denn gar so fromm?“ lachte sie.
    „Ob ich fromm bin, das weiß ich nicht; aber mit voller Absicht und Überlegung werd ich niemals ein Gebot Gottes übertreten.“
    „Der Moses hat diese Gebote niederschrieben. Er war ein Jude, wir aber sind Christen. Uns gehen sie nix an. Hast denn nicht vernommen, daß Christus zu der Ehebrecherin sagt: Wer von euch nicht gesündigt hat, der werfe den ersten Stein auf sie! Und sodann sagt er auch: Ihr wird viel vergeben, denn sie hat viel geliebt. Wie kannst dich also so fürchten, eine Frau liebzuhaben?“
    „Diejenige, von der er so sagte, hat ihre Sünden bitter bereut. Wer aber sündigt, weil er meint, der Herrgott werde ihm die Sünd wohl schon vergeben, der wird sicher keine Verzeihung finden.“
    „Das geht mich nix an. Das sagst du, weil's deine eigene Meinung ist. Ich aber halte mich an die Worte, welche Jesus sagt hat. Die gelten bei mir.“
    „Nun, weißt auch, was er in der Bergpredigt sagt hat?“
    „Nun was?“
    „Wer ein Weib anschaut, um sie zu begehren, der hat die Ehe mit ihr gebrochen in seinem Herzen. Nun kannst auch sagen, daß dies für dich gilt.“
    „Du redest ja grad so wie ein christlicher Herr. Willst etwa ins Kloster gehen?“
    „Dazu hab ich kein Geschick und also keine Lust. Ich will schaffen und arbeiten mit meinen Händen. Wann ich da was fertigbring, so ist mir's wohl im Herzen und ich freu mich der Arbeit und daß ich am Leben bin.“
    „So hast eben noch niemals die richtige Liebe gefühlt. Die fragt und deutelt nicht. Die genießt und ist glücklich dabei.“
    „Ja, das wird wohl sein, wie bei einem, welcher trinken tut. Das schmeckt und schmeckt, bis er betrunken ist. Am andern Tag nachher kommt der Katzenjammer und das Gefühl dazu, daß man ein ganz nichtswürdiger Bub ist. Davor soll mich Gott behüten. Komm, wir wollen gehen. Wir sind fast schon zu lange auf dem Berg gewest. Der Wurzelsepp ist kommen und sitzt beim Bauern unterm Baum.“
    „Der! Wann kam er denn?“
    „Gleich alst fort warst. Er weiß es, daß ich dich abholen soll. Was wird er denken darüber, daß wir so lang allein mitnander gewest sind!“
    „Was ich bereits sagt hab: Ich hab dir die Predigt verzählt.“
    „Das ist eine Lüg. Die mach ich nicht.“
    „Bist gar so sorgsam in deiner Seele?“
    „Man kann nicht sorgsam genug sein.“
    „So werd ich dir noch unterwegs sagen, wovon der Pfarrer predigt hat. Dann ist's keine Lüg, wannst's sagst.“
    „Ich dank gar schön! Nach dem, was wir jetzund miteinander sprochen haben, wäre es eine Sünd, wann wir von so heiligen Dingen sprechen

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