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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wollten.“
    „Fritz, du bist wirklich ganz unleidlich. So, wie du jetzt bist, habe ich dich ja noch gar nicht gekannt!“
    „Ich will dir aufrichtig sagen, daßt mir eine wahre Ängsten bereitet hast. Wann dein Mann derfuhr, wast mir sagt hast, was sollt er tun und denken!“
    „Pah! Was mache ich mir aus ihm! Oder willst du es ihm sagen?“
    „Vielleicht wäre es meine Pflicht, es ihm mitzuteilen.“
    Er sagte das so ernst, daß ihr doch ein wenig bange wurde.
    „Fritz, was fallt dir ein!“ rief sie. „Wirst mich doch nicht verraten?“
    „Hab keine Sorg. Ich will nix sagen.“
    „Auch gegen keinen andern?“
    „Nein.“
    „Gut! So wollen wir ganz so tun, als ob gar nix sprochen worden wäre. Es wird die Zeit schon kommen, zu welcher es dir nicht verboten ist, mit mir zu reden!“
    Sie setzten den unterbrochenen Rückweg fort, schweigend und in Gedanken versunken.
    Die Bäuerin hatte eigentlich Lust, dem Knecht zu zürnen. Sie hatte eine Liebeserklärung gemacht und war mit derselben abgewiesen worden. Welches Mädchen oder gar Weib kann dies so leicht verschmerzen. Aber einmal war die Abweisung so schonend wie möglich erteilt worden, und das andere Mal lag es ja klar, daß sie nicht erfolgt war aus ausgesprochener Abneigung, sondern nur aus der kindlichen Furcht und Scheu vor den Geboten Gottes. Sie zürnte ihm also nicht und war im stillen überzeugt, daß es ihr auf andere Weise gelingen werde, den ehrlichen Menschen zu umgarnen und an sich zu ketten.
    Was in ihm vorging, das ließ er sich nicht merken. Er pfiff sogar eine muntere Melodie für sich hin. Eigentlich aber war ihm gar traurig zumute, diejenige, welche seine Erzieherin, seine Mutter hätte sein sollen, hatte ihn zum Ehebruch verleiten wollen, zur größten Versündigung gegen den Mann, dem er so sehr viel zu verdanken hatte!
    Hatte er sich bisher vor ihr gescheut, so überkam es ihn wie ein Ekel vor ihr, wie ein Grauen vor ihrer Berührung. Ja, sie war jene schillernde Schlange, jene gleißende Viper, von welcher der Vers des Kirchenliedes sprach, den er dem Bauern vorgelesen hatte.
    Als das Gebüsch aufhörte, sahen sie den Kronenhof nahe vor sich liegen. Der Bauer saß noch immer mit dem Sepp unter der Tanne. Sie schienen einander ganz gleichgültige Dinge zu erzählen.
    Die Bäurin liebte den Sepp nicht, aber sie war ihm auch nicht feindlich gesinnt. Es überkam sie, wenn er bei ihr war, immer das Gefühl, als ob sie sich vor ihm in acht zu nehmen habe; aber sein heiteres, offenes Wesen brachte stets eine freundlichere Stimmung in ihr hervor.
    So auch jetzt, als er sie kommen sah, stand er von seinem Sitze auf, schwenkte den Hut und sang:
    „Schaut da kommt sie, da kommt sie,
Das prächtige Weib
Mit den klunkrigen Beinen
Und dem bucklichen Leib!“
    An Stelle der Bäuerin antwortete der Knecht sogleich schlagfertig:
    „Schaut, dort steht er, dort steht er,
Der wackliche Kauz
Mit der riesigen Nas und
Dera quabbüchen Schnauz!“
    „Ja“, lachte der Sepp lustig auf, „der Fritz versteht's halt schon, einen heimzuleuchten. Dem darf man nicht kommen, besonderst, wenn er mit der schönsten Bäurin herumi in denen Bergen geht. Grüß Gott, Bäurin! Weiß der Teufel, daßt halt immer hübscher wirst!“
    „Und du immer ausgelassener“, antwortete sie. „Grüß Gott! Na was hast denn hier auf dem Tisch stehen?“
    „Das ist nix. Nur ein Schmortiegel oder eine Kasserollen, wie es andere Leutln zuweilen nennen.“
    „Und da ist freilich was drin gewest!“
    „Ganz und gar nix!“
    „Oho! Man sieht und riecht es ja!“
    „Da siehst und riechst eben falsch.“
    „So denk ich wohl auch falsch, wann ich mein', daßt dir gleich ein Essen bestellt hast, bevor du dich noch niedersetzt hatt'st?“
    „Nein, da hast freilich recht. Ich bin halt derjenige, der's denen Leutln lieber gleich sagt, was er will, sonst zerbrechen sie sich die Köpf vergebens und bringen nachher was, was ihnen viel Geld kostet und viel Mühen macht und mir aber doch nicht schmecken tut.“
    „Was hatt'st dir denn bestellt?“
    „Ein Ei, weiter nix.“
    „So! War's groß genug?“
    „Nicht ganz. Der Fritz hat's mir auf dem Teller bracht. Dann bin ich in das Kücherl gangen und hab nachschaut, ob noch was übrig ist. Ich hab mir den Tiegel holt; er war leer; aber ich hab ihn dennoch auskratzt und ausleckt. Der Mensch muß reinlich sein. Und nun braucht die Magd ihn nicht abzuwaschen.“
    „Ja, du bist ein besonders Reinlicher. Das weiß man schon. Und gut

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