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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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richten.“
    „Das weiß ich wohl.“
    „Diesem Herrn dürft'st überhaupt gar nicht merken lassen, daß er dir gefällt.“
    „Nimmt er es etwa übel, wann man Wohlgefallen an ihm hat?“
    „Nein; aber merken lassen darf man es ihm nicht. Das duldet er nicht.“
    „Was tut der denn da?“
    „Er geht gleich fort.“
    „O weh! Da werd ich ihn gar nicht anschauen.“
    „Daran tust sehr recht.“
    „Kennst ihn denn genau?“
    „Ja. Wann ich ihn nicht kennen tät, so würd ich ihn dir gar nicht empfehlen.“
    „Hat er eine große Familie? Kommt er mit derselbigen?“
    „Nein. Er ist unverheiratet und kommt allein. Er wird überhaupt wohl niemals eine Frau nehmen.“
    „Warum?“
    „Weil er die Weiber haßt, denk ich mir. Er hat mal eine – na, na, das gehört nicht hierher.“
    Aber grad das wollte die Bäuerin nun erst recht wissen. Er hat mal eine – vielleicht eine unglückliche Liebe! Und nun haßte er die Frauen. Wenn man ihn so weit bringen könnte, eine zu lieben, eine einzige natürlich – nämlich die Kronenbäuerin.
    „Halt, Sepp“, sagte diese. „Das gehört wohl hierher. Wann man einen Gast bekommt, so muß man alles von ihm wissen.“
    „Alles, was man derfahren kann, ja. Das aber kannst nicht derfahren, weil ich es selbst nicht weiß.“
    „Wolltst's aber doch gleich sagen!“
    „Ja, und da fiel es mir ein, daß ich es ja auch nicht weiß.“
    „Bist ein Hinterlistiger!“
    „O nein. Vielleichten erzählt er es dir selbst, wannst ihn darum bittest.“
    Es glitt bei diesen Worten ein undefinierbarer Zug über sein Gesicht. Ein Ausdruck schlaukindlicher Einfalt, der seinem alten Gesicht so ausgezeichnet gut stand. Er dachte sich nämlich, daß sie es gar nicht wagen werde, diesen Herrn Ludwig nach solchen Dingen zu fragen. Der gewaltige Eindruck seiner Persönlichkeit mußte sie in angemessener Ferne von ihm halten.
    „Schon gut!“ sagte sie. „Ich hab nur eben fragen wollt. Eigentlich bin ich gar nicht so neugierig.“
    „Also sag mir die Antwort! Willst ihn hernehmen oder nicht?“
    „Bevor ich antworten kann, muß ich noch einiges wissen.“
    „Was?“
    „Wann will er kommen?“
    „Morgen mittag.“
    „Schon! Du mußt es ihm doch erst zu wissen tun, ob ich will oder nicht.“
    „Oh, der fragt nicht danach, ob nicht. Er kommt eben. Er hat mir den Befehl geben, ihm hier eine Stube zu mieten; morgen zum Mittag wird er da sein. Ich bin zunächst zu dir kommen, weilst die nobelste Frauen bist und den größten und schönsten Bauernhof hast. Nimmst ihn nicht her, so such ich ihm einen anderen Ort.“
    „Wie lange wird er bleiben?“
    „Nicht gar lang. Einige Tage oder eine Woche.“
    „Da möcht's gehen. Für das ganze Jahr könnt ich nix vermieten. Aber nun wird er essen wollen wie in einem feinen Hotel in München.“
    „Nein, sondern er ißt, was ihr habt. Aber reinlich und sauber muß alles sein!“
    „Das versteht sich ganz von selber. Anderst ist man es ja gar nicht gewöhnt. Hast denn mit meinem Mann bereits davon gesprochen, Sepp?“
    „Nein. Ich hab ihm noch nix sagt. In solchen Angelegenheiten muß man der Frau das erste Wörtle gönnen.“
    Das schmeichelte ihr. Sie nickte ihm freundlich zustimmend zu und wendete sich dann an den Bauern:
    „Was sagst du dazu, Juli?“
    Er hieß Julius, welchen Namen sie abkürzte. Es waren viele Monate vergangen, seit sie es zum letzten Mal getan hatte. Es kam ihm fast fremd vor, ihn jetzt zu hören.
    Übrigens tat sie es nur der Form wegen, daß sie in fragte. Sie war doch gewöhnt, zu machen, was ihr beliebte. Er antwortete:
    „Ich kann da gar nix sagen. Mach also, wast willst.“
    „Nein, sondern ich will auch deinen Ausspruch hören.“
    Ihr Blick streifte dabei das Gesicht des Knechtes, welcher sich neben den Sepp gesetzt hatte. Es lag eine gewisse verwunderte Zufriedenheit darauf. Das hatte sie beabsichtigt. Er sollte denken, daß sie von jetzt an ihren Mann mehr berücksichtigen wolle.
    „Ich bin ja blind. Was kann ich tun und bestimmen? Nix, gar nix“, meinte der Bauer. „Sepp, was ratest du?“
    „Ich kann euch nur mit gutem Gewissen raten, den Herrn herzunehmen.“
    „Nun, Kätherl, so nimm ihn!“
    „Ja“, sagte sie, „auf eine so gewichtige Empfehlungen hin kann man sich doch nicht weigern. Doch hat die Sach einen großen Haken.“
    „Welchen?“
    „Wo tu ich ihn hin, wann er gar so vornehm ist?“
    „Hast doch Stuben im neuen Gebäud.“
    „Da hat der Offizier die besten. Der tat so vornehm, daß

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