71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil
ich ihm eine andere gar nicht anzubieten wagt hab.“
Der Sepp meinte:
„Nun, Herr Ludwig ist zufrieden mit dem, was ihr ihm gebt. Vielleichten tritt der Offizier ihm eine ab.“
„Der? Der auf keinen Fall!“
„So? Ist er gar so breit von Spur?“
„Ja. Er ist ein gar stolzer. Uns sieht er gar nicht. Nur am Nachmittag, da trinkt er seinen Wein hier unter dem Baum. Und wann wir dabeisitzen, da spricht er mit uns! Sonst aber nicht.“
„Nun, wie viele Zimmer hat er?“
„Drei.“
„Er tritt sie vielleicht alle drei dem Herrn Ludwig ab, wann dieser ihn darum bittet.“
„Nicht eins gibt er ihm. Sie liegen gar so bequem.“
„Trag keine Sorge um meinen Herrn Ludwig. Der hat eine gar eigene Art, zu bitten.“
„Er nimmt sich's wohl gleich?“
„O nein. Aber er bittet so, daß man es für eine Ehre hält, wann er es von einem nimmt.“
„Da machst mich wirklich begierig, ihn kennenzulernen.“
„Wirst zufrieden sein. Also, abgemacht. Schlag ein!“
Er hielt ihr die Hand über den Tisch hinüber, wo sie sich niedergesetzt hatte, entgegen. Sie schlug aber noch nicht ein.
„Halt“, sagte sie. „Wir sind noch gar nicht fertig.“
„Was gibt's denn noch?“
„Das Mietgeld.“
„Das ist Nebensach.“
„O nein, sondern das ist grad die Hauptsach.“
„Bist auf einmal so geldhungrig worden?“
„Nein, im Gegenteil. Ich tät lieber gar nix nehmen; aber er wird gar nicht darauf eingehen, da er so vornehm ist. Nun weiß ich nicht, wie viel ich verlangen soll.“
„Nimmst halt, was die Sach wert ist.“
„Wer kann das schätzen? Verlang ich zuwenig, so kann's ihn beleidigen, weil er nix schenkt haben will. Verlang ich aber zuviel, so kann es ihn ebenso beleidigen, weil er meint, daß ich ihn prellen will.“
„So nimmst ganz einfach, wieviel er dir gibt.“
„Geht er denn darauf mit ein?“
„Allemal.“
„So bin ich aus der Sorg heraus, und wir wollen einschlagen.“
„Ja, also topp! Es wird ihm hier in der Gegend gefallen.“
„Er kommt direkt aus München?“
„Nein. Er war einige Zeit unten in Hohenwald. Und nun will er sich eine Abwechslungen machen. Schaut, wer kommt da gefahren?“
Vom Dorf her kam ein Einspänner. Der Wagen war ein sogenanntes Berner Wägelchen. Ein einzelner Mann saß darin, welcher die Zügel führte.
„Das ist der Baumeister“, sagte der Knecht.
Bei diesen Worten streifte sein Blick unwillkürlich das Gesicht der Bäuerin. Diese errötete leicht und senkte die Augen, obgleich sie sich sonst sehr in der Gewalt zu haben pflegte. Sie zog die Stirn in Falten, denn sie ahnte gar wohl, warum der Blick des Knechtes sie gestreift hatte.
Auch das Gesicht des Bauern hatte einen unfreundlicheren Ausdruck angenommen.
„Ein Baumeister?“ fragte der Sepp. „Den kenn ich noch nicht, obgleich ich sonst überall bekannt bin.“
„Er ist ein Norddeutscher“, erklärte Fritz, „und erst seit einigen Monaten hier. Er hat das neue Seitengebäude errichtet.“
„Ach so! Da ist's ja ein alter Bekannter von euch. Na, ich werd im Platz machen.“
Er wollte aufstehen.
„Bleib sitzen!“ gebot ihm die Frau. „Der Baumeister findet schon auch seinen Platz. Er wird nicht lange hier bleiben.“
Jetzt kam der Wagen heran. Der Insasse knallte einige Male und rief dann bereits bevor er angehalten hatte:
„Guten Tag, meine Herrschaften! So traulich beisammen? Das lobe ich mir! Brrrr, eeeh!“
Er lenkte den Wagen auf eine Weise herbei, daß man merkte, er sei kein Gewohnheits-, sondern nur ein Sonntagsfahrer. Dann sprang er vom Wagen.
„Nun, kannst du nicht helfen?“ fuhr er den Knecht an, indem er ihm die Zügel hinwarf. „Paß doch auf!“
Fritz rührte keine Hand. Er ließ die Zügel ruhig an sich niedergleiten, so daß sie zur Erde fielen. Er bewegte sich nicht.
„Hast du mich verstanden?“ fragte der Baumeister.
Da wendete Fritz ihm das Gesicht zu.
„Redest mit mir?“
„Ja; aber ich bitte sehr, mich Sie zu nennen. Ich bin kein Bauernknecht!“
„Und mich nennst auch Sie; denn ich bin kein Baumeister. Weißt wohl gar nicht, wost jetzunder bist?“
„Welch eine Frechheit! Natürlich bin ich auf dem Kronenhof.“
„Das ist richtig. Verhalt dich auch danach. Bist vor keinem Wirtshaus, wo es einen Hausknecht gibt, welcher herbeispringen muß, wann einer mit einem Fünfzehn-Mark-Gaul angefahren kommt!“
Der Baumeister blickte ganz erstaunt von einer Person auf die andere.
„Was ist denn das?“ fragte er. „Bin ich hier unter
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