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72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Abraham ergriff eine alte Holzstellage, welche voller verkäuflicher Kleider hing und dicht an der Wand stand und schob sie fort. Hinter ihr kam die nackte Mauer zum Vorscheine.
    „Sollte dort eine Tür sein?“ fragte sich Sepp.
    Aber es war keine Spur von einer solchen zu sehen. Das einzige, was man erblickte, war ein großer, eiserner Haken, zum Aufhängen von Gegenständen in die Wand geschlagen, wie es schien.
    Aber er hatte doch einen andern Zweck, wie sich sogleich zeigte. Der Jude ergriff den gebogenen Haken und drehte. Sofort öffnete sich die Mauer. Es kam eine Tür zum Vorscheine.
    Dieselbe bestand jedenfalls aus Holz und war so mit Lehm und Kalk bestrichen, daß man sie von ihrer Umgebung gar nicht unterscheiden konnte.
    Nun brachte der Jude aus dem hinter dieser Tür befindlichen Raum allerhand Gegenstände zum Vorschein – Kisten, Schachteln und ähnliche Behältnisse, welche er in die Mitte des Gewölbes stellte. Dann machte er die Tür wieder zu und schob die Kleiderstellage an ihren Ort zurück.
    „Jetzund wird er mich holen“, dachte Sepp.
    Aber er irrte sich abermals. Der Jude setzte sich auf den bereits erwähnten Papierballen und blieb da eine ganze Weile ruhig sitzen.
    „Ah, jetzt weiß ich schon warum!“ brummte Sepp. „Ich soll denken, er hat die Sachen weit hergeholt. Ich soll nicht auf den Gedanken kommen, daß sie so nah gewest sind. Na, meinswegen!“
    Er kehrte auf seinen Stuhl zurück und wartete. Erst nach einiger Zeit öffnete der Jude die Tür.
    „Kommen Sie herein!“ sagte er.
    „Es hat sehr lange gedauert.“
    „Ich mußte die Sachen erst vom Boden herabholen.“
    „Das hab ich mir gedacht.“
    „Nun sollen Sie alles sehen.“
    Er öffnete die sämtlichen Behältnisse, und der erstaunte Alte erblickte nun einen wahren Reichtum von goldenen und silbernen Gefäßen und kostbaren Schmucksachen. Er war wie geblendet.
    „Nun?“ fragte der Jude, dessen Augen glühten wie die Diamanten vor ihm.
    „Herrlich!“
    „Nicht wahr? Können Sie das empfehlen?“
    „Versteht sich, versteht sich!“
    „Und Sie sind gestellt zufrieden?“
    „Vollständig. Wie viele Diebe haben das zusammengestohlen?“
    „Nur einer.“
    „Der Baron?“
    „Ja.“
    „Donnerwetter! Daß er gar so ein Hauptkerl sei, habe ich doch nicht gedacht.“
    „Oh, er ist Millionen wert. Warum soll ich mich da noch mit andern abgeben!“
    „Freilich. Je mehr Diebe, desto gefährlicher ist es für den Hehler.“
    „Da haben Sie recht. Darum hab ich stets nur auf den Baron gehalten.“
    „Wollen Sie nur die Geschmeidestücke verkaufen oder alles?“
    „Alles natürlich.“
    „Für wieviel?“
    „Taxieren Sie!“
    „Fünfzigtausend Gulden.“
    Da lachte der Jude laut auf, zog ein Armband aus einem Etui, ließ die Diamanten im Licht der Lampe spielen und sagte:
    „So viel ist dies allein wert.“
    „Ja, für den Kenner!“
    „Der Herr wird wohl Kenner sein!“
    „Gewiß. Aber dem Hehler zahlt man nicht so viel.“
    „Das weiß ich. Man pflegt ihm den dritten Teil des Wertes zu geben.“
    „Also siebzehntausend?“
    „Ja.“
    „Und wieviel haben Sie gegeben!“
    „Zehntausend.“
    „Lügner!“
    „Bei Gott!“ beteuerte der Jude.
    „Zehntausend. Lächerlich! Wenn Sie fünfhundert Gulden gegeben haben, ist es viel.“
    „Glauben Sie es oder nicht, das ist egal. Was ich gegeben habe, das kommt nicht in Betracht. Hier handelt es sich nur darum, was ich verlange.“
    „Nun gut, so will ich nach der Gesamtsumme nicht fragen. Das ist Sache des Käufers.“
    „Gewiß. Bringen Sie ihn, und sagen Sie ihm aber, daß ich nur gegen bares Geld verkaufe.“
    „Ganz recht.“
    „So sind wir also fertig?“
    „Mit dieser Angelegenheit, ja.“
    „Gibt es noch eine andere?“
    „Ja, wie ich Ihnen bereits sagte. Brauchen Sie wieder Mädchen?“
    „Ja. Wieviel haben Sie?“
    „Gegen vierzig.“
    „Ah! Wenn sie hier wären!“
    „Sie können ja schnell kommen.“
    „Sie kommen doch zu spät.“
    „Warum?“
    „Weil das Schiff fort ist.“
    Sepp wußte gar wohl, daß dies eine Lüge war. Er ersah aus dieser Antwort, daß der Jude ihm noch nicht recht traute.
    „Das ist schade!“
    „Ja. Jetzt kann ich sie also nicht gebrauchen.“
    „Aber Sie haben Sie bestellt!“
    „Das ist wahr, doch sind sie nicht gekommen. Hier kann ich sie nicht aufheben. Sie müssen in Wien bleiben.“
    „Das geht nicht an.“
    „Warum nicht?“
    „Es ist gefährlich. Wo bewahrt man vierzig Mädchen auf, ohne daß die

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