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72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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so lange soll ich hier warten?“ fragte Hans.
    „Ja. Tust's etwa nicht gern?“
    „Zu gern“, antwortete er, indem seine Augen glücklich aufleuchteten.
    „Kann mir's denken. Aber weißt, was für ein Vertrauen es ist, daß ich dich mit meinem Töchterle so allein laß, in dera Stuben und bei Nacht! Ich hoff, daßt ein braver Kavalier sein wirst!“
    „Sepp!“
    „Schon gut. Ich tät gern noch ein wengerl dableiben, aber es gibt keine Zeit dazu. Gehabt euch also wohl!“
    Er verabschiedete sich ebenso wie der ihn begleitende Max mit freundlichen Händedrücken von den beiden jungen Leuten. Unten im Flur trat er in die Loge des Portiers.
    „Können Sie mir sofort eine Depesche besorgen?“ fragte er.
    „Augenblicklich, Herr Hauptmann.“
    Der Portier legte ihm ein Formular vor, und der Sepp füllte es aus. Es war an den Fex nach Wien, im Haus der Frau Salzmann, adressiert und lautete:
    ‚Komm schleunigst mit dem Eilzuge 3 Uhr 30 Minuten nach Triest, Hotel Europa. Mußt unbedingt die Silbermartha mitbringen. Erwarte euch ganz gewiß! Hauptmann Josef von Brendel.‘
    Nachdem er diese Depesche zur schleunigen Besorgung übergeben hatte, entfernte er sich mit Max, welcher von dem Inhalt des Telegramms keine Ahnung hatte.
    Droben aber standen Johannes und Anita einander gegenüber und blickten sich in die Augen.
    „Jetzt nun können wir sagen, daß es gelungen ist“, meinte er. „Sie sind in Sicherheit, liebe Anita.“
    „Ist das wahr?“
    „Ja.“
    „Aber Baruch Abraham wird nach mir forschen lassen. Wenn ich nun hier entdeckt werde.“
    „Niemand wird Sie entdecken, und selbst wenn dies der Fall wäre, genügt der Schutz unseres alten Freundes vollständig.“
    „Er ist ein lieber, guter Herr.“
    „Ja, das ist er, ganz gewiß.“
    „Aber es ist doch eigentümlich, daß Sie ihn Sepp nennen und daß er so –“
    „Lassen wir das jetzt“, fiel er ihr in die Rede. „Sie werden sich bald klar darüber werden. Jetzt ist die Hauptsache, daß Sie sich einkleiden. Sehen Sie sich die Sachen an!“
    Er öffnete das Paket. Anita war ganz entzückt von dem Inhalt desselben.
    „Aber das kostet doch viel, viel Geld!“ sagte sie, die Händchen zusammenschlagend. „Wer hat das bezahlt?“
    „Der Hauptmann.“
    „Wie soll ich ihm das wieder erstatten?“
    „Darüber sprechen wir später. Gehen Sie jetzt damit in Ihr Zimmer und legen sie das Notwendige an. Sie können nicht im Regenmantel da sein, wenn der Kellner zum Servieren kommt. Ich gehe, das Nachtmahl für uns bestellen.“
    „Aber ich habe keinen Hunger!“ lächelte sie.
    „Ich auch nicht“, stimmte er lustig ein. „Aber der Hauptmann will es einmal so, und da müssen wir ihm gehorchen. Er duldet keinen Ungehorsam.“
    Er verließ das Zimmer. Als er es dann wieder betrat, war es leer; aber er hörte, daß Anita sich in dem ihrigen befand.
    Nach einiger Zeit öffnete sie ihre Türe ein wenig und fragte: „Darf ich kommen?“
    „Ja, bitte!“
    Als sie nun langsam hereintrat, glich ihr Gesicht demjenigen eines glücklichen Kindes, welches zu Weihnachten der Gespielin die empfangenen Gaben zeigt. Sie hatte noch niemals eine gute Kleidung getragen und kam sich als ein ganz anderes, viel höheres Wesen vor.
    Sie blickte Johannes verlegen in die Augen, um zu sehen, was für ein Urteil er über sie fälle.
    „Anita“, sagte er, die Hände zusammenschlagend. „Es ist ja eine förmliche und wirkliche Dame aus Ihnen geworden!“
    „Ist's wahr?“
    „Ja. Sie sehen vornehm aus, sehr vornehm und elegant.“
    Sie machte einige kleine Schwenkungen vor dem Spiegel und sagte dann:
    „Aber vornehm will ich nicht aussehen.“
    „Warum nicht?“
    „Weil ich nicht weiß, ob Ihnen das gefällt. Lieber möchte ich – möchte ich –“
    Sie hielt errötend inne.
    „Was möchten Sie? Sagen Sie es.“
    „Ich kann nicht.“
    „Oh, ich weiß es. Sie möchten viel lieber hübsch sein als vornehm. Nicht?“
    Sie nickte ihm mit strahlendem Gesicht zu.
    „Nun, da haben Sie keine Sorge. Sie sind hübsch, außerordentlich hübsch.“
    „Also gefalle ich Ihnen?“
    „Und wie sehr!“
    „Das ist die Hauptsache. Da bin ich befriedigt. Darf ich mich setzen?“
    „Natürlich.“
    „Wohin? Ich bin noch niemals in so einem feinen Zimmer gewesen.“
    „Auf das Sofa natürlich! Der Dame gehört stets der allerbeste Platz.“
    Es war nun wirklich nett, zu sehen, wie sie sich bemühte, sich beim Niedersetzen den Anstrich einer vornehmen Dame zu geben. Hans bemerkte

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