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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verlor.
    Die Frauen stießen einen Schreckensruf aus und warfen sich bei ihm nieder. Der Blinde stand stolz und hochaufgerichtet da und lächelte.
    „Er hat genug, nicht wahr?“ fragte er.
    „Mein Gott, Bachbauer, er ist tot!“ rief die Frau.
    „Nein, tot ist er nicht, ich kenne meinen Griff. Sollte er tot sein, so hätte ich etwas weiter ausgelangt. Doch sagt, Feldbäuerin, ist Euch der Frieder recht?“
    „Er ist mir der Liebste von allen, die ich kenne.“
    „So seid getrost, es wird Euch nichts geschehen! Und sollte etwas kommen, wobei Ihr Hilfe vonnöten habt, so schickt hinaus zu uns; sie wird Euch gern gebracht!“
    Er schritt an dem Besinnungslosen vorüber, dem Ausgang zu. Das noch zitternde Mädchen faßte seine Hand und geleitete ihn in den Hof, wo ihn der Knecht empfing.
    „Vergiß nicht, Martha, daß dir der Bachhof offen steht. Leb' wohl!“
    Der Bachbauer ging. Wie gern hätte sie an seiner Seite den Feldhof verlassen und gleich in diesem Augenblick den verheißenen Schutz in Anspruch genommen; aber sie mußte an der Seite der Mutter ausharren, die ihrer schwachen Hilfe und ihres Trostes bedurfte.
    Als sie wieder in die Stube trat, begann sich der Bauer zu regen. Er blickte einige Zeit wie abwesend um sich her, dann kam ihm das verlorene Bewußtsein wieder. Mit einem Sprung war er auf den Füßen.
    „Wo ist er, der Halunke, der mich in meinem Haus geschlagen hat? Ihr habt ihm geholfen, ihr –“
    Er streckte schon die Arme aus, sich an der Frau und der Tochter zu vergreifen, da zog ein Gedanke sie ihm zurück.
    „Hierher, Martha, hierher kommst du, und stehst Rede und Antwort auf das, was ich dich frage!“ befahl er.
    Sie folgte der Weisung und nahm allen ihren Mut zusammen.
    „Du steckst mit dem Bachfrieder unter einer Decke und hast ihn scharmiert?“ fragte er sie.
    Sie schlug die Augen zu Boden.
    „Gut, ich sehe schon, wie's steht. Bist wohl gar bei ihm im Bachhof gewesen?“
    „Ja.“
    „Und hast gewußt, daß der Alte heute kommen werde?“
    „Nein.“
    „Ihr habt vom Waldschwarzen gesprochen? Was weißt du von ihm?“
    Sollte sie verraten, daß der Geliebte alles wisse? Nein, es könnte sein Untergang sein. Also antwortete sie nur:
    „Ich habe ihn gesehen.“
    „Du? Wo?“
    „In der Brunnenstube.“
    Sie sah ihm fest in die Augen. Er konnte seinen Schreck nicht verbergen und fuhr einen Schritt zurück.
    „Wer ist's?“ fragte er, indem sein Auge lauerte.
    „Du selber!“
    Da, wo die Mutter stand, erscholl ein tiefer Seufzer. Das Entsetzen hatte ihr sogar den Schrei versagt. Sie lag an der Erde.
    „Oh, mein Gott, die Mutter stirbt!“ rief das Mädchen aus.
    Sie wollte hin zu ihr. Er hielt sie fest.
    „Laß sie liegen! Sie ist zäh wie die Katze und macht die Augen ganz von selber auf. Nun weiß ich auch, warum der Bachbauer von der Perücke und der Larve geredet hat. Du hast ihm alles erzählt?“
    „Ja.“
    „Also steht's so! Du hast dich an den Lumpen, den Frieder, so verhängt und deinen eigenen Vater an ihn verraten! Ich sollte dich bei den Haaren ergreifen und – Aber nein, ich werd's nicht tun; du und deine Mutter, ihr seid den Griff nicht wert. Gehe hin zu ihr, und wenn sie erwacht, so kommst du mit ihr hinauf in meine Stube!“
    Er ging voran. Droben angekommen, wanderte er mit langen Schritten erregt im Zimmer auf und ab.
    „Waldschwarzer, dein Reich geht zu Ende, so schnell und plötzlich, wie du es nimmer geglaubt hast! Noch ist's Zeit; noch wissen sie nicht alles, und ich werde die Maßregeln so ergreifen, daß ich alles noch rette, was ich erworben habe. Will er Anzeige machen, so mag er's tun; ich bin zu Ende, noch ehe sie kommen. Und wie nun, wenn ich ihn hinhalte, bis ich fertig bin? Ja, das ist das beste. Die Weiber müssen hinab! Da können sie nicht plaudern, und ich fahre zum Schwäher, jenseits der Grenze, der mir den Hof abkauft. Er hat ihn längst begehrt und kann ihn gleich bezahlen, wenn ich mit ihm Abrechnung halte. Morgen bringe ich ihn mit; wir versammeln die Leute, wozu ich den Zettel gleich nachher lege; er übernimmt das ganze Geschäft und mag dann tun, was er will. Dann gehe ich in die Welt und lache der klugen Leute, die alle Finger nach mir strecken und doch nichts greifen als die Luft.“
    Er begann sich umzuziehen.
    „Der Feldwebel mag stecken, bis ich zurückkehre; vielleicht darf er gar nimmer wieder heraus. Und der Bachfrieder, ja, mit dem habe ich noch eine Furche zu ackern, bei der ihm Hören und Sehen vergehen soll. Was

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