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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unversucht zu lassen, der Person oder der Leiche des Verlorenen wieder habhaft zu werden; das sämtliche Forst- und Grenzpersonal wurde in Alarm versetzt, und selbst eine Menge Zivilisten requiriert, um ja nicht aus Mangel an Kräften eine Spur unentdeckt zu lassen.
    Die Nachbarn standen vor dem Dorf auf der Gemeindewiese und teilten sich ihre Vermutungen mit, als ein neues Ereignis ihre Aufmerksamkeit erregte. Die Pforte des Bachhofes öffnete sich und der Bauer trat heraus. Er trug die Sonntagsjacke und wurde von dem Jungknecht geführt, welcher den Weg nach dem Feld einschlug.
    „Der Bachbauer geht nach dem Feldhof? Der jüngste Tag ist vor der Tür; schlagt drei Kreuze und werft die Hände über dem Kopf zusammen!“ meinte einer.
    „Wart's erst ab, ob er auch wirklich hineingeht; er kann ja auch vorüber wollen!“ antwortete ein anderer.
    „Siehst denn nicht, daß er grad nach dem Tor einbiegt? Jetzt tritt er ein. Was mag er beim Feldbauern wollen?“
    „Das wirst schon noch erfahren, denn wenn die beiden zusammenkommen, da schallt's im ganzen Dorf zurück!“
    „Ist wer im Hof?“ fragte Frieders Vater, als er das Tor hinter sich hatte, seinen Führer.
    „Ja, ein paar Knechte und Mägde, die uns ganz verwundert anschaun. Und dort kommt grad auch die Tochter unter die Tür.“
    „Gib ihr den Wink, und führ mich hin.“
    Martha erbleichte vor Schreck, als sie ihn erblickte, doch wartete sie, bis er vor ihr stand.
    „Grüß Gott, Martha! Ist der Vater daheim?“ fragte er.
    „Ja, er hält den Mittagsschlaf“, antwortete sie.
    „So wecke ihn, und führe mich einstweilen in die Stube! Bleib hier im Hof“, wandte er sich dann an den Knecht, „bis ich deiner wieder bedarf!“
    Sie nahm ihn bei der Hand und leitete ihn in die Stube, wo sich auch die Bäuerin befand, die ebenso erschrak, wie vorher die Tochter.
    „Ihr wollt zum Bauern?“ fragte sie erstaunt nach gewechseltem Gruß.
    „Ja, zu ihm. Ein gar seltener Besuch, nicht wahr?“
    „So selten, daß ich beinahe Angst bekomme.“
    „Vor mir oder vor ihm?“
    „Vor Euch nicht, Bachbauer. Wer brav und recht handelt, braucht sich nicht vor Euch zu fürchten.“
    „Das will ich meinen! Und grad darum werft Eure Angst hinaus, denn niemand hat so wenig Grund dazu wie Ihr. Ich komme in einer Sache, die gar gut und löblich ist, und wenn's so geht, wie ich denke, so bringe ich Frieden und Freundlichkeit.“
    Martha war unterdessen gegangen, um den Vater zu wecken. Sie kehrte zurück, um sein Erscheinen anzukündigen, und hatte noch nicht ausgesprochen, so stand er bereits hinter ihr.
    „Oho, wer ist denn das? Der Goliath, der nicht lernen will, rechtschaffenen Leuten aus dem Weg zu gehen? Jetzt kommt er gar noch auf den Feldhof und verpestet mir die frische Luft. Mach dich von hinnen, sonst gebrauche ich mein Hausrecht und setze dich hinaus!“ rief er höhnend aus.
    „Das wirst nicht tun. Ich bin heute eine heilige Person, die selbst der ärgste Feind nicht anzutasten wagt“, antwortete der andere.
    „So! Bist etwa als heilige Blindekuh in den Kalender gesetzt worden?“
    „Den Spott vergeh ich dir. Du denkst, du hast ihn billig, aber glaube mir, er ist eine teure Ware! Ich komme mit dir zu reden, mit dir ganz allein. Hast keine Stube für dich?“
    „Für mich? Der ganze Hof ist mein, also brauchst für die Stube nicht bang zu sein. Doch darfst nicht denken, daß ich mir von dir die Vorschrift geben laß. Deine Heiligkeit ist nicht weit her, das weiß ich ganz genau, und was du mir zu sagen hast, kann jeder andere hören.“
    „Es ist nur für dich allein, und dein eigenes Interesse will, daß es niemand höre.“
    „Mach keine Fabelei! Entweder sprichst oder gehst, das ist mein Bescheid. Ich wüßte nicht, was du dem Feldbauern für Heimlichkeiten zu sagen hättest. – Bleibt da!“ gebot er den Frauen, welche Miene machten, sich zurückzuziehen. „Nun heraus damit, und so kurz wie möglich! Was bist für eine heilige Personage geworden?“
    „Ich bin als Freiersmann auf den Feldhof gekommen.“
    „Als Freiersmann? Ein blinder Brautwerber? Das müßte einen schönen Ehestand geben! Willst etwa die Düngermagd für deinen Studenten haben? Nimm sie hin, und schau, daß ich dich nun los werde.“
    „Halb hast recht geraten; der Frieder ist's, der mich schickt, doch nicht um die Magd, obgleich das keine Schande sein würde, wenn sie brav ist und ihre Sache versteht.“
    „So wüßte ich weiter nicht, wen du begehrst. Ich brenne vor

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