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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bisherigen Besuchen dieses Ortes entgangen war! Ein vollständiges Haspelwerk befand sich unter dem Heu und dabei ein Fahrstuhl, beides vielleicht war kaum vor einer halben Stunde in Gebrauch gewesen. Er sah sich um nach einer Spur von der Geliebten, einem Band, einer Schleife, wie der Romanschreiber es so gern seinen Helden finden läßt; es war nichts zu bemerken. Nun schaffte er die Haspel über das Mundloch, hing den Fahrstuhl ein, stieg auf und ließ sich hinab.
    Es ging schneller und sicherer als mit der primitiven und immer unzuverlässigen Vorrichtung, deren er sich das letzte Mal bedient hatte.
    Unten angekommen, stand er eben im Begriff, in den Stollen einzubiegen, als er einen Laut vernahm, der sich aus der Tiefe des zweiten Schachtes hervorzuringen schien. Er kniete an der Öffnung, welche er heute ebenso unbedeckt fand wie letzthin, nieder und rief hinab:
    „Ist wer da unten?“
    Eine Antwort erfolgte, deren Laute er nicht zu unterscheiden vermochte.
    „Martha!“
    Er legte das Ohr auf den Boden, und jetzt war es ihm, als ob er seinen Namen rufen höre. Nun leuchtete er hinab und entdeckte zwei eiserne Haken, aber die Fahrt, welche an ihnen befestigt gewesen war, fehlte. Wenn die Frauen wirklich unten waren, wie hatte der Feldbauer sie hinabgebracht? Er schritt ein Stück in den Stollen hinein, um irgendeinen Anhalt zu finden, und hatte sich nicht getäuscht. Die vermißte Fahrleiter lag am Boden. Sie war entfernt worden, um den Gefangenen, die günstigenfalls nur einen Teil des Schachtes zu ersteigen vermochten, die Flucht abzuschneiden. Er hing sie ein, erprobte sorgfältig ihre Festigkeit und stieg dann hinab. Die Fahrt stieß an eine zweite, diese an eine dritte, und so kam er langsam, aber ohne Aufenthalt immer weiter hinab, bis er ganz vernehmlich hörte:
    „Frieder, bist's, oder ist's ein anderer?“
    „Martha, ich bin's!“
    Ein Jubelschrei erschallte, und als er den Boden unter sich fühlte, schlangen sich zwei Arme um ihn.
    „Ich habe deinen Wink gesehen und darum gewußt, daß du kommen werdest!“
    Dann verließen sie ihre bis auf das äußerste abgespannten Kräfte, sie sank auf den feuchten, moderigen Boden nieder neben der regungslosen Mutter, welche von dem, was bei ihr geschah, nicht das mindeste zu wissen schien.
    Er untersuchte sie. Sie lebte, aber ihr Puls ging kaum bemerkbar, und alle an sie gerichteten Worte hallten erfolglos an ihr Ohr.
    „Martha, wie seid ihr herabgekommen?“ fragte er das Mädchen.
    Sie konnte unter dem jetzt ausbrechenden Schluchzen nicht antworten.
    „Weine nicht, Martha; sondern sei stark um der Mutter willen, sonst weiß ich nicht, was ich mit euch beginnen soll!“
    Sie faßte sich mit Gewalt und berichtete folgendes:
    „Er sagte, wir würden verreisen, und gebot, Speise mitzunehmen für zwei Tage, hier liegt sie neben der Mutter in dem Tuch. Dann sind wir gefahren, bis es dunkel war und wir vor der Zeche hielten. Da hat er die Scheune geöffnet und uns hineingestoßen. Was nun gefolgt ist, kann ich nicht erzählen. Wir wollten nicht hinab, bis er das Messer zog und uns die Wahl ließ zwischen Gehorsam und Tod. Von da an hat die Mutter keinen Laut getan und ist wie tot gewesen bis jetzt. Ich habe dann in dem furchtbaren Loch herniedersteigen müssen, und die Mutter hat er sich auf den Rücken gebunden und herabgetragen. Dann ging er wieder hinauf und hat gesagt, daß er morgen wiederkommen werde. Ich habe erst bei der Mutter gelegen und geweint, daß mir der Atem verging; dann mußte ich an dich denken, Frieder, und ich habe die Hände gerungen und gebetet, daß der liebe Gott deine Schritte herbeilenken möge, damit du uns findest und befreiest.“
    „Er hat sie gelenkt, Martha, und nun laß' ich dich nicht wieder von mir fort, damit du nicht wieder in die Hände des Wüterichs gerätst, der kein Gefühl und kein Erbarmen kennt. Er hat Angst gehabt, daß du plaudern würdest, und euch gefangengenommen. Aber das soll die letzte Karte sein, die er spielt; sobald er zurückkehrt, ist's mit ihm aus, und wenn der liebe Gott vom Himmel käme, um Gnade von mir zu erflehen. Er hat's verwirkt. Ich habe ihm Verzeihung geben wollen; er aber hat sie verschmäht, den Vater verhöhnt und dich mißhandelt und gar mit dem Messer bedroht. Das ist der Punkt in mir, mit dem nicht zu spaßen ist. Er hat mit der Sünde gespielt, und sie mag ihn verschlingen!“
    Er leuchtete in dem Raum umher.
    „Wie nun, wenn hier die böse Luft vorhanden wäre? Dann lägst du tot

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