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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Brief vorzeigen müssen.“
    „Bitte, zeige mir ihn auch!“
    „Das darf ich nicht, Herzle, denn es stehen Komiteegeheimnisse darin.“
    Sie sah ihm forschend in das gute, jetzt lächelnde Gesicht und sagte dann:
    „Du, ich durchschaue dich! Du bist vom Herrn Minister gelobt worden, und das willst du mir nicht zeigen. Was du sagst und was du schreibst, das hat stets Hand und Fuß. Ich glaube, man hat sich da droben im Ministerium den Namen Hermann Bernstein besonders angemerkt. Was sagt denn das Rösle zu diesem hohen Besuch?“
    „Fräulein Rosalia? Das brauche ich dir nicht erst zu berichten, weil sie zu dir kommen wird, um es dir selbst mitzuteilen. Ihr erster Gedanke warst gleich du.“
    „Ich? Und der Minister? Wie komme ich mit dem zusammen?“
    „Das wirst du schnell erfahren. Dort kommt sie schon. Da muß ich gehen, denn von dem, was nun bei euch gesprochen wird, verstehe ich ja nichts.“
    Er stand auf, gab beiden die Hand und ging. Man sah ihm an, daß er wohl gern noch länger geblieben wäre. Unten an der Brücke begegnete er der Nahenden. Er zog vor ihr den Hut, als ob sie etwas Vornehmeres als nur ein Kind des Dorfes sei. Sie hatte ihm ja gesagt, daß sie das so wolle und daß es sie ärgere, wenn man sie jetzt noch Rösle nenne; sie heiße doch Rosalia, wie es im Kirchenbuch geschrieben stehe.
    Sie war eine hohe, sehr voll gebaute Person, die sich ganz städtisch trug. An ihrer Brust prangte die Hälfte des roten Nelkenbusches, den Bernstein ihr gebracht hatte. Sie grüßte kurz, als sie den Tisch erreichte, gab nur die Fingerspitzen ihrer Hand, setzte sich auf den leergewordenen Stuhl und fiel dann sofort mit der ganzen Tür ins Haus:
    „Herzle, es gibt Festjungfrauen, zwölf Stück, alle weiß gekleidet. Ich bin die oberste von ihnen und sage dem Minister das Gedicht, welches mir der Herr Lehrer machen muß. Er will zwar nicht, aber ich weiß, ich setze es noch durch!“
    „Festjungfrauen?“ fragte die Näherin erstaunt.
    „Ja; was sollte der Minister von uns denken, wenn er nicht von weißgekleideten Damen mit einem Gedicht empfangen würde! Dieser Gedanke ist von mir. Fein, nicht wahr? Es müssen zwölf sein, gerade ein ganzes Dutzend. Ich suche sie mir aus. Dich kann man nicht mit wählen, weil du buckelig bist. Der Herr Lehrer brachte den Brief, dazu einen großen Nelkenstrauß, zweiunddreißig Stück. Ich habe sie gezählt. Für dich hatte er nur eine kleine Rose. Da ist sie ja; ich sehe sie. Warum bist du nicht auch gekommen, mir zu gratulieren? Wir sind an demselben Tag geboren und an demselben Tag in derselben Kirche getauft worden. Da schickt es sich doch, daß man sich das Wort vergönnt!“
    Das Herzle schwieg; sie Mutter aber fragte:
    „Und du, Fräulein Rosalia?“
    „Ich? Ich bin ja da!“
    „Um zu gratulieren?“
    „Ja. Was sonst?“
    „Ich habe noch kein Wort davon gehört!“
    „Ach so! Ich soll euch eine Rede halten? Das habe ich nicht nötig. Es genügt vollauf, daß ich gekommen bin!“
    „Aber gewiß nur wegen des neuen Kleids für die weiße Festjungfrau! Wegen Herzles Geburtstag aber nicht!“
    „Du bist noch immer des Musterantons Frau, die uns nicht leiden kann, obgleich ihr uns euer ganzes Bergle zu verdanken habt. Und heute ist deine Laune doppelt schlecht. Ich weiß, woran du immer denkst, wenn du mich siehst. Warum war das Herzle immer so krank und immer so still, wenn ich mit ihm reden wollte? Warum spielte es nur mit anderen? Das hat mich wütend gemacht. Hätte es mir gehorcht, so hätte ich ihm damals nicht die Ohrfeigen gegeben und es auch nicht den Berg hinabgeworfen, worauf es buckelig geworden ist. Es ist ein Unterschied, ob man den reichen Musterwirt oder den armen Musteranton zum Vater hat. Wer nicht hört, der muß eben fühlen. Jetzt aber bin ich da, um mit euch über das weiße Kleid zu reden. Das meinige muß natürlich von Seide sein. Der Vater spannt nach dem Mittagessen an. Da fährst du mit in die Stadt, Herzle, um den Stoff für mich auszusuchen.“
    „Das kann ich nicht; ich habe keine Zeit“, antwortete die Näherin.
    „Das geht doch mich nichts an! Ich bezahle dich. Und eine Wagenfahrt mit mir ist doch wohl eine Auszeichnung, auf die du dir etwas einbilden kannst. Was hast du denn so nötig zu tun?“
    „Diese Spitzengarnitur muß bis zur Ausstellung fertig werden. Und heute ist mein Geburtstag; da gebe ich mir für den Nachmittag frei. Man will doch auch einmal zu Atem kommen.“
    „Wenn du mit der Garnitur fertig werden

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