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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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als Zeuge vor Gericht. Man tut das gar nicht gern, denn auch der Falschmünzer ist ein Mensch; aber wer ein gutes Gewissen behalten und ruhig sterben will, der hat zu erfüllen, was das Gesetz von ihm verlangt. Warum schaust du mich so sonderbar an, Gevatter Weigelt?“
    „Ich weiß nicht, ob ich ihn an deiner Stelle verraten hätte“, antwortete der Genannte.
    „Ja, ich sehe wohl, daß mehrere da sind, die wahrscheinlich auch so denken; aber die Richter sind klug, und der Neubertbauer ist dumm. Er brauchte nur zu gestehen, daß er mit mir gesprochen habe, so wäre ich als Hehler und Mitwisser eingezogen worden. Meint ihr auch jetzt noch, daß ich hätte schweigen sollen?“
    „Dann freilich nicht. Jetzt sieht man wieder einmal, wie pfiffig das Geldmännle ist. Es war schon fast in der Falle, ist aber doch nicht hineingegangen. Man möchte so ungeheuer gern wissen, wer es eigentlich ist und wo es wohnt, aber es scheint, daß niemand es erfahren wird. Eines nur ist sicher, nämlich daß es von kleiner Gestalt ist. Niemand sagt ‚der Geldmann‘, sondern im ganzen Gebirge wird nur vom ‚Geldmännle‘ gesprochen. Das ist der Beweis.“
    „Der aber nichts taugt“, fiel ein anderer ein. „Das Geldmännle ist nicht klein, sondern groß und stark.“
    „Woher weißt du das?“
    „Aus dem Österreichischen herüber. Dort ist im vorigen Jahr einer gestorben, der auch Geschäfte mit ihm gemacht hat. Auf dem Sterbebett ist die Reue über ihn gekommen, und er hat alles gestanden, was er wußte. Man hat sich dann gewaltig viel Mühe gegeben, das Geldmännle zu fangen, hat es aber nicht bekommen. Doch hat man nun gewußt, was es mit seiner Gestalt für eine Bewandtnis hat. Nämlich das frühere Geldmännle ist von sehr kleiner Figur gewesen und nur darum in dieser Weise bekannt. Nach seinem Tod hat es aber einen Nachfolger bekommen, von dem man weiß, daß er – schaut“, unterbrach er sich, „was ist das für ein Wagen, und wer sitzt darin?“
    Er deutete hinaus auf die Straße. Aller Augen richteten sich nach den Fenstern.
    „Das ist der Wagen vom Neuberthof, und der Bauer sitzt darin mit zwei Gendarmen!“ rief der Wirt. „Sie halten draußen an. Die werden doch nicht etwa hereinkommen wollen?“
    „Ja, sie kommen“, antwortete seine Tochter, „denn sie steigen ja aus.“
    „Was wollen sie bei mir? Ich will im Gericht gern zeugen, aber in meinem Hause will ich keinen Falschmünzer haben, der es mit seiner Schande verschimpfiert.“
    „Laß nur, Vater! Wir können nichts dagegen machen. Die Polizei wird schon wissen, warum sie ihn zu uns hereinbringt. Mir paßt das gar nicht schlecht.“
    Die Tür ging auf, und die Genannten traten ein. Voran der Neubertbauer und hinter ihm die beiden Beamten, ein Brigadier und ein Gendarm. Der Bauer war von hoher, breitschultriger Gestalt. Seine Hände waren vorn zusammengefesselt, doch so, daß er sie auf- und niederbewegen konnte. Aber seine Haltung zeigte nichts von Niedergeschlagenheit; sie war aufrecht, ja fast stolz, und als seine Augen nach dem Wirt suchten und ihn fanden, leuchtete ein Blick trotziger Verachtung in ihnen auf.
    „Herr Wirt“, sagte der Brigadier, „Sie wissen, was geschehen ist. Wir sind unterwegs nach dem Gerichtsamt. Der Neubertbauer bat mich, hier anhalten zu lassen, da er in dieser Angelegenheit ein Wort mit Ihnen zu sprechen habe. Ich hatte keinen Grund es abzulehnen. Führen Sie uns nach einem Zimmer, in welchem sich keine Gäste befinden!“
    „Das ist nicht nötig“, fiel da der Gefangene ein. „Weswegen ich hierhergekommen bin, dessen brauchte ich mich nicht zu schämen. Ich hätte es schon zu Hause getan; aber ich will, daß der hochangesehene Herr Frömmelt dabei ist, wenn ich mein Geständnis und meine Buße tue. Und alle, die hier anwesend sind, sollen hören, was ich sage.“
    Da trat die Tochter des Wirtes auf ihn zu und fragte in höhnischem Ton:
    „Willst wohl Abbitte dafür leisten, daß deine Tochter schöner sein soll als ich, und daß wir dem armen Webervolk das Blut aus den Adern saugen? Für diese Frechheit wirst du außer der Falschmünzerei noch eine Extrastrafe bekommen!“
    „Geh' mir aus dem Weg, Weibsen!“ herrschte er sie an, indem er sie mit dem Ellbogen auf die Seite schob, um an den nahen Schenktisch zu treten und einen schnellen forschenden Blick auf ihn zu werfen. Dann drehte er sich um, lehnte sich mit dem Rücken an den Tisch und warf einen langen, eigentümlichen Blick auf die erwartungsvoll vor ihm

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