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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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einzige Ausnahme zu. Darauf ging ich ein, denn wenn ich einmal sprechen muß, so kann ich es durch deine Zunge tun und halte doch mein Wort. Hierauf hat er es mir ganz von selbst angeboten, mit ihm um acht Uhr nach der Stadt zu fahren, um beim Gericht den Kauf des Bergles eintragen zu lassen. Schau, da oben kommt er schon mit dem Wagen. Er will mich abholen. Er weiß nicht, daß ich zu dir gegangen bin. Ich muß eilen, daß ich ihm da unten auf der Straße gleich begegne. Darf ich heute abend kommen, um dir zu berichten?“
    „Ja. Anton, ich bitte dich, hüte dich vor ihm!“
    „Das tue ich schon von selber. Er hat mir, als ich heute Nacht von ihm ging, bessere Bezahlung für meine Muster versprochen. Das hat mich noch vorsichtiger gemacht. Sooft der Musterwirt Gutes zu tun scheint, hat er Böses im Sinn! Jetzt aber muß ich eilen. Leb' wohl, Marie!“ –
    In den nächsten Tagen kam es zuweilen vor, daß ein dumpfer Knall im Dorfe zu hören war.
    „Der Musteranton sprengt sein Damenbergle auseinander“, sagte man.
    Fast noch mehr aber interessierte man sich für die Neuigkeit, daß der Musterwirt einen reichen Kompagnon bekommen habe, der Frommhold Uhlig heiße und dem Geschäft einen höheren Schwung verleihen wolle. Sie seien schon seit langer Zeit bekannt; das könne man daraus ersehen, daß der Kompagnon die Tochter des Wirts heiraten werde. Nun wisse man auf einmal, warum ihr keiner der hiesigen Burschen vornehm und gut genug gewesen sei. Die Vorbereitungen zur Vermählung wurden in größter Öffentlichkeit getroffen, und als der Tag kam, gab es eine Hochzeit, zu der beinahe das ganze Dorf geladen war.
    Man hatte erfahren, daß der Bräutigam sich mit wohl hunderttausend Talern an dem Geschäft beteiligen werde, wenn auch nur nach und nach, weil so ein Unternehmen um so solider sei, je langsamer es wachse. Es war also kein Wunder, daß man ihm überall mit der größten Höflichkeit begegnete. Dennoch wurde er, dem hiesigen Sprachgebrauch gemäß, nur mit seinem Vornamen genannt, und zwar mit der Veränderung, welche der erzgebirgische Dialekt mit sich bringt: Herr Frömmelt, anstatt Frommhold. Auf das ‚Herr‘ hatte er auch in den Fällen nicht zu verzichten, daß er später mit diesem oder jenem Bruderschaft machte. Es klingt da oben so gar nicht übel, wenn man jemand sagen hört: „Wie geht es dir, Herr Frömmelt?“ oder beim Kartenspiel: „Das mit dem Eichelsolo, das hast du ganz falsch gemacht, Herr Frömmelt!“
    An seinem Hochzeitstag gab es ein Ereignis, welches ihm fast alle Gäste wohl mehrere Stunden lang entzog. Und wohin? Hinüber nach dem Bergle! Grad als er mit seiner Braut vor dem Altar stand, ertönte ein gewaltiger Krach. Der Musteranton hatte beim Sprengen mehrere Lunten zugleich in Brand gesetzt, und so geschah es, daß die Detonationen zusammentrafen. Man hörte den Schüssen an, daß sie eine große Wirkung hervorgebracht haben mußten. Welcher Art diese Wirkung war, das erfuhr man, als der aus der Kirche zurückkehrende Hochzeitszug am Gasthof anlangte. Der Anton war auch zum Fest geladen worden, hatte aber verzichtet, zu erscheinen, weil es nicht für nötig gehalten worden war, auch Marie mit einzuladen. Jetzt kam er aber doch, freilich nicht im hochzeitlichen Kleid, sondern im Arbeitsanzug und bestaubt und beschmutzt vom Kopf bis herab zu den Füßen. Er hatte etwas in der Hand.
    „Wo ist der Herr Bergwerkssteiger, der mitgeladen ist?“ rief er in den festlichen Zug hinein.
    „Hier!“ antwortete der Beamte.
    „Bitte, schauen Sie an, was ich hier habe! Was ist das wohl?“
    Der Steiger nahm den Gegenstand, warf einen Blick auf denselben und rief dann aus:
    „Alle Wetter! Das ist ja gediegenes Silber! Wo haben Sie das her?“
    „Aus meinem Bergle.“
    „Wann gefunden?“
    „Soeben jetzt. Es ist noch mehr da.“
    „Wo ist dieses Bergle?“
    „Gleich da drüben am Wasser.“
    „Wem gehört es?“
    „Mir.“
    „Nicht dem Fiskus?“
    „Nein.“
    „Das ist ein Ereignis! Meine Pflicht ruft mich hinüber. Bitte, führen Sie mich!“
    Er verließ den Zug. Andere folgten sogleich. Die Kunde von dem plötzlichen, unerwarteten Fund ging wie ein Lauffeuer durch das Dorf. Am fünften Haus hieß es: „Der Musteranton hat Silber gefunden, eine ganze Stufe!“ Am zehnten: „Der Musteranton hat einen ganzen Tragkorb reines Silber gefunden!“ Am fünfzehnten: „Der Musteranton hat drei zweispännige Fuhren Silber aus dem Bergle herausgesprengt!“ Und so wuchs die Menge des

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